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Firma gibt den Löffel ab

Chefin Vroni Rack geht in Rente – nicht der einzige Grund, warum der Gastroservice Selle den Betrieb übernimmt.

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© Sebastian Schultz

Von Britta Veltzke

Riesa. Cena et Flora versorgt seit 2004 Hunderte Kinder mit Schulessen. Ab Juli ist Schluss damit. Die Genossenschaft wird aufgelöst. Chefin Vroni Rack betrübt diese Aussicht. „Begeistert ist niemand von uns.“ Sie hätte gern einen Nachfolger für den Betrieb gefunden. „Aber meinen Job wollte niemand übernehmen, weder aus dem eigenen Team noch von außerhalb“, sagt sie. In der Küche, die im Keller der Oberschule Am Merzdorfer Park liegt, ist gerade ein wenig Ruhe eingekehrt. Von hier aus werden neun Schulen in Riesa und Strehla beliefert – rund 1500 Essen täglich. Die Fahrer sind gerade mit dem Essen raus. Zwischen riesigen Edelstahl-Töpfen und mächtigen Kellen ist jetzt Aufräumen angesagt. Um fünf Uhr morgens beginnt die Arbeit in der Küche. Um 14 Uhr ist Feierabend. „Ideal für Muttis“, so Rack.

Vroni Rack, die gelernte Köchin, geht in den Ruhestand. Das ist jedoch nicht der einzige Grund für das Ende von Cena et Flora. „Die Schule wird ja saniert. Die Küche kann nicht bleiben. Wir hätten uns also nach einer neuen Immobilie umsehen und umziehen müssen“, erklärt die 64-Jährige.

Gegründet wurde Cena et Flora 2004 aus dem sozialen Trägerverein Sprungbrett heraus. „Da wir anfingen, gewinnbringend zu arbeiten, mussten wir uns etwas überlegen“, erzählt Vroni Rack. So wurde die Genossenschaft ins Leben gerufen. „Anfangs gehörte noch die alte Stadtgärtnerei dazu. Aber das hat sich nicht gerechnet.“ Also konzentrierte sich der Betrieb ganz auf die Versorgung der Schulen mit Mittagessen. „Wir haben klein anfangen mit der Oberschule Am Merzdorfer Park, der Grundschule Am Storchenbrunnen und dem Heisenberg-Gymnasium. Wir sind dann rumgefahren und haben Akquise bei weiteren Schulen betrieben. Das hat auch ganz gut funktioniert.“ Der Betrieb versorgt heute fast alle städtischen Schulen. Die „Cena-Küche“ ist laut Stadtverwaltung die einzige Kochküche in den städtischen Schulen, alle anderen sind lediglich Ausgabeküchen.

Kalt bleibt die Küche nicht, wenn Vroni Rack in Rente ist. Der gesamte Betrieb wird von Gastroservice Selle übernommen. „Ich habe allen Mitarbeitern angeboten, dass sie für uns weiterarbeiten können“, erklärt der Geschäftsführer von Riesas größtem Essensanbieter, Holger Selle. „Ich gehe davon aus, dass alle Mitarbeiter weitermachen möchten.“ Insgesamt 24 Personen beschäftigt Cena et Flora aktuell, inklusive Fahrern und Bürokraft. Das Team, wie es aktuell aufgestellt ist, soll so bestehen bleiben –  vorerst zumindest. Noch ein Jahr lang kann der Betrieb in der Oberschule wie gewohnt weiterlaufen. Dann wird die Schule für die Sanierung komplett geräumt. Das Küchenteam wird ab Sommer 2018 dann in die Selle-Großküche am Stahlwerk integriert. Chef Holger Selle möchte eine eigene Abteilung gründen, die nur für die Schulspeisung zuständig ist. Denn bislang kocht Selle lediglich für eine Schule, die Oberschule Am Sportzentrum. „Die Versorgung der Schulen durch unsere Großküche hat aber Tradition. Zu DDR-Zeiten wurden vom Stahlwerk aus sämtliche Unternehmen, Institutionen und eben die Schulen mit Essen beliefert“, erklärt Selle. Die Philosophie von Cena et Flora möchte er beibehalten: „Die Qualität des Essens und, dass auf jedes Kind eingegangen wird, was zum Beispiel Lebensmittelunverträglichkeiten angeht.“

Vroni Rack wird in ihrem Ruhestand vor allem ihre Kollegen vermissen. „Wenn man genauso gern auf Arbeit ist wie zu Hause, dann hat man doch vieles richtig gemacht.“ Und die Kinder werden ihr fehlen. „Es ist bei uns üblich, dass wir nach dem Kochen mit zu den Essensausgaben gehen. Das ist ein guter Ausgleich zu der harten Arbeit in der Küche.“ Vroni Rack verteilt seit Jahren das Essen in der Grundschule Am Storchenbrunnen. Im Vergleich zu früher habe sich in Sachen Schulessen eines ganz deutlich verändert: „Die Kinder dürfen selbst aussuchen, was sie auf dem Teller haben möchten, und das ist auch gut so.“ Das klappe viel besser, als den Kleinen ungefragt Essen aufzuladen und dann zu erwarten, dass sie alles aufessen.