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Flüchtlinge willkommen in Laubegast?

Wieder könnte ein Hotel zum Asylheim werden. Die Stimmung im Dresdner Stadtteil scheint gemäßigter als noch 2014.

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© Sven Ellger

Von Tobias Wolf

Mülltonnen blockieren den Eingang zum Alttolkewitzer Hof. Auf einem Schild prangt: „Hotel und Restaurant geschlossen“. Im Schaukasten hängt immer noch das Ostermenü. Das verwaiste Gebäudeensemble könnte für die nächste Flüchtlingsdebatte in Laubegast sorgen, nachdem der Streit um das Hotel Prinz Eugen in der Gustav-Hartmann-Straße gerade erst abgeklungen ist.

Ende März hat Eigentümerin Annett Willner den Alttolkewitzer Hof der Stadt angeboten, wie sie gegenüber der SZ bestätigt hat. Als mögliche Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber. Es ist offenbar die letzte Möglichkeit, das Haus wirtschaftlich zu betreiben. Nach Willners Angaben sei es auch deshalb geschlossen worden, weil ein Betreiber fehle, der das Haus auslastet.

SPD-Ortsbeirat Michael Bäuerle sieht nun eine neue Chance, in Laubegast doch noch ein Asylheim einzurichten. „Wir müssen überall in Dresden welche eröffnen, weil wir sie dringend brauchen“, sagt er. „Deshalb ist es richtig, dass auch Laubegast eins bekommt.“ Wie die Anwohner reagieren, ist unklar. Ein erster Versuch der Stadt, eine Asyl-Unterkunft im Hotel Prinz Eugen an der Gustav-Hartmann-Straße einzurichten, scheiterte am Widerstand vieler Anwohner – befeuert von der Bürgerinitiative „Mein Laubegast“. Nach rechten Schmierereien am Hotel und Gewaltdrohungen in sozialen Netzwerken zog der Betreiber des Hotels sein Angebot zurück.

Eine nichtrepräsentative SZ-Straßenumfrage ergibt momentan ein anderes Stimmungsbild. „Ich finde es o.k., an dieser Stelle hätte ich kein Problem mit einer Asylunterkunft“, sagt Anwohnerin Kathy Voßwinkel. Norbert Pfau aus Leuben ist zwar Asylkritiker, hat mit einem Heim in Alttolkewitz aber ebenfalls kein Problem. „Wenn Menschen einmal hier sind, müssen wir uns um sie kümmern und ordentlich behandeln“, sagt der 63-Jährige. Eine Seniorin, die namentlich nicht genannt werden will, sei zwar nicht begeistert, aber ablehnen würde sie eine Unterkunft nicht. „Es kommt auf die Bewohner an, Familien ja, aber keine alleinstehenden Männer.“

Peter Meier aus dem Wohngebiet an der Berchtesgadener Straße war selbst Flüchtling aus Niederschlesien. „Man soll denen helfen, die in Not sind“, sagt der 73-Jährige. Dennoch sorgt sich Meier um die Sicherheit. „In Laubegast gibt es viele Rechte, hoffentlich gibt es keine Randale wie in anderen Städten.“ Buchhändler Christian Budde sieht die Unterkunft auch wegen ihrer Lage am Rand von Laubegast als gute Lösung. „Diese Menschen werden den Stadtteil bereichern“, sagt der 46-Jährige.

Isabell Nowak vom Adam Verlag ist unmittelbare Nachbarin und gegen ein Heim im Hotel. Die Bürgerinitiative „Mein Laubegast“ hat noch keine Position. Er sei stinksauer, es wieder erst aus der Zeitung zu erfahren und nicht von der Rathausspitze, sagt Initiativen-Chef Kenneth Köth. Im sozialen Netzwerk Facebook gibt es mehr Ablehnung und flüchtlingsfeindliche Kommentare. FDP-Ortsbeirat Matteo Böhme zweifelt dort die fehlende Auslastung des Hotels an. Pensionen und Ferienwohnungen in Laubegast seien gut gebucht. Woher er die Wirtschaftsdaten des Alttolkewitzer Hofs nimmt, bleibt sein Geheimnis.

Andere verweisen auf eine angeblich problematische Nähe zu Schulen. Gegenüber des Alttolkewitzer Hofs werden Schüler der Hotel- und Gaststättenschule Dresden (Hoga) ausgebildet. Von Anti-Asyl-Initiativen lasse sich die Bildungseinrichtung nicht benutzen, so ein Sprecher. „Wir distanzieren uns völlig davon.“ Jób Eidam macht an der Hoga sein Abitur. Sein Vater stammt aus Nigeria. „Ich finde, wir sollten offen reagieren, wenn Flüchtlinge hierherkommen“, sagt der 18-Jährige. Mitschülerin Anneliese Barth pflichtet ihm bei. Wer sich benehme, sei willkommen.

Im Rathaus baut man möglicher Kritik vor. Noch sei nichts passiert, sagt Sprecher Kai Schulz. Das Angebot sei Ende März eingegangen und werde nun von einer Arbeitsgruppe begutachtet. Erst dann könnte geprüft werden, ob der Alttolkewitzer Hof überhaupt als Asylheim geeignet sei. Das hänge auch von den Kosten ab und wie intensiv das Haus umgebaut werden müsste, so Schulz weiter. Den Vorwurf der Bürgerinitiative, nicht rechtzeitig informiert zu haben, kontert Schulz mit dem Verweis, dass es noch nichts zu informieren gebe. Zudem würden entsprechende Pläne über das Ortsamt bekannt gemacht.

Sollte wirklich ein Asylheim im Alttolkewitzer Hof eingerichtet werden, ist zumindest das Netzwerk „Laubegast ist bunt“ vorbereitet. Es soll einen Sprachtreff zum Deutschlernen geben, eine Fahrradwerkstatt, gemeinsame Sportaktivitäten mit Flüchtlingen und Info-Veranstaltungen für die Anwohner, sagt Netzwerkkoordinator Claus Dethleff. „Ich hoffe, wir bekommen nach den Kontroversen jetzt eine gute Willkommenskultur in Laubegast hin.“