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Frau einfach mal Frau sein lassen

Carla Beyer hat hinter die Kulissen des internationalen Modebusiness geschaut und sich entschieden, ihren eigenen Weg zu gehen. Der führt die Mode der Radebeulerin immer öfter auf die roten Teppiche.

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© privat

Radebeul. Dieses Kleid ist nichts für Feiglinge. Das elegante Schwarze mit den kupfernen Lederapplikationen an Schultern, Brust und Rücken trägt den Namen Ferrara Black. Die Stadt aus der Region Emilia-Romagna ist kein zufälliger Namensgeber. Die Designerin des Kleides liebt Italien. Sie hat hier das Modebusiness und die italienischen Männer studiert, mit einem war sie sogar verlobt. Doch seit einigen Jahren ist Carla Beyer wieder zurück in Radebeul, entwirft hier Kleider unter ihrem eigenen Label Zingarelli Couture und betreibt eine Boutique.

Fülle ohne Verschwendung ist Designerin Carla Beyer wichtig. Sie entwirft ihre Modelle noch ganz klassisch mit Stift auf Papier. Das Talent zum Zeichnen habe ihr Opa ihr vererbt, sagt sie.
Fülle ohne Verschwendung ist Designerin Carla Beyer wichtig. Sie entwirft ihre Modelle noch ganz klassisch mit Stift auf Papier. Das Talent zum Zeichnen habe ihr Opa ihr vererbt, sagt sie. © Zeichnung: Carla Beyer

Es hat Überwindung gekostet, die Kleider anderer Designer zu verkaufen. Aber mit ihnen macht Carla Beyer den Großteil ihres Umsatzes. Bestärkt wurde sie in ihrer Idee, mit der Boutique die eigene Designarbeit zu finanzieren, von Hella Erler. Die Designerin aus Chemnitz galt lange Jahre als Pierre Cardin des Ostens. Sie war die Lehrmeisterin von Carla Beyer, hat ihr viele Kniffe der Schneiderkunst vermittelt und nach der Auflösung des Ateliers eine unglaublich große Auswahl an hochwertigen Stoffen verkauft.

Die Ballen mit feinsten Seiden, zerbrechlich wirkenden Spitzen und derben Loden lagern im ersten Geschoss der Radebeuler Villa. Hier ist das Atelier von Carla Beyer. Zwei Schneidermeisterinnen unterstützen die Designerin bei der Realisierung ihrer Ideen. Praktischerweise erledigen Sie die Änderungswünsche der Boutiquekundinnen gleich mit.

Inspirationen für ihre Kleider findet Carla Beyer überall. „Man muss nur mit offenen Augen durch die Welt gehen“, sagt sie. Gelernt hat sie ihr Handwerk an der Deutschen Meisterschule für Mode in München. Von dort aus ging es dann auch zu zahlreichen Praktika nach Italien. Dass die Nichte der Mode-Ikone Roberto Cavalli eine Freundin von Carla Beyer ist, erleichterte den Einstieg in die Branche. Carla Beyer war dort bei einigen renommierten Labels Anprobemodel und auch Ankleidehilfe. Sie hat hinter die Kulissen des großen Modegeschäfts geschaut und entschieden, lieber ihren eigenen Weg gehen zu wollen.

Der ist nicht weniger glamourös. Carla Beyer möchte die Frau einfach Frau sein lassen. Die Trägerinnen ihrer Mode sollen zeigen, was sie haben. Die Stoffe sind edel und die Kontraste gewollt, wenn sich kupferne, handgenähte Lederapplikationen auf zarter Seide tummeln. „Meine Kleider sind niemals schreiend oder provozierend, aber etwas Ambivalenz darf schon sein“, sagt Carla Beyer. Fülle ohne Verschwendung und Wertigkeit sind Attribute, mit denen sie ihre Mode beschreibt. Die junge Frau mit den dunklen Haaren beschreibt ihren Stil als „irgendwas zwischen Valentino und Cavalli“.

Den Kundinnen gefällt es. Die „Red Carpet Linie“ wird mittlerweile in ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz verkauft. Es gab aber auch schon Kleider, die in die USA oder nach Irland geliefert wurden. In ihrer sächsischen Heimat sind es vor allem die neuen Brautkleider, die viele Liebhaberinnen finden.

Die Zweiteiler, die mit verschiedenen Gürteln und wechselnden Oberteilen auch alltagstauglich sind, verzaubern durch ihre Schlichtheit. Carla Beyer arrangiert auch hier geheimnisvolle Spitze zu Streublumenmustern auf zarten, fließenden Stoffen.

Dass Carla Beyer ihr Geld mit dem Entwerfen schöner Kleider verdienen wird, war schon recht früh klar. Ihre Mutter Anette Beyer stand auf großen Bühnen als Sängerin. Mehr als einmal war Carla dabei und bewunderte die schillernden Roben. Mit 13 Jahren nähte sie ihr erstes Kleid, nach einem Burda-Schnitt und mit Anleitung der Mutter, die ihr zeigte, wie man mit dem Zickzack-Stich die Nähte versäubert. Das Talent zum Zeichnen der Entwürfe wurde ihr ebenfalls in die Wiege gelegt. Der Großvater Alexander Switala war kein unbekannter Maler und hat Teile der Dresdner Gemäldegalerie mit restauriert. Beide Talente sind gute Voraussetzungen für meinen Job, sagt Carla Beyer. Obwohl, gut Zeichnen muss ein Designer heute gar nicht mehr können, Längst haben Computer die Aufgabe übernommen, die Strichführung zu optimieren.

Carla Beyer macht Mode für Stars, möchte selbst aber keiner sein. Eine Bescheidenheit, die es in der lauten Branche nicht leichter macht. Eine Teilnahme auf der Berliner Fashion Week käme für sie vorerst nicht infrage. Sie fürchtet eine Auftragsflut mindestens genauso wie die Ignoranz des Fachpublikums. Carla Beyer feiert lieber die kleinen Erfolge, auch im Interesse ihrer Familie, zu der ein vierjähriger Sohn gehört. Zu feiern gibt es vielleicht schon bald wieder etwas. Die Radebeulerin hat sich um den Award des Leipziger Opernballs beworben, und die Chancen stehen nicht schlecht.

Diesen und weitere Artikel über die sächsische Wirtschaft finden Sie in der Sommer-Ausgabe von Wirtschaft in Sachsen - dem Entscheidermagazin der Sächsischen Zeitung,erhältlich am Kiosk und an Tankstellen.