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Feuerwehr-Einsatz auf der Bühne

Der neue Schwank im Radeberger Biertheater wartet mit jeder Menge Neuerungen auf. Und wird hitverdächtig.

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© Thorsten Eckert

Von Jens Fritzsche

Radeberg. Die echte Feuerwehr musste bisher zum Glück noch nie im Biertheater anrücken. Aber 2003 wäre es um ein Haar passiert. Damals hatte bei einer Vorstellung im Februar eine im Stück verwendete Wunderkerze eine Gardine der Bühnendekoration in Brand gesteckt, was von den Akteuren zunächst unbemerkt geblieben war. Aber zum Glück hinter der Bühne. Von dort eilte dann der Holländer Bart Liedenbaum – der in den ersten Biertheater-Jahren zum Ensemble gehörte – auf die Bühne und löschte. Passenderweise mit einem Schwapp Radeberger Pilsner.

Fotos von der Premiere im Biertheater

Nun, 13 Jahre später, rückt die Feuerwehr tatsächlich an. Und das quasi jeden Abend. Denn im neuen Stück „Malzau läuft heiß“ dreht sich alles um die Feuerwehr. Um die des Biertheater-Dörfchens Malzau. Die wird nämlich 145 – und das soll selbstverständlich gefeiert werden. Aber die freiwilligen Löscher dürfen nicht. Sagt zumindest die strenge Bürgermeisterin. Denn eine Feier ist ja irgendwie stets mit Bierkonsum verbunden – und das mag die regierige Dame nicht. Aber Feuerwehrchef „Backe“ hat vorgebaut. Heimlich. Und zwar so heimlich, dass selbst seine Feuerwehr-Kameraden nichts davon mitbekommen haben. Allerdings macht sich „Backe“ ausgerechnet jetzt auf Urlaubsreise mit seiner Frau Renate. Erstmals seit 30 Jahren.

Pfiffiger Politiker

Dass damit die Malzauer Feuerwehr nun sozusagen ohne Oberhaupt ist, nutzt Bürgermeisterin Gisela als pfiffige Politikerin natürlich aus – und krönt sich wie einst Napoleon kurzerhand selbst. Zwar nicht zum Kaiser, aber immerhin zum Feuerwehrchef. Doch keine Bange, natürlich wird am Ende doch noch gefeiert. Und das mit den Radeberger Bierhähnen als Party-Höhepunkt. Und die rocken die Bude so richtig! Bis dahin aber gibt es jede Menge Verstrickungen, Verschwörungstheorien –  und vor allem eine Menge augenzwinkernder Anspielungen aufs Thema Feuerwehr. Wobei Autor Thomas Rauch zu Recht eine Menge Hochachtung für den ehrenamtlichen Einsatz der freiwilligen Feuerwehren in die Dialoge hineingeschrieben hat!

Aber natürlich wurde vor der Premiere Donnerstagabend an den ausverkauften Tischen im Kaiserhof vor allem darüber getuschelt, wie denn wohl der Malzau-Abend erstmals ohne Stamm-Autor und Hauptdarsteller Peter Flache funktionieren würde. Flache – der hier ja traditionell den „Backe“ spielt – hatte sich die Figuren und das Dörfchen Malzau bekanntlich vor 15 Jahren ausgedacht und nimmt nun eine einjährige Auszeit. Aber Malzau ohne „Backe“? Nun gut, so ganz ohne stimmt ja nun auch wieder nicht. Denn „Backe“ ist trotz Abwesenheit letztlich doch irgendwie präsent. Schließlich schreibt er Urlaubskarten aus Freienhufen und Großräschen. Und doch: Weil er seinen langjährigen Freund Harry – wie immer herrlich liebenswürdig doof gespielt von Holger Blum – nun im bisher gemeinsam gekämpften Kampf gegen Bierverbot und eheliche Unterdrückung schmählich allein lässt, sucht sich Harry neue Verbündete. In der Feuerwehr.

Witzige Duette

Flache-Fans werden sicher anfangs die geliebten Kabbeleien zwischen „Backe“ und Harry vermissen, aber finden in dieser neuen Malzau-Folge auch schnell andere witzige Duette. Vor allem werden sie „die“ Neue ins Herz schließen: Angelika Himmel, Partnervermittlerin und „Frauen-Spielzeug“-Verkäuferin aus Berlin. Grandios großstädtisch herablassend gespielt von Neuzugang Peter Splitt. Der spürbar bühnenerfahrene Dresdner bringt eine Figur auf die Bühne, mit der die Biertheater-Fans noch viel Freude haben werden. Und die nicht nur frischen Großstadtwind ins beschauliche Malzau bläst, sondern in den kommenden Jahren gemeinsam mit Bürgermeisterin Gisela – seit Jahren wunderbar energisch männerhassliebend gespielt von Hans-Jörg Hombsch – und „Backe“-Frau Renate zu einem furiosen Frauen-Trio gegen Malzaus Männerwelt zusammenwachsen wird.

Dass auch Renate aus Krankheitsgründen kurzfristig durch Gabi Köckritz ersetzt werden musste, die aber keine Kopie spielt, sondern erfrischend keck eine ganz eigene Note einbringt, wurde von den Premieren-Zuschauern hörbar begeistert beklatscht. Und richtig ist auch die Entscheidung, für die Peter-Flache-Auszeit nicht einfach einen anderen Akteur in die Rolle von „Backe“ zu quetschen!

So musikalisch wie noch nie

Viel Neues also in Malzau. Auch das Bühnenbild. Denn erstmals spielt der Malzau-Schwank nicht in „Backes“ Wohnstube, sondern bei der Feuerwehr. Und so musikalisch wie diesmal, waren die Malzau-Geschichten auch noch nie. Eine super Idee, die einzelnen Szenen mit textlich passenden Schlager-Schnipseln abzuschließen. Und was für ein Auftritt, wenn Hans-Jörg Hombsch als Gisela beim Blumengießen den electra-Hit „Das kommt, weil Deine Seele brennt“ ins Publikum schmettert!

Gewürzt wird der Abend mit urkomischen Regie-Einfällen von Ulrich Schwarz. Wenn er die Malzauer Wehr in Zeitlupe zum Einsatz ausrücken lässt – oder Jens Albrecht als Grohmann-Siggi zackig in NVA-Grundwehrdienst-Befehlsbrüllerei-Manier ans Feuerwehr-Telefon schickt. Wie sagte Ulrich Schwarz schließlich bei der Pressekonferenz vorm Biertheaterstart grinsend: „Es reicht, zu ahnen, was gerufen wird.“ Und Thomas Rauch, erstmals Akteur und Autor in Personalunion, ist der nicht leichte Spagat gelungen zwischen Altbewährtem und neuer Tapete.