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Fast jede zweite Frau geht zur Krebsvorsorge

Die Zahl der Teilnehmerinnen am Mammografie-Screening geht zurück. Dabei ist es für viele Frauen eine Chance.

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© obs

Döbeln. Zurzeit steht das Mammografie-Screening-Mobil auf dem Steigerhausplatz in Döbeln. In diesem wird Frauen zwischen 50 und 69 Jahren eine Mammografie zur Brustkrebs-Vorsorge angeboten. Der Döbelner Anzeiger sprach mit Dr. Klaus Hamm, Facharzt für Radiologie und Koordinator vom Screeningzentrum Mittelsachsen Chemnitz – Erzgebirge.

Dr. Klaus Hamm ist Facharzt für Radiologie und Koordinator vom Screeningzentrum Mittelsachsen Chemnitz – Erzgebirge.
Dr. Klaus Hamm ist Facharzt für Radiologie und Koordinator vom Screeningzentrum Mittelsachsen Chemnitz – Erzgebirge. © privat

Herr Dr. Hamm, wie viele Frauen nutzen diese Möglichkeit der Vorsorge in Döbeln?

Für den Standort Döbeln wurden in den vergangenen Jahren (2008 bis 2016) insgesamt fast 24 000 Einladungen versendet. Es wurden rund 15 600 Untersuchungen vorgenommen. Das entspricht einer mittleren Teilnahmerate von rund 65 Prozent. Das ist ein guter Wert, der über dem Bundesdurchschnitt liegt. In den letzten Jahren sinkt jedoch auch in Sachsen die Teilnahme. In der Region Döbeln lag sie 2016 bei nur 61 Prozent. Die Frauen sind zum Teil durch kontroverse Diskussionen verunsichert worden. Doch unverändert gilt, die Mammografie kann Brustkrebs in einem frühen Stadium entdecken. Dadurch erhöht sich die Chance, dass erkrankte Frauen geheilt werden können. Eine Studie weist nach: Von 1 000 Frauen, die 20 Jahre lang am Screening teilnehmen, können zwei bis sechs vor dem Brustkrebstod bewahrt werden. Bei Frauen mit einem erhöhten Risiko liegt diese Zahl etwas höher.

Warum raten Sie Frauen zum Mammografie-Screening?

Es geht um die Entdeckung von Brustkrebsfrühformen und damit um die Erhöhung der Heilungschancen sowie die Senkung der Sterblichkeit. Häufig kommt es auch zur Entdeckung von Vorstufen und damit Verhinderung einer manifesten Tumorerkrankung. Dadurch können teilweise weniger belastende Therapieverfahren angewendet werden.

Was geschieht bei der Mammografie?

Von jeder Brust werden zwei Röntgenaufnahmen gemacht. Die Brust wird dabei kurz zusammengedrückt. Das ist erforderlich, um das Verwackeln der Aufnahme zu vermeiden, und es trägt zur Verringerung der Strahlenexposition bei. Einige Frauen empfinden den Druck als unangenehm oder schmerzhaft, andere nicht. Die Aufnahmen werden später von zwei speziell geschulten Ärzten unabhängig voneinander geprüft und beurteilt. Innerhalb von sieben Werktagen kommt das Ergebnis per Post. Etwa 97 Prozent der Frauen bekommen die Nachricht, dass alles in Ordnung ist, und sie in zwei Jahren wieder zur Mammografie eingeladen werden. Zeigen die Röntgenbilder eine verdächtige Veränderung, werden die Betroffenen zu einer weiteren Untersuchung nach Chemnitz eingeladen. Sollte sich der Verdacht auf eine Erkrankung der Brust nicht entkräften, kann eine Probenentnahme (Punktion) erfolgen.

Wie viele Frauen müssen anschließend zu einer Operation und wie vielen konnte geholfen werden?

Bei den Untersuchungen in Döbeln wurde bisher bei 97 Frauen die Diagnose Brustkrebs gestellt. In neun Fällen sind Vorstufen des Brustkrebses entdeckt worden. Bei 62 Frauen war der Befund zum Zeitpunkt der Diagnose kleiner als zwei Zentimeter und damit nicht im Rahmen einer Tastuntersuchung zu finden. Das heißt, das Röntgen der Brust kann nicht tastbare frühe Formen von Brustkrebs zeigen. Mit einer entsprechenden Behandlung verbessern sich in der Regel die Chancen der Frauen auf eine Heilung, denn Größe des Tumors und das Ausmaß des Lymphknotenbefalls sind entscheidend für die Prognose. In den meisten Fällen sind zudem eine brusterhaltende Operation und eine schonendere medikamentöse Behandlung möglich.

Zum Mammografie-Screening werden Frauen zwischen 50 und 69 Jahren eingeladen. Warum gerade diese Altersgruppe?

Das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken und daran zu sterben, ist für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren am höchsten. Daher ist der Nutzen des Screenings, vor dem Brustkrebstod bewahrt zu werden, am höchsten für Frauen dieser Altersgruppe. Das haben Studien belegt. Für Frauen nach dem 69. Lebensjahr wird keine Mammografie-Screening-Untersuchung mehr angeboten. Auch jüngere Frauen erkranken an Brustkrebs. Doch konnten Studien bislang keinen ausreichend eindeutigen Nutzen des Screenings für unter 50-Jährige nachweisen. Der Nutzen des Screenings ist schon deshalb geringer, weil das Risiko bei einer Frau, im Alter von 40 Jahren an Brustkrebs zu erkranken, etwa um den Faktor drei geringer ist als ab 50 Jahren.

Machen regelmäßige Selbstuntersuchungen und der Besuch beim Frauenarzt das Screening überflüssig?

Die Erkennung von Brustkrebs hat drei Säulen, die monatliche Selbstuntersuchung, die Tastuntersuchung durch den Frauenarzt ab dem 30. Lebensjahr. Sollte ein verdächtiger Befund ertastet werden, wird über eine Abklärung entschieden. Das qualitätsgesicherte Mammografie-Screening-Programm dient zur Suche nach nicht tastbaren frühen Formen von Brustkrebs. Ein Krebsbefund in der Brust wird in der Regel ab einer Größe von zwei Zentimetern tastbar. Die Tastuntersuchung kann das Screening nicht ersetzen.

Wer untersucht die Frauen und wie werden die Daten ausgewertet?

Im Mammografie-Screening-Programm begutachten immer zwei Ärzte die Röntgenaufnahmen der Brust. Dazu verwenden wir moderne Computerprogramme, die unterschiedliche Vergrößerungen und Darstellungen der Mammografie-Bilder ermöglichen. Auffälligkeiten können auf diese Weise gut dargestellt, markiert und vermessen werden. Die Beurteilung erfolgt dabei nicht gemeinsam, sondern unabhängig voneinander. Nur wenn die Mammografie als unauffällig eingestuft wird, besteht kein Verdacht auf eine bösartige Gewebeveränderung. Beurteilt hingegen einer der Ärzte die Mammografie als auffällig, wird zusätzlich ein Facharzt hinzugezogen. Kann die Auffälligkeit nicht eindeutig als gutartig eingestuft werden, wird die Frau zu einer ergänzenden ärztlichen Untersuchung mit Ultraschall und möglicheweise Mammografie eingeladen

Gibt es weitere Standorte des Mobils im Altkreis Döbeln?

Ja, in Leisnig sind wir im September dieses Jahres und in Hartha im Oktober. Im kommenden Jahr steht das Mobil im Januar in Roßwein und im Februar in Waldheim.

Es fragte: Sylvia Jentzsch