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Feine Räder

Vor 200 Jahren wurde das Fahrrad erfunden. In Weinböhla gibt es seit Gründonnerstag dazu eine einzigartige Ausstellung.

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© Arvid Müller

Von Peter Redlich

Weinböhla. Man könnte meinen Karl Friedrich Christian Ludwig Freiherr Drais (1785-1851) sei höchstselbst auferstanden und stattet den Weinböhlaern auf seinem Laufrad einen Besuch ab. Doch der da auf dem hölzernen Vorläufer des heutigen Fahrrades flink daherkommt, heißt Steffen Stiller und ist von Kopf bis Fuß nicht nur fein angezogen, sondern bis in die letzte Faser ein Fahrradenthusiast.

Schautafeln in der Ausstellung mit den ersten Damenrennen in Paris.
Schautafeln in der Ausstellung mit den ersten Damenrennen in Paris. © Arvid Müller
Blick in die Schau in der Tenne. Berühmte Hochräder dürfen nicht fehlen.
Blick in die Schau in der Tenne. Berühmte Hochräder dürfen nicht fehlen. © Arvid Müller

Anlass des besonderen Auftritts am Gründonnerstagnachmittag ist eine vorzügliche Ausstellung in der Tenne am Kirchplatz 5. Über 60 Fahrräder – vom Beginn der Entwicklung bis heute – sind hier nicht nur zum Anschauen da. Stiller und die Fahrradfreunde vom Radfahrerverein Weinböhla haben dazu Schautafeln gefertigt, historische Fotos gefunden und jede Menge Zubehör zur Velo-Geschichte als Staffage.

„Von der Laufmaschine zum E-Bike“ haben die Macher die Ausstellung betitelt. Und sie lassen auch wirklich nichts aus: Das Laufrad des Herrn Drais als aufwendiger Holznachbau und fahrbereit ist genauso dabei wie die ersten Hochräder, die ersten Kurbelräder auf denen sich Damen mit wehenden Röcken in Paris Rennen lieferten, ein Tandem, hergestellt um 1890 in Dresden, auf welchem beide Fahrer nicht nur treten, sondern auch beide lenken können.

Neun von zehn der ausgestellten Räder stammen aus der Sammlung von Steffen Stiller. Der gelernte Triebfahrzeugschlosser und studierte Maschinenbauingenieur sammelt seit 30 Jahren Fahrräder. Die Leidenschaft so richtig geweckt wurde während seiner zehnjährigen Tätigkeit im Deutschen Fahrradmuseum in Bad Brückenau in der Rhön. Stiller fährt selbst seit 1975 aktiv Rad und gehört freilich zum Radfahrerverein in Weinböhla.

Die Mitglieder von einem der ältesten und vor allem noch sehr aktiven Radfahrervereine Deutschlands denken sich immer wieder was Neues aus, um Velo-Freunde in die Gemeinde zu locken. Neben der gerade eröffneten Ausstellung wird es im Sommer eine große Feier anlässlich 200 Jahre Raderfindung geben.

Die 20. Velocipediade findet vom 18. bis 20. August in Weinböhla statt. Sammler und Radfahrer aus ganz Deutschland werden erwartet – vor allem jene mit historischen Rädern. Es wird eine große Ausfahrt geben, einen Teilemarkt und freilich ein Erinnerungsfoto am Drais-Stein unterhalb des Friedensturmes in Weinböhla. Kein Geringerer als Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Schirmherrschaft über das besondere Fest übernommen. Genau bis zur Weinböhlaer Velocipediade wird auch die Schau in der Tenne zu besichtigen sein.

Mit einem der Modelle hat Steffen Stiller außerdem noch etwas Besonderes vor. Um den Herrentag findet in Karlsruhe das Welttreffen der Freunde historischer Fahrräder statt. Es gibt ein 100-Kilometer-Rennen und eine Weltmeisterschaft der Hochradfahrer. An der will der Weinböhlaer noch einmal teilnehmen. „Nicht um zu siegen, aber um durchzukommen“, sagt er und erzählt, wie er vor Jahren die ersten Aufsteigversuche unternommen hat und dafür fast eine Viertelstunde brauchte, bis es gelang.

Solche und ähnliche Storys können die Besucher der neuen Schau in der Tenne immer wieder erwarten. Vor allem, wenn sie den Radenthusiasten auch auf Antriebe, Schaltungen und etwa die historische Werkstatt ansprechen. Einen kompletten Fahrradladen der 1930er Jahre samt Werkstatt hat Stiller als Teil der Ausstellung mit aufgebaut. Bis zum 20. August ist die Ausstellung auf 150 Quadratmetern in der Tenne, Kirchplatz 5 in Weinböhla zu sehen. Der Eintritt kostet drei Euro, zwei Euro ermäßigt. Für Fahrradfreunde ein absoluter Leckerbissen.

Geöffnet: Donnerstag/Freitag 14-18 Uhr, Samstag/Sonntag/Feiertage 10-17 Uhr.

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