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Fragwürdige Zustände

Im Asylheim Moritzburg gibt es Ärger. An den Bewohnern liegt das nicht. Helfer machen sich Sorgen, wie es weitergeht.

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© Norbert Millauer

Von Sven Görner

Moritzburg. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht über Vorfälle in Asylunterkünften oder deren Umfeld berichtet wird. In Moritzburg ist das anders. Seit das dortige Heim vor vier Wochen in Betrieb ging, gab es in dem Haus und auch im Ort wohl kein ernsthaftes Problem mit den 64 Bewohnern. Obwohl darunter neben Pakistanern und Libanesen auch viele Syrer und Afghanen sind, zwischen denen es anderenorts immer wieder zu teils heftigen tätlichen Auseinandersetzungen kommt.

Im Obergeschoss werden offenbar nur sichtbare Schäden behoben.
Im Obergeschoss werden offenbar nur sichtbare Schäden behoben. © Norbert Millauer

Dafür, dass die Aufnahme der Fremden im Ort bisher nahezu reibungslos funktionierte, gibt es mehrere Gründe. Zum einen sind das die rund 100 ehrenamtlichen Helfer, die ihre Aktionen in der Initiative Vielfalt Moritzburg koordinieren. Und dann ist da noch das Personal des Betreibers vor Ort. Zwei junge Männer – der Heimleiter und der Hausmeister. „Zwei sehr engagierte und motivierte Leute, sowohl was den Umgang mit den Bewohnern als auch mit den Helfern betrifft“, lobt Bürgermeister Jörg Hänisch (parteilos). Er hatte die beiden am Tag der Übergabe des Hauses kennengelernt. Und sie danach bei seinen in der ersten Zeit fast täglichen Besuchen im Heim bei ihrer Arbeit erlebt. Auch die Vielfalt-Leute sind gut auf die beiden Männer zu sprechen.

Toilette fiel aus

Dass die Heimleiterstelle jetzt plötzlich bei ebay-Kleinanzeigen ausgeschrieben wurde, sorgt bei vielen Moritzburgern daher nicht nur für Verwunderung, sondern auch für Sorge, wie es nach einem Personalwechsel weitergehen könnte. Denn offenbar sind die Zustände in dem Asylheim längst nicht so gut, wie dessen bisher geräuschloser Betrieb vermuten lässt. Glaubt man den Aussagen von Helfern, die durch ihre häufigen Besuche viel sehen und mitbekommen, hakt es an vielen Stellen. Was allerdings nicht Schuld des Leiters und des Hausmeisters sei. Ganz im Gegenteil.

Probleme gibt es dabei offensichtlich sowohl mit dem Landkreis, dem das frühere Schulgebäude gehört, als auch dem Betreiber, der Riesaer Wohnheimbetriebsgesellschaft mbH. Der Moritzburger Gemeinderat hatte zweimal gegen die Umbaupläne des Landkreises gestimmt. Nicht, weil er gegen die Gemeinschaftsunterkunft war, sondern weil das Landratsamt diese nur als Notunterkunft herrichten wollte. Die Gemeinderäte forderten dagegen einen solideren Ausbau. Erst auf Drängen der Gemeinde wurde zudem der Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss geschaffen, ursprünglich sollte der erst im laufenden zweiten Bauabschnitt im Obergeschoss gebaut werden.

Dass es gleich kurz nach der Inbetriebnahme den ersten Ausfall an den Toiletten gab, was nicht Schuld der Bewohner war, wie der Heimleiter betonte, ist allem Anschein nach ein Hinweis darauf, dass viele nur oberflächlich behoben wurden. So gibt es auch Hinweise, dass durch undichte Stellen im Dach nach wie vor Wasser in das Haus eindringt, das dann unter anderem auch an Brandmeldern wieder austrete.

Nottreppe ist nicht okay

Die vorhandene alte Nottreppe sei in einem Zustand, dass sie in der Nacht und im Gefahrenfall kaum genutzt werden könne. Nach wie vor gebe es auch keinen klar ausgewiesenen Sammelpunkt für den Brandfall. Zudem hat der Heimleiter sein Büro in einem Raum, in dem sich die Brandmeldezentrale befindet. Eigentlich, so ergab eine Nachfrage bei der Feuerwehr, soll in diesem Zimmer nichts Brennbares aufbewahrt werden. Bis zu Wochenbeginn war auch der Vorplatz des Heimes für Fahrzeuge nur schwer befahrbar. Jetzt wurde mit dem Befestigen begonnen. Auf eine Anfrage zu den angesprochenen Mängeln gab es gestern vom Landratsamt nur die lapidare Auskunft, dass sich der Landkreis um die baulichen Mängel kümmert.

Dass es auch vonseiten des Betreibers Defizite gibt, hatte sich bereits vor der Ankunft der Heimbewohner gezeigt. Ohne die schnelle Hilfe der Vielfalt-Leute, die kurzfristig beim Einräumen und Aufbauen der Möbel halfen, hätte das Haus vermutlich nicht wie geplant in Betrieb gehen können. Und die große Lieferung Schränke, die zeitgleich mit den Flüchtlingen in Moritzburg eingetroffen war, wurde noch am gleichen Tag von den neuen Bewohnern abgeladen und ins Haus gebracht. Eine Aufgabe, die wie das Landratsamt bestätigt, klar in der Zuständigkeit des Betreibers liegt, der dafür auch Geld bekommt.

Bewohner machen selbst sauber

Wie für die Reinigung. Um diese kümmern sich die Heimbewohner selbst. Ohne dafür Geld zu bekommen. Die notwendigen Reinigungsmittel haben dabei auch Leute aus der Moritzburger Initiative zur Verfügung gestellt. Für den Aufenthaltsraum wurde zudem ein Kicker und neue Möbel besorgt.

Der Betreiber war gestern telefonisch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Die Stellenausschreibung ist indes wieder aus dem Netz verschwunden. Allerdings nicht die für den Hausmeisterjob, die an anderer Stele zu finden ist.

Der Heimleiter hat inzwischen Kontakt zur Gewerbeaufsicht aufgenommen, mit der Bitte, dass diese die Arbeitsbedingungen vor Ort prüft.

Moritzburgs Bürgermeister Jörg Hänisch erreichte gestern eine weiter schlechte Nachricht. „Am Tag der Übergabe war gesagt worden, dass die obere Etage so umgebaut werden soll, dass dort auch Familien untergebracht werden können.“ Ursprünglich sollten in dem Heim nur Männer wohnen. „Seit Donnerstag früh weiß ich, dass es dort nun doch keine Räume für Familien geben wird.“