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Förderzentrum wirft Schatten

Für den Neubau, in dem Fördermittelanträge bearbeitet werden sollen, besteht jetzt Baurecht. Es lässt auch höhere Gebäude zu – ein Streitpunkt.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Nossen. Klarheit ist das, was Reiner Neidhardt und seine Mieter möchten. Das hat der 74-jährige Nossener Bürger in der letzten Stadtratssitzung auch so kommuniziert, sich zuvor bereits schriftlich geäußert. Worum geht es? Das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie möchte sein Förder- und Fachbildungszentrum spätestens 2018 in Nossen beheimatet wissen.

Schließlich gibt es an der Waldheimer Straße schon eine Außenstelle des Umweltamtes mit einer Versuchsstation für pflanzliche Erzeugung und Saatgutprüfung. Mit dem Umzug von 50 Mitarbeitern, die für die Bearbeitung von Förderanträgen für die Landwirtschaft zuständig sind, von Döbeln nach Nossen lassen sich Verwaltungsaufgaben vor Ort vereinfachen. Bauträger ist das Sächsische Immobilien- und Baumanagement (SIB). Für den Bau des Gebäudekomplexes hatte sich die Stadt früh auf das Grundstück an der Ecke Waldheimer Straße/Zellaer Straße festgelegt. Hier soll das Haupthaus – ein ehemaliger Gasthof – saniert und umgebaut, bestehende Nebengebäude abgerissen und gegebenenfalls ersetzt werden. Die Entwurfsplanung des zuständigen Ingenieurbüros Bothe hatte seit März für Anwohner ausgelegen, auch Träger öffentlicher Belange konnten Stellung nehmen. Baurecht besteht seit letzter Woche. Da hatten sich die Stadträte einstimmig für den Bebauungsplan ausgesprochen. „Den kann ich aber so nicht akzeptieren“, sagt Reiner Neidhardt.

Denn dieser besagt, dass der Bau weiterer möglicher Gebäude neben oder hinter dem Haupthaus (dreigeschossig) genauso so hoch wie dieses sein dürfen. Die jetzigen sind wesentlicher niedriger, in etwa halb so hoch.

Für Neidhardt ist das insofern interessant, als dass sich sein Elternhaus nur knappe sechs Meter von dem Baugrundstück entfernt befindet. 1996 hatte er es aufwendig sanieren, Balkone und eine moderne Wärmedämmung an- bzw. einbauen lassen. Heute leben fünf Mietparteien in dem Mehrfamilienhaus, der 74-Jährige ist der Vermieter. Sollten in der Nachbarschaft nun doppelt so hohe Gebäude als bisher gebaut werden – und dazu gibt der beschlossene Bebauungsplan den nötigen Spielraum – müssten die Vermieter mit einer deutlich stärkeren Verschattung leben.

„Ich finde es nicht in Ordnung, dass mir niemand sagen kann, ob die neuen Nebengebäude höher werden und damit den Wert meiner Immobilie schmälern“, fasst Neidhardt sein Problem zusammen. Sollte es so kommen, dann würden seine Mieter „auf die Barrikaden gehen“, ist er sicher.

SIB-Chef will vor Stadträten sprechen

Ihre Chancen dürften allerdings schlecht stehen. Das geht aus einer Stellungnahme des Ingenieurbüros Bothe hervor. Darin heißt es: „...Insbesondere beinhaltet die Verschattung eines Nachbargrundstücks keine nachbarschützenden Vorschriften und auch von einer kompletten Verschattung des Flurstücks kann bei den möglichen Gebäudehöhen keine Rede sein.“ Vielmehr halte sich der jetzige Bebauungsplan an die laut Sächsischer Bauordnung vorgeschriebenen Abstandsflächen. Wollte Neidhardt gegen den Beschluss vorgehen, müsse er vor Gericht klagen, sagte Planer Hans-Joachim Bothe während der letzten Stadtratssitzung.

Das zieht der Rentner derzeit allerdings nicht in Betracht, will zunächst abwarten, wie die Absichten des SIB sind. „Klar ist in dieser Hinsicht noch nichts“, sagt Nossens Baudezernentin Carola Bieber auf SZ-Anfrage. Der Bebauungsplan gebe zwar die Möglichkeit her, dass weitere Häuser in der gleichen Höhe wie der alte Gasthof errichtet werden könnten. Es könne aber auch bei der jetzigen Gebäudehöhe bleiben. Konkrete Pläne gebe es noch nicht.

Sowohl Carola Bieber als auch Hans-Joachim Bothe versichern aber, dass der SIB-Niederlassungsleiter Ludwig Coulin im Nossener Stadtrat vorstellig wird, sobald in dieser Frage Klarheit besteht. Dann wird auch Reiner Neidhardt wieder vor Ort sein – in der Hoffnung, dass seine Mieter in den nächsten Jahren nicht mit weniger Sonnenlicht auskommen müssen.