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Fels-Geheimnisse gelüftet

Für das Zittauer und Lausitzer Gebirge gibt es jetzt einen digitalen Kletterführer. Darüber freuen sich auch Naturschützer.

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© Matthias Weber

Von Mario Sefrin

Das Zittauer Gebirge ist ein Klettergebiet allererster Güte. Das weiß Bernd Stieler, der 1. Vorsitzende der Zittauer Sektion des Deutschen Alpenvereins (DAV) nur zu gut. Der Verein hat in der Region eine lange Tradition – im Jahr 2012 wurde das 125-jährige Bestehen gefeiert – ist mit mehr als 1 000 Mitgliedern mittlerweile der zweitgrößte Sportverein im Landkreis Görlitz und unterhält seit einigen Jahren auch Ortsgruppen in Görlitz und im tschechischen Novy Bor.

Künftig werden noch mehr Bergsportfreunde als bisher die Qualität der Kletterregion im südöstlichsten Zipfel Sachsens kennen und schätzen. Denn der Alpenverein hat seine Verbindungen nach Tschechien noch enger geknüpft. Seit 1. September haben Klettersportler und Bergfreunde die Möglichkeit, sich ihre Touren an Felsen im Zittauer Gebirge sowie im südlich davon gelegenen Lausitzer Gebirge in Tschechien im Internet zusammenzustellen und ganz nebenbei noch viele Informationen über Anreise, Parkmöglichkeiten, Zustiege, Felsbeschaffenheit und Schwierigkeitsgrad zu sammeln. Möglich macht das ein zweisprachiger Kletterführer, den der Alpenverein erfasst hat und der über die DAV-Internetseite erreichbar ist. Bislang sind in diesem digitalen Kletterführer 130 Klettergipfel auf deutscher sowie 53 auf tschechischer Seite gelistet.

Entstanden ist der Kletterführer aus einem Verwaltungsakt des Landkreises heraus: der Erstellung einer Allgemeinverfügung für das Felsklettern im Zittauer Gebirge. „Hier waren bis vor einigen Jahren 80 Kletterfelsen anerkannt. Daneben wurde auch an anderen Felsen geklettert, was oft zwar geduldet, aber rechtlich nicht sauber war“, sagt Bernd Stieler. Schließlich spielt beim Klettern der Naturschutz eine große Rolle, da Felsbildungen zu gesetzlich geschützten Biotopen zählen, wenn sie mehr als 1,50 Meter aus dem Boden ragen und eine standorttypische Vegetation haben. Dort sind alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung oder erheblichen Beeinträchtigung führen können. Bei rund 50 Felsen im Zittauer Gebirge fehlten bislang eindeutige Rechtsgrundlagen fürs Klettern. Diesen Konflikt habe der Alpenverein für die Zukunft umgehen wollen, so Bernd Stieler. Darum hat der Alpenverein 2009 das Gespräch mit der Unteren Naturschutzbehörde beim Landkreis Görlitz gesucht – und ist dort auf offene Ohren gestoßen. Jeannette Gosteli, Sachbearbeiterin bei der Unteren Naturschutzbehörde, sagt: „Welche Felsen zum Klettern geeignet sind, muss zuvor im Einzelfall geprüft und genehmigt werden.“ Anders als in westdeutschen Klettergebieten üblich sei aber die Erstellung einer Kletterkonzeption für das Zittauer Gebirge nicht erforderlich gewesen, so Jeannette Gosteli. „Hier sind die Bedingungen anders. Wir müssen weniger auf den botanischen Artenschutz achten, dafür mehr auf geschützte Vögel.“ Darum sei eine Allgemeinverfügung für das Zittauer Gebirge ausreichend, so Jeannette Gosteli. Diese legitimiert rechtlich den bisherigen Klettersport im Zittauer Gebirge und damit die Felsen, an denen geklettert wird.

Bevor die einzelnen Felsen von der Naturschutzbehörde die Ausnahmegenehmigung als Kletterfelsen bekamen, haben sich die Mitarbeiter der Behörde, unterstützt von Studenten, die Felsen genau angesehen – und dabei deren Lage, Zuwegungen und Besonderheiten erfasst. Mit dieser Felsen-Datenbank war die Grundlage für den digitalen Kletterführer fürs Zittauer Gebirge gelegt. Aus Sicht des Alpenvereins und der Naturschutzbehörde bietet dieser Kletterführer viele Vorteile. „Wir können die Klettergebiete beiderseits der Grenze vorstellen und dabei auf Gefahren hinweisen. So helfen wir, Unfälle zu vermeiden. Wir können aber auch melden, wenn Felsen aus Artenschutzgründen gesperrt sind. Und sogar die sächsischen Kletterregeln sind im digitalen Kletterführer zu finden“, sagt Bernd Stieler. All die gesammelten Informationen können auch tschechischen Kletterern vermittelt werden. Denn dank der Unterstützung der DAV-Ortsgruppe Novy Bor und finanzieller Hilfe der Europäischen Union gibt es den digitalen Kletterführer auch in tschechischer Sprache. Künftig soll der Kletterführer im Internet außerdem noch in die englische Sprache übersetzt werden, sagt Bernd Stieler.

Nach der Erfassung der Felsen im Zittauer Gebirge liegt der Schwerpunkt der Arbeit nun in Tschechien. Bislang sind 53 Felsen im Lausitzer Gebirge erfasst, weitere werden nach und nach in den Kletterführer eingearbeitet. Künftig soll der digitale Kletterführer Informationen zu knapp 100 Felsen in Tschechien bieten. Und da der Internetempfang im Wald oft nicht gut ist, kann man sich alle Informationen auch als Datei im PDF-Format herunterladen.