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Finsterer Verdacht

In seinem zweiten Schröder-Krimi schickt der Meißner Autor Peter Braukmann seinen Helden auf eine weite Reise.

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© Claudia Hübschmann

Von Peter Anderson

Meißen. „Meißen sehen und sterben“ – bei diesem Buchtitel kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Ausgedacht hat sich die Zeile der Meißner Autor und Kulturmanager Peter Braukmann. Zum zweiten Mal schickt er in dem 174 Seiten starken Paperback seinen Privatdetektiv auf die Reise, der auf den wenig spektakulären Namen Steffen Schröder hört und eine Art sächsischen Philip Marlowe darstellt.

Wie sein großer Vorgänger trinkt Schröder deutlich zu viel und liebt schöne Frauen. Zudem hat er ein Faible für gutes Essen. Gefühlt wird auf jeder zweiten Seite des Buches gespeist, mal Spaghetti Carbonara im Amalfi, dann wieder Calamari beim Griechen. Als Dreingabe gibt es eine Reihe leckere Rezepte.

Der Stoff, dem sich der 63-Jährige widmet, ist dabei alles Andere als appetitlich. Nach dem rätselhaften Selbstmord einer 14-Jährigen auf den Gleisen der Eisenbahn durchs Elbtal ermittelt Schröder in der Pädophilenszene. Als neue Figur steht ihm die attraktive Annemarie als eine Art Technik-Auskenner à la „Q“ zur Seite. Die 35-Jährige bekommt jeden Computer geknackt, jede Netzseite gehackt.

Wenn der ARD-Tatort dieses Thema anfasst, wird es meist arg emotional und zeitlupenhaft. Nicht wenige Zuschauer schalten mittlerweile weg. In „Meißen sehen und sterben“ wird das Problem ohne übertriebene Steigerung aufgegriffen. Der Autor schildert es nüchtern und sachlich, ohne die grässlichen und ekelhaften Seiten zu unterschlagen. Nur manchmal liegt er sprachlich etwas daneben, wenn er etwa die Mutter einer Freundin des Opfers deren Tod mit der Phrase „das arme Kind“ kommentieren lässt.

Sprachlich bleibt Braukmann seinem bereits in zwei Büchern zuvor praktizierten Stil treu. Seine Formulierungen sind ohne Umschweife, fast ein bisschen ruppig. Dadurch erhält das Buch eine gewisse Unverwechselbarkeit auf einem sonst doch von recht eintönigen Produkten geprägten Markt. Was auf den Sprachstil zutrifft, lässt sich auf die Handlung übertragen. Der Strang wird von Anfang an direkt gesponnen.

Trotz des reichlich gestreuten Lokalkolorits mit typischen Wiedererkennungseffekten könnten Schröders Streifzüge durch Meißen irgendwann einmal langweilig werden. Vielleicht auch aus diesem Grund hat der Autor seinem Liebling diesmal eine Reise nach Irland spendiert, in Braukmanns zweites Heimatland. Dort lässt sich für den Leser einiges lernen, zum Beispiel über mittelalterliche irische Musik und Frühstücksgewohnheiten im Vereinigten Königreich. Der Leser merkt deutlich, dass der Krimi-Autor in Irland mindestens ebenso zu Hause ist wie in Sachsen.

Gleichzeitig wird es auf diese Weise möglich, dem ganzen Geschehen die nötige internationale Dimension zu geben. Gerade beim Thema Pädophilie liegt das auf der Hand. Der Handel mit illegalen Bildern und Filmen hat mithilfe des Internets längst sämtliche Grenzen überwunden. Über das Darknet lässt sich jeder noch so abwegigen Perversität nachgehen. Die Globalisierung zeigt sich von ihrer düstersten Seite. Peter Braukmann leuchtet sie aus.

„Meißen sehen und sterben“ von Peter Braukmann gibt es in den Treffpunkten der SZ und im Buchhandel für 9,90 Euro.