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Fleischerei Bürgel schließt zum Jahresende

Frank Bürgel ist die Entscheidung nicht leichtgefallen. Er hat seine Gründe. Damit endet ein altes Nieskyer Handwerk.

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© Jens Trenkler

Von Steffen Gerhardt

So richtig wollen es seine Kunden noch nicht wahrhaben, dass Bürgels ab dem neuen Jahr keine Wurst und kein Fleisch mehr verkaufen, sagt der Fleischermeister. „Aber mein Entschluss steht fest, wir schließen zum Jahresende“, sagt Frank Bürgel im Gespräch mit der SZ. Ihm ist dabei schon bewusst, dass damit eine 95-jährige Familientradition endet.

Sein Vater Horst Bürgel hatte 1987 sieben Verkäuferinnen und fast ebenso viele Fleischergesellen.
Sein Vater Horst Bürgel hatte 1987 sieben Verkäuferinnen und fast ebenso viele Fleischergesellen. © privat
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Diese begann 1922, als sein Großvater zunächst die Räume in der Bautzener Straße mietete, um eine Fleischerei einzurichten. „1928 hat er das Haus gekauft und dafür 28 000 Reichsmark bezahlt“, erzählt Frank Bürgel. In den Jahren danach wurde der Laden von seinen Stufen befreit und 1936 das Nebengebäude zum Wohnhaus ausgebaut, in dem heute noch seine 85-jährige Mutter wohnt. „Sie ist noch aktiv und geistig rege“, sagt der Sohn über seine Mutter Renate Bürgel.

Ihr Mann, Fleischermeister Horst Bürgel, hatte 1962 den Betrieb von seinem Vater übernommen und 30 Jahre lang geführt, bis zu seiner Rente. 1992 war es an der Zeit, dass die dritte Bürgel-Generation das Geschäft übernimmt. Die Entscheidung konnte nur auf den einzigen Sohn fallen, auf Frank Bürgel. Wie der Vater beim Großvater, hat auch der Sohn bei seinem Vater gelernt.

Bis ins Jahr 1957 waren Bürgels eine feste Adresse für die Bauern und Tierhalter aus Niesky und Umgebung. Sie ließen in der Bautzener Straße ihr Vieh schlachten beziehungsweise kauften Bürgels die Tiere zur eigenen Schlachtung und Verarbeitung auf und verkauften die Produkte in ihrem Geschäft. Frank Bürgel kann sich gut erinnern, dass die Fleischerei der „Hoflieferant“ für das Emmaus-Krankenhaus war. Aber nach der Umstrukturierung der Diakonissenanstalt werden jetzt andere Anbieter die Küche beliefern. „Das Krankenhaus war für uns immer eine feste Größe und wir sind dankbar für die über Jahrzehnte dauernde Geschäftsbeziehung“, sagt Frank Bürgel. Das Emmaus ist es nicht allein, aber ein Mosaikstein in dem wirtschaftlichen Niedergang der Fleischerei. Wenn Großabnehmer wegbrechen, ist es immer schwierig, gleichwertigen Ersatz zu schaffen.

Aber es hängt nicht nur an den Abnehmern. So kommen seit dem neuen Netto-Markt mit seiner Fleisch- und Wurstabteilung weniger Kunden. Zudem fehlten Energie und Mut zu neuen Geschäftsfeldern, wie z. B.. einer Mittagsversorgung. Frank Bürgel gesteht sich ein, dass er schon immer Probleme hatte, seine Mitarbeiter nach Tarif zu entlohnen. „Als der Mindestlohn dazukam, wurde es für mich noch schwieriger, finanziell über die Runden zu kommen“, so der Fleischermeister. Das zeigte sich beim Personal. Als Frank Bürgel vor 25 Jahren die Fleischerei übernahm, zählte er sechs Gesellen, fünf Verkäuferinnen und zwei Lehrlinge zu seinem Stammpersonal.

Heute betreiben er und seine Frau zusammen mit der Mitarbeiterin Madlen Hanusch und einer stundenweisen Aushilfe den Familienbetrieb. Madlen Hanusch, die seit 1995 bei Bürgels verkauft, ist dabei, sich um eine neue Beschäftigung ab dem neuen Jahr zu kümmern. Ebenso betrifft das Uta Bürgel. Sie bemüht sich ebenfalls um eine neue Anstellung. Nur wie es mit ihm selbst weitergeht, das weiß Frank Bürgel noch nicht.

„Meine Vorstellung war, dass wir zumindest den Laden halten können und dort die Produkte einer anderen Fleischerei verkaufen“, erklärt Bürgel. Aber bisher hat keiner Interesse für Bürgels Laden gezeigt. Mit der Fleischerei selbst ist das noch schwieriger. Zum einen haben Bürgels keine Kinder, die in vierter Generation weitermachen könnten, zum anderen müsste der neue Besitzer kräftig investieren. Sowohl in die Räume als auch in die Maschinen der Fleischerei. Frank Bürgel denkt über einen Verkauf nach. Aber über die Fleischerinnung, deren Mitglied er ist, scheint es aussichtslos zu sein. „Zu viele Fleischereien haben in den vergangenen Jahren geschlossen. Und alle wollen ihre Maschinen und Geräte loswerden“, ist die Erfahrung des Fleischermeisters. Also bleibt ihm nur der Verkauf über die Hausschlächter.

So weit ist es noch nicht, denn bei Bürgels wird noch produziert, auch wenn inzwischen ein Teil der Fleisch- und Wurstwaren von anderen Metzgern zugekauft wird. „Allein schaffe ich es nicht mehr, die ganze Palette anzubieten“, sagt der 58-Jährige. Also besinnt man sich auf die eigenen, gängigen Qualitätsprodukte. Darunter zählt auch die Weihnachtsbratwurst, die bald wieder angeboten wird. „Sie ist sehr gefragt, wir verschicken sie bis in die alten Bundesländer“, so Bürgel. In diesem Jahr wird es sie ein letztes Mal geben, so wie die Fleischerei Bürgel in Niesky.