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Feuerfalle Rathausdach

Der Dachboden des Dresdner Rathauses ist lebensgefährlich, die Sanierung drängt. Bislang kann die Stadt aber immer noch keinen Planer finden.

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© Tilo Wirtz

Von Sandro Rahrisch

Es dürfte der Wunsch vieler Dresdner sein, den der Grünen-Stadtrat Thomas Löser ausspricht: „Ich möchte noch erleben, dass der Rathausturm wieder begehbar ist.“ Dieser Tag rückt aber eher in die Ferne, als dass er greifbar nahe wäre. Denn bislang will kaum ein Ingenieur die technische Ausrüstung in der nächsten Etappe der Rathaussanierung planen.

Der Job ist mangels Bewerber erneut ausgeschrieben worden. „Mit einer Vergabe ist nunmehr statt im Frühjahr erst im Herbst zu rechnen“, sagt Linken-Bauexperte Tilo Wirtz. Der Baubeginn verschiebe sich damit um ein bis zwei Jahre, schätzt er. Das wäre vermutlich alles nicht so schlimm, wenn die Bauaufsicht nicht Druck machen würde. Denn die Brandschutzmängel im unsanierten Teil des Rathauses sind so gravierend, dass für die fast 160 Mitarbeiter im vierten Stock Lebensgefahr besteht, sollte im Dachstuhl ein Feuer ausbrechen. „Zwischen dem hölzernen Dachstuhl und den Büros befinden sich verputzte Sauerkrautplatten, der Feuerwiderstand ist gleich null“, sagt Wirtz, der selbst auf den Dachboden geklettert ist und die Zustände fotografiert hat. So sind über den Platten Mineralfaserklumpen zu sehen, dazwischen lose Stromleitungen. „Ein Brand kann sich ins restliche Rathaus ungehindert ausbreiten.“ Längst ist klar, dass die Bauaufsicht nicht bis zum Sanierungsbeginn warten wird. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) hatte deshalb vorgeschlagen, die vierte Etage sofort zu räumen und im gesamten unsanierten Teil des Rathauses provisorische Brandschutzmaßnahmen zu ergreifen. Rund zwei Millionen Euro würde das zusätzlich zur Sanierung kosten.

Der Räumung stimmte die rot-grün-rote Ratsmehrheit vergangene Woche auch zu, dem Provisorium aber vorerst nicht. Denn für die Kooperation kommt auch ein Komplettauszug der Ämter infrage. In diesem Szenario würde der Betrieb Stück für Stück ausgelagert und das Rathaus könnte in einem Rutsch fertig saniert werden.

Der Stadtrat hat den OB am Donnerstag bereits beauftragt, nach geeigneten Büros in der Stadt Ausschau zu halten. Immerhin müssten rund 580 Mitarbeiter ihre Kisten packen. Nach Schätzungen der Stadtverwaltung würde der Komplettumzug, die Mitarbeiter im sanierten Rathausteil ausgenommen, etwa 20 Monate dauern. Die Ämter wären über die Stadt verstreut. Eine endgültige Entscheidung soll aber erst im Herbst getroffen werden, wenn feststeht, was die beiden Varianten jeweils kosten würden und ob Dresden die weitere Rathaussanierung in einem Rutsch finanziell überhaupt stemmen könnte. „Im Ganzen wäre es zwar billiger, aber so viel Geld steht in der Kürze der Zeit nicht zur Verfügung“, machte CDU-Bauexperte Gunter Thiele bereits deutlich.

In 20 Jahren, hofft Thomas Löser, kann man vielleicht wieder vom Turm schauen.