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Ferkel gucken im Groß-Unternehmen

Martin Steinborn hat einen der größten Landwirtschaftsbetriebe in Familienbesitz. Jetzt ließ er viele Besucher in seine Anlage .

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Bieberach. Das Schild an der Steuerungseinrichtung der Biogasanlage ist unmissverständlich: „Unbefugten ist das Betreten verboten“. Doch das ist heute außer Kraft gesetzt. Martin Steinborn, der Eigentümer der Schweineproduktion in Bieberach nahe der Schäferei, hat extra zum Schauen eingeladen. Und schon bei der ersten Führung am Morgen ist der Andrang groß.

Martin Steinborn gründete seinen Betrieb 1991,kaufte er die Altanlage Bieberach 1999. Seither hat er hier fünf Millionen Euro investiert.
Martin Steinborn gründete seinen Betrieb 1991,kaufte er die Altanlage Bieberach 1999. Seither hat er hier fünf Millionen Euro investiert. © Klaus-Dieter Brühl

Es war ein ganzes Wochenende, an dem sich der Landwirtschaftsbetrieb nach großer Investition nun präsentierte. „Am Freitag haben wir mit den Geschäftspartnern, Banken und Nachbarbetrieben gesessen“, so der Schönfelder Landwirt. Am Sonnabend war Verpächtertag. Und Sonntag ist der Betrieb für die Öffentlichkeit zugänglich. Es kamen Familien mit kleinen Kindern, interessierte Anwohner, gestandene Bauern und ehemalige Mitarbeiter. So auch Helmut Kirsche aus Rödern. Bis 2000 arbeitete der heute 66-Jährige beim Gut Kalkreuth, dem das Gelände bis zum Verkauf gehörte. „Das ist jetzt eine ganz andere Welt“, meint Kirsche in Bezug auf die moderne Technik. „Nicht mehr zu vergleichen mit früher.“ Aus den Worten des Röderners spricht Hochachtung, „was ein Familienbetrieb so schaffen kann“.

Tatsächlich lässt Martin Steinborn seine Gäste in jeden Winkel schauen – nur Schweine streicheln, das geht wegen der strengen Hygienevorschriften nicht. Er hat extra eine Plexiglasbox in den Ferkelstall gebaut, damit die Besucher aber so weit wie möglich Einblick bekommen. Etwa 25 Läufer tummeln sich hier in jeder der 16 Buchten, bekommen individuelles Futter und in der ersten Zeit auch noch Wärme aus der Biogasanlage. Wenn sie mit der Nase an die Futtertrichter stupsen, wird auch gleichzeitig ihr Spieltrieb befriedigt.

Fünf Millionen Euro investiert

Nach Fertigstellung dieses Ferkelstalls wurde 2014 ein neuer Maststall gebaut – ein Alter bekam zusätzlich ein neues Innenleben. Auch hier schauen die Besucher neugierig durchs Fenster, und sie staunen über die hohen Futtersilos. „Zu 90 Prozent können wir unsere Tiere mit eigenem Futter bedienen“, sagt Martin Steinborn. Auf privaten und gepachteten Flächen wachsen Gerste und Triticale. Je 700 Tonnen fassen die beiden Silos. Das dunkelgraue Harvestersilo – so erzählt der Landwirt stolz – kommt aus den Staaten, hier wird Mais gasdicht getrocknet. Mais für die Biogasanlage. Sie war das Erste in der insgesamt fünf Millionen Euro teuren Investition am Standort. Doch während es für die Schweineproduktion eine 25-prozentige Förderung gab, kam Martin Steinborn bei der Biogasanlage schon zu spät. „Sie trägt sich auch so“, setzt er aber in seiner bauernschlauen Art hinzu.

Dass keiner der Besucher etwas riecht, hat seinen Grund. Denn in den vier Behältern befindet sich Biogassubstrat, dessen Ammoniak- und Schwefelverbindungen gelöst sind. Beschickt wird die Anlage mit Tierexkrementen, Gras- und Maissilage. Die großen Lager können die Besucher sehen. „Biogas gehört dorthin, wo Tiere gehalten werden, denn wir haben die Rohstoffe dafür“, bekräftigt Steinborn mit einem Seitenhieb auf separate Gesellschaften, die nicht aus der Landwirtschaft sind.

Stündlich kann seine Anlage 500 kW produzieren, „wenn die Technik nicht spinnt“, so Steinborn. Was er nicht selbst braucht, geht als freie Spitze ans Netz. Im Schaltraum schauen einige Jungs interessiert auf einen Computer. So technisiert ist also Landwirtschaft heute.

Doch der Grundeindruck bleibt, dass hier ein nahezu geschlossener Kreislauf aufgebaut wurde. Mit einem beachtlichen Fuhrpark – sieben Traktoren, ein Ferkel-Lkw, Feldhäcksler, Gülletruck und ein Mähdrescher, der auch Mais pflücken kann – betreibt Familie Steinborn mit zehn Angestellten auch den nötigen Feldbau. Das Getreide wird mit Abluft getrocknet, die in der kalten Jahreszeit auch alle Gebäude heizt.

Dass die Tiere modern und artgerecht gehalten werden, davon kann sich hier jeder überzeugen. Allerdings müssen die Mitarbeiter jedes zweite oder dritte Wochenende arbeiten. Um am Markt dann auch einen angemessenen Preis zu erzielen, hat sich Martin Steinborn mit anderen Fleischproduzenten zu einer regionalen Erzeugergemeinschaft für den Verkauf zusammengeschlossen.

Zwei Töchter der Steinborns – Anna und Gitta – studieren Agrartechnik bzw. Veterinärwesen und sichern mit ihren Männern den Fortbestand des Familienunternehmens. Denn erst in 15 Jahren, so Vater Steinborn, haben sich die Ausgaben vermutlich amortisiert.