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Foto Wolf beißt sich durch

Das Traditionsgeschäft kämpft gegen das Ladensterben auf dem Hirsch und die Konkurrenz aus dem Internet.

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© Sven Ellger

Von Julia Vollmer

Blick aus dem Arbeitszimmer. Unter diesem Titel ist 1826 das vermutlich älteste bisher bekannte Foto der Welt entstanden. Joseph Nicéphore Niépce bannt es auf eine asphaltbeschichtete Zinnplatte. Nicht ganz so lange, aber doch eine kleine Ewigkeit gibt es einen Laden, der schon seit fast achtzig Jahren in die Dresdner Fotolandschaft gehört. Foto Wolf auf dem Weißen Hirsch. Inzwischen führt Rico Wolf in dritter Generation das Geschäft, wie vor ihm sein Vater und sein Großvater. Die „Wölfe“ kämpfen jetzt nicht nur gegen das Ladensterben am Hirsch, sondern auch gegen die mächtigen Konkurrenten aus dem Netz. Rossmann, DM, Rewe und Co. heißen sie und überbieten sich gegenseitig mit billigen Kampfpreisen. Doch Aufgeben kommt für die Wolfs nicht infrage.

„Die Konkurrenz aus dem Internet ist hart“, betont Rico Wolf, der 2015 den Laden von seinem Vater übernommen hat. Die Preise, die die Netzanbieter aufrufen, kann das Traditionsgeschäft nicht bieten. Bei Wolf kostet ein Abzug in 10 mal 15 Zentimeter 25 Cent, bei DM nur um die acht Cent. Um sich gegen die digitale Konkurrenz durchzusetzen, steht bei Wolf die persönliche Beratung ganz vorn. Der Inhaber und sein Team nehmen sich Zeit, beantworten alle Fragen. Doch ab und zu passiert es doch: „Die Kunden lassen sich ausführlich von uns beraten und kaufen dann doch bei Amazon im Netz“, sagt Wolf. Die fünf Mitarbeiter und der Chef selbst lassen sich davon nicht entmutigen und glauben an ihr Geschäft und an ihre Branche.

Rückenwind für diese kommt auch von der Handwerkskammer. Im Fotografen-Handwerk sind derzeit 218 Betriebe registriert, so Handwerkskammer-Sprecher Daniel Bagehorn. Zum Vergleich: Zum Jahreswechsel 2014 waren es 146 Fotografen-Unternehmen in Dresden. Damit ist das Fotografen-Handwerk derzeit das nach Zahl der Existenzgründungen am stärksten wachsende Handwerk in der Stadt. Viele dieser Existenzgründer sind jedoch Fotografen im Nebenerwerb.

Bagehorn glaubt fest daran, dass Fotografen keine aussterbende Zunft sind. „Die wachsende Zahl an eingetragenen Fotografen zeigt, dass dieses Handwerk nach wie vor oder zum Teil mehr denn je gefragt ist.“ Sei es im privaten Bereich wie bei Hochzeiten oder im wirtschaftlichen Umfeld wie Imagebilder für Unternehmen. „Problematischer als die Konkurrenz aus dem Internet ist sicher für viele Fotografen die fehlende Bereitschaft der potenziellen Auftraggeber, für den hinter einem professionellen Foto steckenden Aufwand auch entsprechend zu zahlen“, so Bagehorn. Auch der Verkauf von Kameras und Zubehör sei im Wandel. „Viele Kunden erwerben ihre Technik online oder in Großmärkten.“

Das beobachtet auch Lars Fiehler, Sprecher der Industrie- und Handelskammer. „Der Online-Handel hat auch auf diesen Bereich Einfluss genommen, da insbesondere bei hochpreisigen Produkten im Internet deutliche Ersparnisse erzielt werden können.“ Andererseits wünschten sich viele Kunden beim Kauf von Kameras und Co. eine persönliche Beratung, was dem Einzelhandel in die Karten spiele. Besonders die „alteingesessenen“ Fachgeschäfte hätten sich eine treue Stammkundschaft aufgebaut, dazu zählt Fiehler auch Foto Wolf. Außerdem haben die Fachhändler meist ein zweites Online-Standbein, bieten ihren Kunden mit Fotokursen, Fotoexkursionen, Inzahlungnahme von gebrauchten Geräten und deren Weiterverkauf Mehrwerte, die der Online-Handel nicht bieten kann, beobachtet Fiehler. Darauf setzt auch Inhaber Rico Wolf. Er fotografiert nicht nur für Bewerbungs- und Passbilder, auch über die Internetseite seines Ladens gewinnt er neue Kunden. Außerdem verkauft er beispielsweise spezielle Ferngläser von Swarovski, die es sonst kaum gibt. Mit der Zeit gehen, das sei wichtig und habe sich in all den fast 80 Jahren bewährt.

Bewährt haben sich auch seine Mitarbeiter. Vier von fünf haben schon bei Wolf gelernt und arbeiten teilweise seit über 20 Jahre für das Geschäft. Doch der fehlende Nachwuchs bereitet Rico Wolf Sorgen. „Es bewirbt sich fast niemand Neues. Auch studentische Aushilfen finden sich schwer“, so der Inhaber. Dabei sei das ein toller Beruf. Foto-Medien-Kaufmann heißt die Ausbildung, die seine Mitarbeiter bei ihm gemacht haben. Rico Wolf setzt auf ein gutes Teamgefühl, hat die Arbeitszeiten am Samstag bis 13 Uhr begrenzt, damit seine Leute am Wochenende auch Zeit für Familie und Freunde haben. Das motiviert.

Und für seine Nachfolge hat er auch schon einen Plan, erzählt er mit einem Schmunzeln. Seine Tochter soll irgendwann den Laden übernehmen. Das hat aber noch ein wenig Zeit, die Kleine ist erst zehn Jahre alt. Die Begeisterung für die Fotografie bekam sie in die Wiege gelegt. Von wem das erste Foto der Geschichte stammt, weiß sie sicher schon.