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Fernfahrkarten? Fehlanzeige!

Ein neuer Betreiber hat mehrere Bahnstrecken zwischen Riesa, Chemnitz und Döbeln übernommen. Das hat Folgen.

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© Dietmar Thomas

Von Cathrin Reichelt

Region Döbeln/Riesa. Ratlos steht das Paar vor dem Fahrkartenautomaten am Gleis 1 des Döbelner Bahnhofes. Der Bildschirm ist dunkel. Dort gibt es definitiv keine Tickets. Eine ältere Dame, die öfter mit dem Zug unterwegs ist, hat dieselbe Erfahrung schon einige Tage zuvor gemacht. Sie schickt das Paar auf die andere Seite des Bahnhofes zu Bahnsteig 3. Dort steht ein Automat, der funktioniert. Allerdings bekommen die Reisenden nicht für jede Strecke ein Ticket: Fernfahrkarten Fehlanzeige.

Den blau-weißen Automaten hat die Mitteldeutsche Regiobahn (MRB) aufgestellt. Sie hat Mitte Juni die Strecke Leipzig-Grimma-Döbeln-Chemnitz übernommen und bietet nur Fahrkarten für den Nahverkehr an. „Leider können wir aus vertraglichen Gründen keine Fahrkarten des Fernverkehrs verkaufen. Der Kunde hat aber die Möglichkeit, an unseren Automaten eine Fahrkarte des Nahverkehrs zu kaufen und dann ohne Bordpreis im Fernverkehrszug den Differenzpreis zwischen Nah- und Fernverkehr zu bezahlen“, erklärt Nadine Lachmund, Pressesprecherin der MRB. Es gibt aber noch eine Alternative: das DB-Reisezentrum, in dem Hannelore John im Bahnhof Fahrkarten aller Art verkauft. Sie spürt den Wegfall des Automaten. „Normalerweise ist im Juli und August immer eine Flaute. Aber in diesem Jahr ist davon bisher nichts zu merken“, sagt sie.

Trotzdem werden die Bahnkunden demnächst vor verschlossener Tür stehen und auf den Rat der Pressesprecherin zurückgreifen müssen. Denn nach drei Jahren genehmigt sich Hannelore John mal wieder eine Woche Urlaub. Eine Vertretung gibt es ebenso wenig wie einen Nachfolger. Bis September 2019 sitzt Hannelore John noch hinter dem Fahrkartentresen. Dann geht sie in den Ruhestand. Inzwischen kann sie sich etwas mehr darauf freuen. Die MRB habe versprochen, dass sie sich kümmern werde. Auch die Pressesprecherin sagt: „Bei einer erfolgreichen Verkaufsagentur sind wir zuversichtlich, dass sich ein Nachfolger-Betreiber finden wird.“ Das sei eine große Erleichterung. „Ich habe mich sehr gefreut“, meint Hannelore John.

Weniger begeistert ist mancher Bahnkunde. Denn die Züge der MRB stoppen an jedem noch so kleinen Bahnhof – egal, ob jemand ein- oder aussteigen will. In den Zügen der Deutschen Bahn hatte es sogenannte Bedarfshaltetasten gegeben. Wer aussteigen wollte, drückte den Knopf, und der Zug hielt am nächsten Bahnhof. Passierte das nicht und stand auch niemand auf dem Bahnsteig, setzte der Zug seine Fahrt ohne Stopp fort. Pressesprecherin Nadine Lachmund begründet den Wegfall der Bedarfshalte mit zwei unterschiedlichen Fahrzeugtypen, die die MRB nutzt. Näher erläutert sie diese aber nicht.

Andreas Riethig vom Eisenbahnverein lobt die großzügigen Mehrzweckbereiche im Zug, die sowohl ohne Stufe von den Bahnsteigen her zugänglich sind, als auch genügend Platz für Rollstuhlfahrer und Fahrgäste mit Kinderwagen oder Fahrrad bietet.

Negativ ist ihm aufgefallen, dass die Entwerter für die Fahrkarten von den Bahnsteigen verschwunden sind. Die waren Eigentum der DB, die sie abgebaut hat. Jetzt haben die Reisenden nur die Möglichkeit, ihre Fahrkarten im Zug zu entwerten. In den Wagen der Linie RB 45 (Elsterwerda - Riesa-Döbeln-Chemnitz) sind Entwerter installiert. In den Zügen der Linie RB 110 (Döbeln-Grimma-Leipzig) übernimmt die Entwertung ein Kundenbetreuer.

Ganz persönlich bedauert Andreas Riethig, dass er mit der MRB die Vergünstigungen als ehemaliger Mitarbeiter der DB nicht mehr in Anspruch nehmen kann, „so wie viele meiner Kollegen auch“, meint er. Dem entgegnet Nadine Lachmund: „Mitarbeiter der DB können bei uns ein Abo für vergünstigte Jobtickets für DB-Mitarbeiter abschließen.“