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Flüchtlinge ziehen nach Lockwitz

Das Asylbewerberheim auf der Lockwitztalstraße ist bereit, am Montag wird es bezogen. Die Sorgen der Anwohner sind groß.

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© Sven Ellger

Von Nora Domschke

Die Stimmung war aufgeheizt in der eiskalten Lockwitzer Schlosskirche, als Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke) am Donnerstagabend die Pläne für die Flüchtlingsunterkunft in der Lockwitztalstraße vorstellte. Bereits am Montag sollen dort die ersten Asylbewerber einquartiert werden. Das sorgte für Kritik unter den gut 200 Anwohnern in der Kirche.

Seit Sommer vergangenen Jahres fordern sie eine Anwohnerversammlung, wollen über die Unterkunft, den Betreiber und das Sicherheitskonzept informiert werden. „Warum erst jetzt, ein paar Tage vor der Eröffnung?“, fragt ein direkter Nachbar des Heimes. Kaufmann verteidigt ihre Entscheidung mit den schnellen Änderungen, auch in Bezug auf das Thema Sicherheit. „Vor einem Jahr gab es noch ganz andere Bestimmungen“, sagt sie. Mittlerweile gehöre ein Wachschutz rund um die Uhr zum Standard in Dresdner Unterkünften.

Die Ängste einiger Lockwitzer konnte Kaufmann damit nicht nehmen. Selbst eine Videoüberwachung des Gebäudes beruhigt die aufgebrachten Nachbarn kaum. Eine Anwohnerin fragt, ob ihre Tochter weiterhin den Schulweg am Asylheim vorbei nutzen kann. Ja, sagt Polizeioberrat und Einsatzleiter Stefan Dörner. „Verändern sie ihr Leben, ihren Alltag nicht“, rät er. „Wenn es Probleme geben sollte, melden sie das sofort der Polizei.“ Zugleich betont Dörner, dass es im Umfeld der 50 Dresdner Asylunterkünfte keine vermehrten Polizeieinsätze gibt. Allerdings räumt er ein, dass es vor allem in der Innenstadt, etwa am Wiener Platz, zunehmend Probleme mit kriminellen Ausländern gibt.

Das heizt die Stimmung in der Schlosskirche weiter an, es gibt laute Zwischenrufe, spöttisches Gelächter. Auch, als die künftige Heimleiterin darum bittet, den Neuankömmlingen eine Chance zu geben, ihnen ohne Vorurteile zu begegnen.

Ob am Montag Familien einziehen werden oder einzelne Männer kommen, konnte Kaufmann am Donnerstag nicht beantworten. Darüber informiere die Landesdirektion, die den Kommunen die Flüchtlinge zuweist, in der Regel erst 24 Stunden vor dem Eintreffen. In den vergangenen Wochen sind allerdings etwa 80 Prozent der Asylbewerber allein reisende Männer gewesen, so Kaufmann weiter. Prinzipiell sei das Lockwitzer Mehrfamilienhaus mit 15 Wohnungen aber für Familien mit Kindern vorgesehen. Sie versorgen sich in einer eigenen Küche selbst, pro Wohnung gibt es ein Badezimmer. In dem Gebäude, das die Stadt zunächst für fünf Jahre angemietet hat, ist Platz für insgesamt 72 Bewohner. Sie leben dort, bis ihr Asylantrag entschieden ist – also im Schnitt rund fünf Monate.

Einer der beiden Heimleiter ist gebürtiger Syrer, der viele Sprachen spricht. Somit ist er ein guter Ansprechpartner sowohl für die Flüchtlinge als auch für die Anwohner. Betreiber der Einrichtung ist das Radebeuler Unternehmen Lebenswert & Wohnraum GmbH. Ursprünglich war vor der Eröffnung ein Tag der offenen Tür geplant, der nun allerdings nicht stattfinden wird. Auch das sorgte für heftige Kritik. „So schafft die Stadt kein Vertrauen bei den Dresdnern“, ruft ein Anwohner. Kristin Kaufmann muss erneut ihre Entscheidung verteidigen, weist darauf hin, dass es sich um ganz normale, schlicht eingerichtete Wohnungen ohne Fernseher oder andere Technik handelt.

Für die Unterkunft in der Heidenauer Straße, die sich Luftlinie etwa zwei Kilometer vom Heim in der Lockwitztalstraße befindet, verspricht die Sozialbürgermeisterin einen Tag der offenen Tür, wenn die Sanierung fertig ist. Dort wohnen bereits seit Oktober vergangenen Jahres mehr als 100 junge Männer. „Mit ihnen gibt es keinerlei Probleme, wir merken kaum, dass sie da sind“, berichtet ein Nachbar. Gleiches gelte für die knapp 200 Flüchtlinge, die derzeit im alten Prohliser Schulgebäude in der Boxberger Straße untergebracht sind, bestätigt ein junger Mann.

Fragen an den Betreiber sind per E-Mail möglich: [email protected]