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Festung Reitstall

Diebe stehlen immer wieder teure Sättel. Zuletzt in Kodersdorf. Reiter schützen sich nun selbst.

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© Jens Trenkler

Von Katja Schlenker

Freiheit – das verbinden viele mit Pferden. Im Galopp über Felder und Wiesen reiten, sich den Wind durch die Haare wehen lassen. Für eine Stunde oder zwei den Alltag vergessen. Doch momentan ist den Reitern der Region eher mulmig zumute. Denn sie sind erneut das Ziel von Dieben. In der Nacht zu Mittwoch passiert es. Kurz nach Mitternacht. „Da ging der Bewegungsmelder immer wieder an und begann der Hund plötzlich zu bellen“, erzählt Kati Hennig. Sie ist die Inhaberin der Reitanlage „Am Schlosspark“ in Kodersdorf.

Diese ist das jüngste Ziel von Dieben, die es auf wertvolle Sättel abgesehen haben. Weil immer wieder das Licht auf dem Hof angeht und der Hund so unruhig ist, schnappt sich Kati Hennig mitten in der Nacht schließlich eine Taschenlampe und geht nachschauen. An der Türe zur Sattelkammer sind eindeutige Spuren zu sehen. Daraufhin ruft sie bei der Polizei an. Beamte kommen noch in der Nacht zum Hof und untersuchen den Tatort.

An der Tür ist ein Schaden in Höhe von rund 200 Euro entstanden, resümiert die Polizeidirektion Görlitz. Die Kriminalpolizei ermittelt. Außerdem rät die Polizei Pferdehofbetreibern zu erhöhter Aufmerksamkeit. In den vergangenen Monaten sind aus den Landkreisen Bautzen und Görlitz, aber auch anderen sächsischen oder brandenburgischen Regionen weitere Fälle bekannt geworden. Offenbar bestehlen Unbekannte gezielt Reiterhöfe. Im Fokus steht immer dasselbe Diebesgut – Sättel und Zaumzeuge. Beides kann sehr teuer sein, wenn es sich um hochwertige Produkte handelt. Folglich geht der finanzielle Schaden in die Zehntausende.

Vor etwa vier Wochen hat es den Reitstall von Katrin Kuhn getroffen. Der liegt in unmittelbarer Nähe der Anlage am Schlosspark. Rund 40 000 Euro Schaden entsteht dort, weil zwei Dutzend Sättel gestohlen werden. Die Polizei rät, Sattelkammern und Stallungen mit baulichen Maßnahmen zu verstärken sowie mit entsprechender Alarmtechnik zu versehen. Diebe scheuen das Risiko, entdeckt zu werden. Insbesondere Lärm, Licht und ein erhöhter Zeitaufwand tragen dazu bei. Wer möchte, kann sich diesbezüglich auch fachlich von den Experten der Polizei beraten lassen.

Auch Kati Hennig hat ihre Anlage nach dem Einbruch im Reitstall von Katrin Kuhn zusätzlich gesichert. Das hat offenbar dabei geholfen, die Diebe zu vertreiben, weil der Einbruch nicht schnell genug umgesetzt werden konnte. Doch eine weitere Erkenntnis erscheint Kati Hennig viel gruseliger als der Einbruch an sich. „Die Diebe müssen uns vorher beobachtet haben“, sagt sie. „Offenbar haben sie gewartet, bis wir ins Bett gegangen sind.“ Zudem ist die Sattelkammer nicht von der Straße aus einzusehen. Dass die Diebe den Einbruch versuchen, obwohl Kati Hennig direkt an der Anlage wohnt, nennt sie „ziemlich dreist“.

Dass es erneut einen Vorfall in Kodersdorf gegeben hat, hat sich rasch herumgesprochen. „Wir können nur hoffen, dass nichts passiert“, sagt Matthias Barth, der Vorsitzende des Reit- und Fahrvereins „Wehrkirch“. Auch dessen Stall in Horka ist abgesichert, die Fenster sind vergittert und die Sattelkammer ist immer abgeschlossen, wenn keiner im Stall ist. Diese und weitere Sicherheitsmaßnahmen habe die Versicherung gefordert. „Das ist zwar ein bisschen umständlich mit der Sattelkammer, aber es nutzt nichts“, sagt Matthias Barth. Trotz all der Maßnahmen ist ihm bewusst, dass auch der Stall in Horka nicht vor einem Einbruch gefeit ist. Jedoch hofft er, dass die zentrale Lage zwischen Wohnhäusern in Horka Diebe abschreckt.

Im Internet gibt es sogar eine Gemeinschaft, die sich mit dem Thema Sattelklau befasst. Dort können Einbrüche in Reitställe in Deutschland, Österreich und der Schweiz registriert werden. Durch das Netzwerk sollen Reiter und Stallbesitzer in den betroffenen Regionen gewarnt werden. Auch der Bereich zwischen Görlitz und Bautzen gehört laut der Internetseite derzeit zu den Regionen, in denen die akute Gefahr eines organisierten Satteldiebstahls besteht.

Mittlerweile müssen Reiter sich überlegen, wie sie ihr Equipment sichern. So gibt es zum Beispiel abschließbare Sattelhalter. Dabei handelt es sich um ein Gestell, auf das der Sattel gehängt werden kann, wenn er nicht zum Reiten genutzt wird. Die Kosten für solch einen abschließbaren Sattelhalter liegen bei etwa 200 Euro. Und sind damit wesentlich niedriger als der Wert des Sattels. Ein hochwertiger Sattel kann durchaus über 3 000 Euro kosten.

Auch Alarmanlagen oder Videoüberwachung sind denkbar und in einigen Reitanlagen bereits üblich. Zudem können Sättel mittlerweile auch per GPS geortet werden. Dass der Reitstall zur Festung und das Equipment derart gesichert werden muss, verdirbt fast die Freude am Reiten. Aber eben nur fast.