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Flachdach-Zank am Neumarkt

Was auf dem Neumarkt in Dresden auch gebaut werden soll – es provoziert Streit: Jetzt steht ein neben dem Kulturpalast geplantes Geschäfts- und Wohnhaus wieder in der Kritik.

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© Visualisierung: KIB

Von Andreas Weller

Die Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden (GHND) spricht von einer Gelenkstelle. Es geht um den Übergang vom Alt- zum Neumarkt. Zwischen Galerie- und Frauenstraße will die KIB aus Nürnberg für etwa 14 Millionen Euro ein modernes Büro-, Geschäfts- und Wohnhaus errichten. Die Hüter des historischen Neumarktes fordern, das Gutbierische Haus, das dort einst stand, wieder aufzubauen.

So sehen die Pläne für das moderne Haus aus, das direkt neben dem Kulturpalast gebaut werden soll.
So sehen die Pläne für das moderne Haus aus, das direkt neben dem Kulturpalast gebaut werden soll. © Visualisierung: KIB

Jetzt hat die KIB aber den Bauantrag mit moderner Architektur eingereicht. Deshalb entflammt ein alter Streit erneut. Bereits 2013 hatten die Nachbarn Widerspruch eingelegt, weil das Gebäude zu nah an die angrenzenden Bauten kommen würde. Das wurde gerichtlich geklärt und die Planung leicht angepasst. Damit ist die grundsätzliche Kritik aber nicht aufgehoben: 2011 hatten 21 Prominente in einem offenen Brief an die Stadtspitze dargelegt, der moderne Entwurf erfülle in keiner Weise die Grundsätze für den Wiederaufbau des Neumarktes.

Zu den Unterzeichnern gehörten bekannte Künstler wie Peter Schreier, Ludwig Güttler und Friedrich-Wilhelm Junge, Architekturkritiker wie Dankwart Guratzsch, Architekten wie Gunter Just und Dieter Schölzel, der Wissenschaftler Karl-Siegbert Rehberg und der Schriftsteller Uwe Tellkamp.

Gesamtwirkung beschädigt

„Die Gebäude haben Flachdächer. Das Staffelgeschoss an der Frauenstraße beschädigt die Gesamtwirkung erheblich“, erklärt nun GHND-Vorstand Torsten Kulke. „Das Staffelgeschoss widerspricht der Gestaltungssatzung für den Neumarkt.“ Die Pläne würden, wenn sie umgesetzt werden, die Eingangssituation am Neumarkt erheblich stören. „Sogar die Häuser an der Wilsdruffer Straße aus den 50er-Jahren fügen sich mit ihrer Dachform besser an die Bebauung des Neumarktes an, als der geplante Entwurf.“

Kulke sagt, es sei für ihn unverständlich, dass, nachdem die Kritik seit Jahren bekannt ist, die Stadt nicht mehr Einfluss auf die Gestaltung nehme. Er habe auch versucht, mit der KIB in Kontakt zu kommen. „Dort wurde ich aber immer hingehalten und vertröstet.“ Deshalb geht die Gesellschaft nun an die Öffentlichkeit. Das Gutbierische Haus war ein Kaufmannshaus, das mit seiner Fassade der restlichen Bebauung am Neumarkt entsprach.

Es gäbe alternative Planungen des Dresdner Architekten und Zeichners Manfred Wagner für den Bereich, die dem Übergang vom Alt- zum Neumarkt aus Sicht der Gesellschaft besser gerecht werden und die wichtige Sichtachse wahren.

Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne) will sich erst später dazu äußern, er war am Dienstag zu sehr in Termine eingebunden. Sebastian Greim von der KIB sagt, die Darstellung der GHND entspreche nicht der Wahrheit: „Uns verwundert das sehr.“

Die KIB werde in den kommenden Tagen genauer dazu Stellung nehmen. Das Gebäude soll – laut den bisherigen Plänen – mit seinem modernen Äußeren den historischen Neumarkt abschließen. Die Form orientiere sich eher am Kulturpalast. Graue Fassaden, viel Glas und die flachen Dächer sind geplant.

Die Gesellschaft Historischer Neumarkt entfacht immer wieder Diskussionen um die Gestaltung am Neumarkt. Derzeit wird beispielsweise parallel auch um das ehemalige Palais Riesch gestritten. Auch dort geht es um Moderne oder Historie. Derzeit werden die ursprüngliche Planung dafür überarbeitet und mehrere Entwürfe geprüft.

Zum Gutbierischen Haus hatte die GHND eine Bürgerbefragung durchgeführt. „67 Prozent der Teilnehmer waren für den historischen Aufbau“, so Kulke. Er hofft, dass die modernen Pläne noch gestoppt werden können. Die Stadt könne die Baugenehmigung versagen, auch wenn es bereits einen Kaufvertrag gibt, schließlich fließe der Kaufpreis erst, wenn die Genehmigung erteilt wird. „Die Stadt hätte also noch großen Einfluss auf die Gestaltung des Bauvorhabens“, ist sich Kulke sicher. Bis zur Entscheidung werden aber noch einige Monate vergehen.