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Feuchttücher im Abwasser

Sie verstopfen regelmäßig die Pumpen des AZV Kalkreuth. Zwei Dörfer stehen unter Verdacht, besonders häufig die Tücher in der Toilette zu entsorgen.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Jörg Richter

Kalkreuth. Die Mitarbeiter der Kalkreuther Kläranlage besitzen einen Karton mit Kuriositäten. Es sind Dinge, die normalerweise nicht ins Klo geworfen werden. Ein gelber Spielzeugrechen ist darunter, ein Federball, Spritzen aus Plaste und sogar ein älteres Handy der Marke Nokia. Aber die „Perle“ der kleinen Sammlung ist eine erstklassig geformte Gebissprothese. Der technische Leiter Lars Hubeny hat sie vor etwa einem Vierteljahr aus einer verstopften Pumpe herausgeholt.

Um diese Tauchpumpe haben sich zahlreiche Feuchttücher umwickelt. Ein Anblick, den die AZV-Mitarbeiter leider häufig sehen.
Um diese Tauchpumpe haben sich zahlreiche Feuchttücher umwickelt. Ein Anblick, den die AZV-Mitarbeiter leider häufig sehen. © AZV Kalkreuth

Solche Fundsachen bringen ihn und seine drei Kollegen zum Lachen. „Sie sind mit Sicherheit aus Versehen in die Toilette gefallen“, sagt Hubeny schmunzelnd. Bei anderen Dingen wird der Blick des 25-Jährigen aber ernster. Denn immer wieder haben die Mitarbeiter des Abwasserzweckverbandes (AZV) Gemeinschaftskläranlage Kalkreuth Ärger mit Feuchttüchern. Durchschnittlich einmal pro Woche müssen sie rausfahren zu einem der 53 Pumpwerke, um die Tauchpumpen zu reinigen. Erst am Mittwoch war es wieder so weit. Zwei Eimer Dreck haben sie rausgeholt. Das meiste davon waren die besagten Feuchttücher.

Mit denen werden meist die Popos von Babys abgewischt, wenn sie gewindelt werden. Einige Eltern schmeißen die beschmierten Tücher anschließend in die Toilette. „Dabei steht auf den meisten Verpackungen, dass die Feuchttücher nicht ins Klo gehören“, sagt Rosmarie Hausmann, die neue AZV-Geschäftsführerin. Das Problem dabei sei, dass diese Feuchttücher zu 100 Prozent aus Plaste bestehen. „Und die zersetzt sich nicht, wie zum Beispiel Toilettenpapier“, so Rosmarie Hausmann. Wenn die Feuchttücher in die Pumpenwerke gelangen, würden sie sich um die Laufräder der Tauchpumpen wickeln und durch deren Hitze zusätzlich ineinander verschmelzen und verklumpen. Dann gibt es eine elektronische Fehlermeldung und die AZV-Techniker müssen raus, um die Pumpen zu reinigen. „Das ist alles zusätzliche Arbeit, die nicht sein müsste“, sagt Rosmarie Hausmann.

Seit 1. Juni ist sie die neue Geschäftsführerin des hiesigen Abwasserzweckverbandes. Eine Statistik, wie viele Mehrkosten durch die verstopften Pumpen entstanden sind, hat sie nach so kurzer Zeit noch nicht parat. Aber sie ist dabei, sie zu erstellen. Denn das Problem ist ernst. Mehrere Versuche, die Einwohner der im AZV vereinten Gemeinden Ebersbach, Thiendorf, Schönfeld, Lampertswalde und Moritzburg für dieses Thema zu sensibilisieren, seien bisher gescheitert. Nach wie vor schmeißen Leute achtlos Dinge in die Toiletten, die da nicht reingehören. Unter anderem auch Kondome, Damenbinden und Essensreste. Doch am schlimmsten sind die Feuchttücher.

Eine Statistik kann die studierte Juristin dann doch vorweisen: Am häufigsten tritt das Problem mit den Feuchttüchern in der Pumpstation Kleinnaundorf auf. „Momentan ist dort der Höhepunkt der Störungen“, sagt Rosmarie Hausmann. „Fast wöchentlich sind wir dort draußen.“

Im dortigen Pumpwerk kommen die Abwasserleitungen von Kleinnaundorf und Tauscha zusammen. Damit liegt der Verdacht nahe, dass in diesen beiden Dörfern besonders oft die Toilette mit dem Windeleimer verwechselt wird. Denn dort gehören die Feuchttücher eigentlich hinein.

Ein Problem, das letztlich alle betrifft. Denn die Reinigung und Wartung der Tauchpumpen schlägt sich in den Abwasserkosten nieder. Und die haben alle, die am zentralen Abwassernetz angeschlossen sind, zu bezahlen.

In jeder der hiesigen 53 Pumpwerke sind normalerweise zwei Tauchpumpen. Geht eine kaputt, muss eine neue gekauft werden. Und die kosten durchschnittlich rund 2 000 Euro.