Merken

Forschen am Feldrand

Geografie-Studenten der Dresdner TU inspizieren Gewässer in der Gegend. Deren ökologischer Zustand gibt zu denken.

Teilen
Folgen
NEU!
© Eric Weser

Von Eric Weser

Neuseußlitz. Forschen kann hart sein: Mit minus zehn Grad ist es eiskalt auf dem Acker im Nünchritzer Ortsteil Neuseußlitz. Auch Pascal Budelmann, Sven Burkhardt und Anja Ecke frieren. Das Trio muss aber noch einige Stunden durchhalten. Ihre Arbeit hat an diesem Tag gerade erst begonnen. Zum achten Mal ist das Trio seit Januar in der Gegend. Für ein Forschungsprojekt in ihrem Geografie-Studium an der TU Dresden untersuchen sie den ökologischen Zustand elf ausgewählter Bäche der Region.

Die Ausrüstung seiner Gruppe – Klemmbrett, Fragebögen, Kamera – nennt auch der 25-jährige Pascal Budelmann „sehr spartanisch“. Für den Zweck ist das aber ausreichend. An diesem Tag inspiziert das Trio den Neuseußlitzer Bach. Das Rinnsal entspringt im Oberdorf und plätschert dann teils durch Rohre den Hang hinab. Dann unter der S 88 durch übers Feld, wo der schnurgerade verlaufende Bach nach scharfen Kurven auf Höhe des Hirschsteiner Parks in die Elbe fließt. Wie bei jedem Gewässer starten die Forscher an der Mündung. Auf dem Weg zur Quelle wird aller 100 Meter gestoppt. Die 30-jährige Anja Ecke zückt Klemmbrett und Fragebogen. Dann wird geschaut und angekreuzt: Wie verläuft das Gewässer – geschlängelt, geradlinig? Woraus besteht die Sohle – Schlick, Schotter, Kies? Wie ist das Ufer bewachsen – Wald, Gebüsch, Wiese? Pascal Budelmann macht noch ein Foto. „Nur Kreuze zu machen, reicht nicht.“


Nach den ersten Stopps am Neuseußlitzer Bach mit seinem kargen Ufer zieht Budelmann ein ernüchterndes Zwischenfazit. „Der ist nicht wirklich spektakulär, da hatten wir schon Bessere.“ Wie tags zuvor, am Kutzlichbach in Merschwitz. Dort fanden die Forscher Teichmuscheln – Hinweise auf eine gute Wasserqualität. „Vielleicht wird es ja im weiteren Verlauf besser“ , sagt Budelmann über den Neuseußlitzer Bach.

Anlass zu dieser Hoffnung gibt es kaum. Zehn Bäche in den Gemeinden Glaubitz und Nünchritz haben die angehenden Geografen untersucht. An die 300 Erhebungsbögen sind ausgefüllt. „Die meisten Gewässer sind in eher naturfernem Zustand“, resümiert der 21-jährige Sven Burkhardt. Begradigungen, Verrohrung, untypische Ufergewächse. Nur in Waldabschnitten sei der Zustand vereinzelt als gut zu bewerten gewesen, so die Studenten.

Dabei fordern Land, Bund und EU eigentlich naturnahe Gewässer – weil das Überflutungen abschwächen kann. Die Bäche nehmen demnach Wasser auf, bremsen es. Damit lassen sich Hochwasserspitzen abpuffern. So argumentiert man auch beim Verein Elbe-Röder-Dreieck für ökologische Verbesserungen an den Gewässern. Der Verein arbeitet bei dem Forschungsprojekt mit der TU Dresden zusammen, erhofft sich von der Arbeit der Studenten eine Grundlage für künftige Renaturierungs-Maßnahmen an den Gewässern.

Für die müssen vor allem die Kommunen gewonnen werden. Die sind für die Unterhaltung der sogenannten Gewässer zweiter Ordnung zuständig und damit auch bei der Vorbereitung und Finanzierung möglicher Projekte gefordert.

Wie der Zustand der elf untersuchten Glaubitzer und Nünchritzer Bäche verbessert werden kann, dafür wollen die drei Dresdner Studenten am Ende ihrer Forschung Vorschläge machen. Zuvor steht noch etwas Arbeit am letzten Bach in Neuseußlitz an. Vier, fünf Stunden. Eisig kalte Stunden. Auf Heißgetränke zum Aufwärmen verzichtet Studentin Anja Ecke jedoch bewusst, wie aufs Trinken überhaupt. Weil man dann austreten muss, sagt sie. Forschen kann hart sein.