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Filmdreh an der Neiße

Babelsberger Filmstudenten erzählen in Lodenau eine Familiengeschichte. Noch werden Komparsen gesucht.

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© privat

Von Steffen Gerhardt

Lodenau/Region. Lodenau bekommt Besuch. Es ist Janusz, ein alternder Pfandleiher aus einer Berliner Plattenbausiedlung, der in das Dorf an der Neiße kommt. Der Anlass ist ein trauriger: Seine ehemalige Frau Judith ist gestorben – und er muss sich um ihre Beerdigung kümmern. Die Beisetzungsfeier wird dabei in Diehsa stattfinden, in der Dorfkirche.

So sieht es das Drehbuch und der Drehplan vor, von dem Simon B. Stein erzählt. Er ist Producer und gehört dem Team von Filmstudenten an, die an der Filmuniversität Babelsberg studieren und nun ihren Abschlussfilm drehen. Dass sie diesen hauptsächlich im Raum Rothenburg drehen, geht auf Regisseur Oliver Adam Kusio zurück. Er wurde 1988 in Frankfurt am Main geboren, aber seine familiären Wurzeln liegen in Polen. Daher ist das Grenzgebiet entlang Neiße und Oder für ihn vertrautes Terrain, wo er seine zweite Filmarbeit spielen lässt. Die erste ist die Geschichte der jungen Polin Ela, die der Industriewäscherei und den Plattenbauten in ihrer Heimat den Rücken kehrt und allein nach Irland auswandert. Diese hat Kusio in Polen, nahe Szczecin (Stettin), gedreht. Nun kehrt er zusammen mit Producer Stein, Kameramann Marco Müller, Produktionsleiter Joshua Domnick und Szenenbildnerin Fanny Welz an die deutsch-polnische Grenze zurück. Insgesamt ein Team von 20 Leuten, die ab Dienstag ihren Film in den Kasten bringen wollen. Ihr Basislager schlagen sie in Brehmenhain auf. Von dort aus geht es zu den Drehorten, und das bis zum 31. Juli.

In Lodenau lebte Janusz seine Ex-Frau und von dort aus muss er ihren Nachlass regeln. Dazu wird in einem der Häuser eine Wohnung eingerichtet, die von Judith. „Dafür sind vier Drehtage vorgesehen“, sagt der Producer, während anderen Orts ein oder zwei Tage geplant sind. Die Aufnahmen sollen unter anderem in Trebus, im „Preußischer Hof“ in Rothenburg und in der Fahrradkirche in Diehsa stattfinden.

Für einzelne Szenen haben die Filmleute bereits Komparsen gesucht, auch die SZ schrieb darüber. „Wir sind zufrieden mit der Resonanz, denn viele Leute haben sich gemeldet, auch aus Rothenburg und der Umgebung. Dennoch können sich interessierte Personen jedes Alters für den Drehzeitraum vom 18. bis 31. Juli bei uns noch melden“, sagt Producer Stein. Da der Film in den 1990er Jahren spielt, ist das Filmteam auch an Kraftfahrzeugen interessiert, die in diesen Jahren hergestellt wurden. „Wer noch ein Auto aus dieser Zeit besitzt, kann sich gern bei uns melden“, ergänzt Stein.

Somit spielt der Film nicht nur in der Oberlausitz, er wird auch mit Oberlausitzern gedreht – und mit echten Schauspielern. Den Janusz verkörpert Peter Pagel. 1952 in Halberstadt geboren, machte sich der gelernte Chemiefacharbeiter nach seiner Schauspielausbildung in Leipzig als Theaterschauspieler einen Namen, unter anderem als festes Ensemblemitglied fast zehn Jahre am Deutschen Theater Berlin.

An seiner Seite spielt Bea Brocks eine junge Frau, die in dem Film Irena heißt und eine Prostituierte ist. Laut Regisseur Kusio gibt sie Janusz Geborgenheit und körperliche Nähe. Im Gegenzug unterstützt er sie finanziell. Dieses ungleiche Pärchen macht sich nun auf nach Lodenau, um eine Familienangelegenheit zu regeln. Bea Brocks hat ebenfalls in Leipzig Schauspiel studiert, aber erst ab 2009 für vier Jahre. Sie wurde bekannt in Fernsehserien wie „Der Alte“ und „Tatort – Die Wahrheit stirbt zuletzt“. Ihr aktueller Fernsehfilm heißt „Get Lost!“.

Dass die Filmstudenten in der Oberlausitz die Kamera aufstellen, hat auch etwas mit der Filmförderung zu tun. Diese kommt vom Mitteldeutschen Rundfunk. Der 30-minütige Kurzspielfilm mit dem Titel „Liebe“ soll Mitte nächsten Jahres im MDR-Fernsehen gezeigt werden. Die Förderung ist an die Bedingung geknüpft, dass der Streifen in Sachsen gedreht wird. „In der Oberlausitz haben wir ideale Bedingungen und Drehorte, die dicht beieinander liegen. Die Grenzregion hat eine gewisse Mystik, die auch dem Film etwas geben kann“, sagt Simon B. Stein. Regisseur Oliver Adam Kusio will sich von der Gegend inspirieren lassen. „Das sind Orte, die Geschichte haben und der Geschichte etwas hinzugeben können“, sagt er.

Wer als Komparse mit oder ohne Auto mitspielen möchte, kann sich an Regieassistentin Soma Pysall wenden: [email protected]