Merken

Forellhaus bleibt weiter eine Ruine

Nachdem der niederländische Eigentümer doch noch offene Forderungen beglichen hat, stoppte die Stadt Görlitz die Zwangsversteigerung.

Teilen
Folgen
NEU!
© Pawel Sosnowski

Görlitz. Ob es eine gute oder eine schlechte Botschaft ist, bleibt offen: Die Stadtverwaltung Görlitz hat die Zwangsvollstreckung offener Forderungen gegen den Besitzer des Biesnitzer Forellhauses gestoppt. Vorgesehen war am Dienstagvormittag eine öffentliche Zwangsversteigerung des Gebäudes und der zugehörigen Freifläche auf der Promenadenstraße 57. Für das 7363 Quadratmeter umfassende Areal war als Grundlage dafür ein Verkehrswert von 240000 Euro vom Amtsgericht festgesetzt worden.

Die Stadtverwaltung hatte die Zwangsversteigerung lange Zeit angedroht, im Amtsblatt angekündigt und Mitte Februar einen Versteigerungsvermerk im Grundbuch eintragen lassen. Ursache für diesen rechtlichen Schritt waren offene Rechnungen, die sich im Lauf der Jahre immer mehr erhöhten. Besitzer des markanten Hauses mit Nebengebäude (Remise), Garagen und einer ehemaligen Kegelbahn ist eine niederländische Immobiliengruppe. „Der Eigentümer hat jetzt alle Forderungen seitens der Stadt Görlitz beglichen“, sagte im Rathaus Sprecherin Sylvia Otto und bestätigte das Zurückziehen der Versteigerung. Über die Gesamtsumme der bisher offenen Forderungen wurde nichts bekannt. Damit stehen nun zwar keine Zahlungen von Grundsteuer, Straßenreinigung oder Verkehrssicherungspflichten mehr aus, das Haus allerdings weiter als immer mehr verkommende Ruine leer. Offensichtlich rechneten die niederländischen Zwischenkäufer seit Jahren vergeblich mit einem für sie zahlungskräftigen Interessenten, der weit mehr als der Verkehrswert aufbringen würde. Andererseits wurde beim Verkauf im Vertrag auch keine Frist für Nutzungs- oder Sanierungspflichten vorgemerkt.

Die Biesnitzer sehen den weiteren Verfall des denkmalgeschützten Objektes mit Sorge. Nach dem Abriss einer alten Gaststätte aus dem 18. Jahrhundert entstand das Haus 1897. Bauherr Gustav Schultze, Bruder des Geschäftsmannes Eduard Schultze vom Postplatz, nannte es „die schönste Villa von Biesnitz“. 1920 erwarb Sägewerksbesitzer August Walden das Grundstück, dann wohnte hier Geheimrat Dr.-Ingenieur Gustav Williger, ein Bergrat und Teilhaber der Waldenburger Kohlegruben. Unter ihm blühte das Objekt auf, bekam Zierbrunnen und das Denkmal „Waldenburger Hammer schwingender Bergmann“, das später an die Friesenstraße umgesetzt wurde und im Volksmund nur „nackter Mann“ heißt. Nach 1945 schenkte die Witwe Williger Haus und Park an die evangelische Kirche, die es unter dem Namen „Friedrich-Forell-Haus“ zu einem Heim der Inneren Mission machte. Nach 1990 veräußerte es die Kirche, seitdem steht es leer. Mit der Zwangsversteigerung hatten viele auf eine Wiederbelebung gehofft. Das Hoffen geht weiter. (SZ/rs)