Merken

Fliegen Biertrinker künftig aus der Bahn?

Immer mehr Verkehrsunternehmen verbieten Alkohol. Die hiesigen Verkehrsverbünde reagieren zurückhaltend.

Teilen
Folgen
NEU!
© dpa

Von Sebastian Kositz

Kein Fahrschein, dafür sternhagelvoll: Im Oktober des vergangenen Jahres eskaliert in einem Zug zwischen Bischofswerda und Bautzen die Situation. Ein Mann rastet während einer Ticketkontrolle völlig aus, geht auf die Zugbegleiterin los. Nur durch das beherzte Eingreifen eines Fahrgastes kann Schlimmeres verhindert werden. Ebenso glimpflich endet nur wenige Wochen später ein beinah ähnlicher Vorfall zwischen Radeberg und Bischofswerda. Auch hier war der Angreifer betrunken.

Von Einzellfällen sprechen die Verantwortlichen. Nennenswerte Probleme mit Alkohol an Bord der Züge gebe es nicht, betont Christine Hecht, Sprecherin beim Unternehmen Trilex, dessen Bahnen durch die Oberlausitz rollen. Doch jeder Vorfall wirft die Frage auf, was Bier, Schnaps oder Prosecco in öffentlichen Verkehrsmitteln überhaupt zu suchen haben. Die Verkehrsgesellschaften in großen Städten wie Hamburg oder Hannover haben längst durchgegriffen. Und auch in Sachsens Landeshauptstadt dulden die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) in ihren Bussen und Straßenbahnen seit Mai keine Schluckspechte mehr. Gut sichtbar kleben in den Fahrzeugen die Piktogramme: Alkohol verboten!

Die DVB haben damit gewissermaßen die Notbremse gezogen. Denn mit wachsender Sorge hatten die Verantwortlichen beobachtet, wie gerade junge Leute vor Partys sich in den Bussen und Bahnen einen antrinken oder im Anschluss noch einen Absacker nehmen. Und auch tagsüber hätten sich zunehmend Fahrgäste mit ihrem „Wegebier“ durch die Stadt chauffieren lassen. Ein schlechtes Vorbild für Jugendliche und Kinder, urteilten die Verkehrsbetriebe.

Doch das Phänomen bleibt keineswegs nur auf Dresden beschränkt. Auch in den Zügen im Umland ploppen öfters mal die Kronkorken – allen voran an den Abenden und an Wochenenden. „Das betrifft dann vor allem die Züge in Richtung Stadt“, erklärt Christian Schlemper, Pressesprecher bei dem im Westen des Landkreises zuständigen Verkehrsverbund Oberelbe (VVO).

Zeitweise Einschränkungen denkbar

Dennoch sind auch Christian Schlemper keine ernsthaften Probleme mit Alkohol in Bus und Bahn bekannt. Das Geschehen bei den Dresdner Verkehrsbetrieben beobachtet der Verkehrsverbund mit Interesse. Handlungsbedarf sieht der Verband allerdings nicht. Denn ohnehin gilt: „In unseren Beförderungsbedingungen sind Essen und Trinken untersagt. Auch Alkohol ist damit eigentlich nicht erlaubt. Die DVB kommuniziert dies jetzt nur deutlicher“, erklärt Christian Schlemper.

Ob in den Bussen und Bahnen im VVO-Gebiet gegessen und getrunken wird, entscheide letztlich das Personal vor Ort. „In der Praxis dulden die Mitarbeiter Essen und Trinken, solange andere Fahrgäste nicht belästigt werden. Das betrifft nicht nur Alkohol, sondern beispielsweise auch das Essen eines Döners“, so der VVO-Sprecher.

Bei dem für den Osten des Landkreises zuständigen Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien (Zvon) wird es ähnlich gehandhabt. Zwar könnten die Mitarbeiter der beauftragten Bus- und Bahnunternehmen in der Region den Fahrgästen das Essen und Trinken verbieten. In der Praxis ist das aber eher die Ausnahme. „Ein generelles Verbot von Alkohol im Fahrzeug steht derzeit im Bereich des Zvon nicht zur Debatte“, versichert Sandra Trebesius, Sprecherin des Verkehrsverbundes.

„Ein Alkoholverbot würde zulasten derer gehen, die beispielsweise zu Beginn ihrer Wanderung einen Prosecco trinken oder einfach nur im Zug ihr Feierabendbier trinken möchten“, so Sandra Trebesius. Allerdings erwägt der Zvon mit Blick auf den Tag der Sachsen im September in Löbau zumindest zeitweise Einschränkungen. Denn wenn Probleme auftreten, dann vor allem im Zusammenhang mit Großveranstaltungen oder Fußballspielen. „Im Hinblick auf den Tag der Sachsen haben wir uns mit den Verkehrsunternehmen und Vertretern der Deutschen Bahn zu bestimmten Maßnahmen unterhalten“, so die Zvon-Sprecherin, ohne konkreter zu werden.

Ähnlich wie die Dresdner Verkehrsbetriebe könnten auch andere im Landkreis beauftragten Verkehrsunternehmen im Alleingang ein für ihre Fahrzeuge gültiges Verbot durchsetzen. Bei Trilex geben sich die Verantwortlichen allerdings zurückhaltend: „Eine Entscheidung zum Alkoholverbot würden wir eng mit unseren Auftraggebern abstimmen“, sagt Christine Hecht.