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Fecht-Talente auf dem Weg nach oben

Niclas und Annabell Helbig sind sehr erfolgreich. Die Eltern gründeten dafür einen Verein.

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© Steffen Unger

Von Constanze Knappe

Großharthau. Bei so einem Bruder kann man nur Fechterin werden. „Ich schau schon ein bisschen zu ihm auf“, erklärt Annabell Helbig rundweg. Vor drei Jahren fing die Schülerin aus Großharthau mit dem Fechten an. Sie habe ihrem Bruder öfter zugesehen und das cool gefunden, erzählt die Zwölfjährige. Inzwischen kämpft sie selbst auf der Erfolgsspur und wurde in der B-Jugend Vizemeisterin bei den Landestitelkämpfen in Radebeul. Der Fechtclub „Porta Lusatia“ Bischofswerda konnte dort als einer der besten sächsischen Vereine glänzen. Mit starken Startern in allen Jahrgängen. Und Niclas Helbig stand zum sechsten Mal bei einer Landesmeisterschaft ganz oben auf dem Siegertreppchen.

Beide bei Deutscher Meisterschaft

Annabell qualifizierte sich für die Deutschen Meisterschaften (DM) ihrer Altersklasse, die am 18. Juni in Solingen ausgetragen werden. Niclas dagegen startet bei der DM am 23. April in Reutlingen. Er war schon einmal Deutscher Vizemeister und brachte Pokale von internationalen Turnieren mit nach Hause. Seit der 16-Jährige das Sportgymnasium in Leipzig besucht, strebt er nach höheren Zielen. Die Teilnahme an der Europameisterschaft wäre so eins.

256 Namen weist die U 17-Rangliste im Herrendegen aus. Auf Platz 15 ist der von Niclas zu finden. „Die ersten vier fahren zur EM“, sagt er. Und man merkt ihm an, dass er gern dabei wäre. Ein bisschen sauer ist er auf sich selbst, dass es diesmal noch nicht geklappt hat. Aber so ehrgeizig, wie er ist, will er im nächsten Jahr wieder angreifen. Trainiert wird er in Leipzig von seinem Vorbild Jörg Fiedler, der mit der Degen-Mannschaft schon mehrfach Vizeweltmeister war. Achtmal Sport steht bei Niclas auf dem Wochenplan. Dreimal in der Schule und jeden Tag zwei Stunden Training. Fechten ist ein Kampfsport. „Es geht aber nicht darum, irgendwo draufzuhauen. Um einen Treffer zu landen, muss man sich voll konzentrieren“, erklärt Niclas. Nach dem letzten Treffer jedes Kampfes falle dann aber die Anspannung ab.

Die Entscheidung für die Sportschule ist ihm nicht leicht gefallen. Einerseits zu Hause Familie und Freunde, andererseits die größeren sportlichen Perspektiven. Bereut hat er seinen Entschluss für Leipzig nicht. „Höchstens manchmal beim Ausdauerlauf“, sagt er lachend. Das sei nicht so sein Ding. Weil anfangs kein Platz im Internat frei war, mietete sein Vater Bernhard Helbig in Leipzig eine kleine Wohnung, in der sie vier Monate als Männer-WG lebten.

„Niclas ist erwachsen geworden“, findet seine Mutter Daniela Helbig. Ein Kämpfer, der bei einem Problem nicht gleich aufgibt. Insofern sei der Sport „auch eine gute Schule fürs Leben“. Um sich noch mehr auf das Fechten konzentrieren zu können, darf Niclas sein Abitur strecken. Er hat ein Jahr länger dafür Zeit. Den Eltern ist die Schule ebenso so wichtig wie der Sport. „Von Fechten wird man nicht reich“, sagt Bernhard Helbig. Auch deshalb sei es wichtig, die Schule nicht aus den Augen zu verlieren. Oder für den Fall, dass es aus irgendeinem Grund mit dem Sport plötzlich vorbei ist.

Das Familienleben der Helbigs dreht sich seit Jahren rund ums Fechten. Erst haben sie Niclas zum Training nach Bautzen und zu Turnieren gefahren. Jetzt begleiten die Eltern Annabell zu ihren Wettkämpfen. Einmal die Woche trainiert das Mädchen, deren Freundinnen lieber reiten, in der Sporthalle des Goethe-Gymnasiums in Bischofswerda. Um Kinder wie ihre eigenen zu fördern, gründeten Helbigs mit anderen Eltern 2012 den Fechtclub Bischofswerda, in dessen Vorstand Bernhard Helbig als Vorsitzender und seine Frau Daniela als Schatzmeisterin ehrenamtlich tätig sind.

32 Mitglieder hat der Verein. Davon vier im Kader wie ihr Sohn Niclas, Julian Schuster – der bei den Deutschen Meisterschaften im vorigen Jahr bester Sachse wurde – Simon Keßler und Armin Winkler. Die Einstufung entscheidet mit darüber, ob der Verein zum Beispiel Zuschüsse zu Fahrgeldern bekommt. Fechten gilt als Randsport und hat lange nicht die öffentliche Anerkennung wie andere Sportarten. Jetzt soll die Nachwuchsförderung neu organisiert werden. Helbigs hoffen, dass an der Basis in den Vereinen davon etwas ankommt.

Vorbild für die Jüngsten im Verein

„Es macht schon stolz, wenn bei einem Turnier in Budapest von Bischofswerda zu lesen ist“, erklärt Bernhard Helbig. Denn Niclas startet noch immer für seinen Heimatverein, in der Turnhalle des Bischofswerdaer Gymnasiums ist er aber nur noch selten zugange. Die Jüngsten dort staunen dann jedes Mal, wie weit es einer von ihnen schon gebracht hat. Das stachelt sie an, eifrig weiter zu trainieren.

Fechten ist ein Sport, den jeder betreiben kann. Auch deshalb bietet der Fechtclub nächste Woche Mittwoch wieder ein Schnuppertraining an. Die Bekleidung und vor allem die Degen kann man sich anfangs vom Verein ausleihen. Niclas besitzt mittlerweile sechs eigene. Es kann immer mal sein, dass einer im Wettkampf abbricht, sagt er. Zu Hause ist Niclas Helbig nur noch alle paar Wochen. Wie in den Osterferien zum Beispiel. Dann liegt der Degen auch mal unbeachtet in der Ecke.

Kostenfreies Schnuppertraining des Fechtclubs Bischofswerda für alle Altersklassen am 13. April um 16.30 Uhr Turnhalle des Goethe-Gymnasiums Bischofswerda.