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Feuerwehr löscht mit App

Ein Tablet-Computer gehört jetzt zur Ausrüstung. Doch bis der im Einsatz wirklich hilft, dauert es noch einige Zeit.

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© Norbert Millauer

Von Peggy Zill

Weinböhla. Etwa 460 Hydranten hat Weinböhla. Michael Becker kennt sie alle. In den vergangenen Wochen ist er zu jedem Einzelnen hinspaziert, hat ihn markiert, fotografiert und die Koordinaten gespeichert. Ein paar fehlen noch auf der Landkarte. Aber sobald diese Fleißaufgabe erledigt ist, kann die neue Feuerwehr-App eingesetzt werden. Den Tablet-Computer dafür hat das Innenministerium bezahlt, die App Studenten der TU Freiberg entwickelt. „Das ist schon eine feine Sache“, sagt Becker immer wieder, wenn er die Funktionen erklärt.

Die meisten sind Unterflurhydranten.
Die meisten sind Unterflurhydranten. © Norbert Millauer

Bisher musste auf dem Weg zum Einsatz das Hydrantenbuch gewälzt werden. „Wenn man nachts ausrückt und die Augen manchmal noch gar nicht richtig offen sind, schwierig“, so Becker. Denn die klassischen, leuchtend roten Hydranten sind heutzutage eher die Ausnahme. Stattdessen gibt es Unterflurhydranten. Mit der Karte auf der Feuerwehr-App lassen sich diese deutlich einfacher finden. Zu jedem Hydranten, den Becker erfasst hat, gibt es ein Foto. So wissen die Feuerwehrleute auch bei Schnee, wo sie suchen müssen.

Während seiner Hydranten-Tour durch Weinböhla ist der stellvertretende Wehrleiter von vielen Leuten angesprochen worden, was er denn da treibt, warum die Hydranten jetzt orange leuchten. „Die Markierung ist nötig, damit wir die Deckel auf dem Foto auch erkennen“, erklärt Becker. Die Farbe wird in ein paar Wochen wieder verschwunden sein. Durch die Bestandsaufnahme hat er auch gleich kontrollieren können, ob überall die vorgeschriebenen Schilder hängen, die auf die Hydranten hinweisen.

Teilweise habe er auch neue entdeckt, die bisher in keiner Liste auftauchen. Ob im Ernstfall genügend Wasser rauskommt, soll an manchen Stellen im Sommer im Rahmen der Ausbildung kontrolliert werden. Eine Liste mit Mängeln geht an die Wasserwirtschaft. Nebenbei muss Michael Becker viel Aufklärungsarbeit leisten. „Viele wissen gar nicht, wo ihr Hydrant ist.“ Andere wiederum streichen ihren sogar regelmäßig oder sorgen dafür, dass die Unterflurhydranten nicht zuwachsen. Dafür sei er sehr dankbar.

App warnt vor Gefahrgut

Im vergangenen Jahr hat Michael Becker mit der Erfassung begonnen. „Da waren wir zu siebt unterwegs und haben fünf Hydranten in anderthalb Stunden geschafft. Alleine bin ich doppelt so schnell.“ Wann immer er Zeit findet, marschiert er nun los. Fast ist es geschafft. Maximal 70 fehlen noch, so Becker.

Ein weiterer Vorteil: Die Karte zeigt auch die Hydranten der Nachbarn in Coswig oder Niederau. Die waren auch schon fleißig und haben alles eingetragen.

Aber das Tablet kann noch viel mehr. Über den Kommandowagen ist es mit dem Internet verbunden. Und auch bei Verkehrsunfällen helfen die Funktionen auf dem iPad. Für jeden Fahrzeugtypen sind die sogenannten Rettungsdatenblätter gespeichert. Die sollte eigentlich jeder unter der Sonnenblende haben, aber Becker gibt zu, dass das nur sehr selten der Fall ist. Das Dokument verrät den Feuerwehrleuten, wo zum Beispiel die Airbags, Karosserieverstärkung und die Batterie ist. „Durch die Technik hat sich an den Fahrzeugen in den letzten Jahren viel verändert. Es gibt Stellen, wo wir die Autos nicht aufschneiden dürfen“, erklärt Becker.

Sollte in den Unfall ein Gefahrguttransporter verwickelt sein, finden die Einsatzkräfte mit einem Klick heraus, was geladen ist und wie sich die Kameraden zu verhalten haben. Ein Foto der Gefahrentafel genügt und man weiß, dass es sich zum Beispiel um Benzin handelt. Auch hier musste vorher im Buch nachgeschlagen oder bei der Rettungsleitstelle nachgefragt werden. Zudem rechnet die App während eines Einsatzes aus, wie lange die Atemluft in den Druckgasflaschen noch ausreicht und wann der Trupp das brennende Gebäude wieder verlassen muss.

Offiziell ist der Tablet-Computer in Weinböhla noch nicht in Betrieb. Sobald alle Hydranten erfasst sind, will Michael Becker die Führungskräfte der Wehr im Umgang mit der neuen Technik schulen.