Merken

Flüchtlinge kommen nach Röhrsdorf

Die Großenhainer Unterkunft wird seit Dienstag geräumt. Alle 35 Bewohner kommen vorübergehend nach Röhrsdorf.

Teilen
Folgen
© Anne Hübschmann

Von Catharina Karlshaus

Großenhain/Röhrsdorf. Dass es so schnell geht, hätte sie nicht gedacht. Sandra Wolf, Chefin der Großenhainer Flüchtlingsunterkunft in der alten Straßenmeisterei, macht alles andere als einen glücklichen Eindruck. Die sonst so couragierte Frau schaut traurig in die ersten leeren Zimmer. Seit Anfang Januar leitete die 39-jährige Psychologin das von der Riesaer Wohnheimbetriebsgesellschaft betriebene Heim an der Turnhalle. Und nun? Plötzlich alles aus und vorbei.

Bis zum Ende der Woche wird der Flachbau leergezogen sein. „Ich kann es noch immer gar nicht fassen. Wir waren irgendwie alle gar nicht darauf vorbereitet“, sagt Sandra Wolf. Dass die Flüchtlingsströme aufgrund der aktuellen Regelungen im Laufe des Jahres abgenommen haben, sei natürlich auch ihr nicht verborgen geblieben. Aber noch im Oktober habe sie alleinerziehende irakische Männer im Heim aufgenommen. Insgesamt 35 Menschen – darunter 13 schulpflichtige Kinder – hätten hier wie eine große Familie zusammengelebt. „Als ich ihnen am Wochenende sagen musste, dass diese Gemeinschaft aufgelöst wird, war das für alle ein Schock. Sie waren es gewohnt, immer einen Ansprechpartner zu haben. Nun sind sie weitestgehend auf sich gestellt“, so die Chefin der Flüchtlingsunterkunft.

Die Entscheidung, das immer als Notunterkunft deklarierte Heim zu schließen, kommt indes nicht von ungefähr. Vom Staatsbetrieb Immobilien- und Baumanagement des Freistaates auf Zeit überlassen, ist das Gebäude stark sanierungsbedürftig. Um weitere Investitionen zu vermeiden, sollten die maximal 50 Plätze laut Konzeption des Landkreises Meißen spätestens mit Beendigung des Vertrages im Dezember 2017 an den Standort Röhrsdorf in der Gemeinde Klipphausen verlagert werden, denn die dortigen Unterkünfte werden von derselben Betreibergesellschaft geführt.

Dass es jetzt so schnell geht, dürfte für die finanziell gebeutelte Meißner Behörde dagegen eine gute Nachricht sein. Immerhin zahlen Bund und Land nur für belegte Plätze. Für freie Kapazitäten muss der Landkreis dagegen selbst aufkommen. „Es war uns möglich, die Vereinbarung vorzeitig zu lösen“, bestätigt Manfred Engelhardt. Wie der Dezernatsleiter Verwaltung betont, sei es nur vernünftig, im Fall der Fälle die Kapazitäten zu reduzieren und sinnvoll zu bündeln. Hinzu käme, dass die Einrichtung tatsächlich sehr baufällig gewesen sei und man erhebliches Geld in die Hand zur Behebung von Schäden hätte nehmen müssen. „Da alle Beteiligten, also Freistaat und Betreibergesellschaft, einverstanden gewesen sind, war es die beste Lösung, Großenhain kurzfristig zu schließen“, so der Dezernatsleiter.

Eine Entscheidung, die mit der Konzeption des Landkreises Schritt hält. Erst in der vergangenen Woche hatten sich die Kreisräte darauf verständigt, die Anzahl der Heime langfristig zu reduzieren. Demnach sollen bereits finanziell gebundene und gutlaufende Gemeinschaftsunterkünfte – vor allem vorrangig an Standorten mit guter infrastruktureller Anbindung und sozialer Betreuung – erhalten bleiben. Andere Objekte würden mit Beendigung des jeweiligen Betreibervertrages geschlossen.

Für das Heim von Sandra Wolf wird es nun schon in dieser Woche so weit sein. Das abrupte Ende eines ereignisreichen Jahres, welches keine Zeit für Abschied ließ. Am Dienstag haben bereits drei Familien ihr bisheriges Zuhause verlassen. Am Mittwoch sind weitere gefolgt. „Und die Letzten fahre ich am Donnerstag selbst nach Klipphausen“, so Sandra Wolf.