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Fast 90 Stunden ohne Strom

Die Bewohner von 35 Häusern in Stockhausen saßen bis Montag im Dunklen. Und das war nur das kleinste Problem.

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© Dietmar Thomas

Von Jens Hoyer

Döbeln/Roßwein. Als am Donnerstagabend Orkan Friederike einen Baum in eine Freileitung der Mitnetz Strom krachte, ging in vielen Häusern im Döbelner Ortsteil Stockhausen das Licht aus. Und so schnell sollte es auch nicht wiederkommen. Fast vier Tage mussten die Bewohner von 35 Häusern ohne oder fast ohne Strom auskommen. Als der Döbelner Anzeiger am Montagmorgen gegen 9.45 Uhr bei Monika Wilsdorf anrief, war die Energie gerade wieder eingeschaltet worden. Die 74-Jährige freute sich, als die Heizung ansprang. Die war nämlich ausgefallen. Bei 13 Grad hatten Monika Wilsdorf und ihr Mann Karl-Heinrich ausgeharrt. „Wir haben drei Hosen und drei Jacken übereinander gezogen. Und abends sind wir zeitig ins Bett gegangen“, erzählt die Stockhausenerin. Weil die Leitung offenbar nicht komplett unterbrochen war, hatten die Wilsdorfs zumindest noch auf zwei Steckdosen in der Küche Strom. „Wir haben ein Kabel bis in den Keller gezogen, damit die Kühltruhe nicht auftaut“, so die Rentnerin. Zum Aufwärmen gab es auch mal einen heißen Tee oder Kaffee. „Wir haben immer gehofft, dass es bald wieder Strom gibt“, so die Stockhausenerin. Genaue Infos gab es nicht, beim Stromversorger landete sie nur in der Warteschleife. „Ich habe eine dreiviertel Stunde am Telefon gesessen.“ Die Kinder des Ehepaars, die ebenfalls in Stockhausen wohnen, waren mit ihrem Säugling zu Verwandten geflüchtet.

Das Unterdorf des Döbelner Ortsteils war nicht betroffen. Nur der Bereich Friedrich-Engels-Siedlung und Bergstraße war vom Netz. „35 Kunden waren in Stockhausen ohne Strom. Wir hatten frühzeitig eine Meldung bekommen, aber nicht, dass der Strom komplett weg ist“, sagte Evelyn Zaruba, Pressesprecherin von Mitnetz Strom, dem Netzbetreiber der Envia. Wegen der Masse von Ausfällen seien die Schäden nach Prioritäten abgearbeitet worden. Oberste Dringlichkeit hatten das Mittelspannungsnetz und Bereiche, in denen viele Kunden betroffen waren, so die Sprecherin. Trotz Aufstockung sei auch das Callcenter völlig überlastet gewesen. „Wir können nur um Verständnis bitten und entschuldigen uns dafür“, so die Sprecherin.

„Wir haben die Nase voll. Das Verständnis für die Situation hat auch mal ein Ende. Und dann verkündet der MDR, dass es in Sachsen wieder überall Strom gibt“, meint Katja Näther, die an der Bergstraße in Stockhausen wohnt. An einen so langen Stromausfall kann sie sich nicht erinnern. „Das ist ja kein Zustand. Der nächste Sturm kommt bestimmt“, sagt sie. Mit Mann und Tochter musste sie bei zehn Grad ausharren. Ein Stromkreis im Haus war zwar nicht tot. „Aber da konnte man die Heizung nicht anschließen“, sagte sie. „Unser Kerzenverbrauch war enorm. Wir haben sämtliche Reserven aufgebraucht. Da weiß man erst, was man hat, wenn man in eine warme Wohnung kommt.“

Lange Ausfälle gab es auch an anderen Orten der Region. „Wir waren 51 Stunden ohne Strom und Heizung“, sagte Lucia Thielemann, die in einem Haus an der Böhrigener Straße in Roßwein wohnt. Erst am Sonnabend funktionierte die Heizung im Haus wieder. Sie beklagt vor allem den Mangel an Information. Bei der Hotline der Envia sei kein Durchkommen gewesen. Dann rief sie am Sonnabend bei ihrem Stromlieferanten, den Stadtwerken Döbeln, an, der allerdings nicht der Betreiber des Netzes ist. „Dort habe ich gleich einen Mitarbeiter bekommen. Er hat gesagt, er kümmert sich.“ Samstagabend sei der Strom dann wieder zugeschaltet worden.