Das Dekollete von Ves erzählt eine verwunschene Geschichte vom Leben und Sterben. Bis zum Hals ziehen sich feine schwarze Linien, das Sternum ziert eine brennende Kerze. Auf den Armen wird es bunter. Die sieben Todsünden sind links unter die Haut gestochen, bunte Blüten schmücken die rechte Seite.

Bunte Bilder auf blasser Haut

Ves, die in den Kreisen der Tattoo-Freunde als Fräulein von K. bekannt ist, zeigt stolz ihren Körper, oder das, was man trotz Bekleidung davon sieht. Die 23-Jährige ist das Gesicht der Dresdner Tattoo Convention, die am Wochenende eine regelrechte Völkerwanderung zum Eventwerk im Industriegelände ausgelöst.

Rund 160 Tätowierer aus der ganzen Welt, aber hauptsächlich aus Deutschland, stehen bereit und zeigen ihre Mappen, um direkt vor Ort Hand anzulegen. Denn das macht für viele Besucher den Reiz aus: „Wenn ich hier was Tolles sehe, kann ich es mir sofort stechen lassen, sagt Katja.

Auf ihrem rechten Oberschenkel prangen bereits die Umrisse eines Kreuzes. Es stört die 46-Jährige kein bisschen, dass sie die Hose dafür runterlassen muss. „Hier ticken alle gleich. Die wollen coole Motive sehen“, sagt sie.

In den Gängen ist es eng, zu den einzelnen Tätowierern muss man sich am Sonnabend Nachmittag durchdrängeln. Gut sichtbar ist indes der Pantherkopf, den Frank von True Blood Tattoo aus dem Hechtviertel seinem durchtrainierten Kunden Marc auf den Rücken gestochen hat. Noch fehlen einige farbige Partien, die will er auf der Convention anbringen.

Rund sechs Wochen dauere es, bis das Tattoo völlig abgeheilt ist, nach zwei Wochen sei er Schmerz aber schon fast weg, sagt Frank. Marc hat sich bei ihm für ein sogenanntes Old-School-Tattoo mit breiten Linien entschieden. „Die sind auch noch gut in Form, wenn der Körper später schlaffer wird“, sagt er.

Auf ganz andere Bilder steht Patrick aus dem Erzgebirge. Die Olsenbande hat seine Kindheit geprägt, deshalb trägt er die Köpfe von Egon, Benny und Kjeld auf seiner rechten Wade. „Völlig abgefahren“, findet das ein Gast, der vorbeischlendert und Patrick fragt, was jetzt auf die linke Wade kommt. Dort sticht Tätowierer Constantin Schuldt Motive aus Patricks Heimat, auch das Gesicht einer Heiligen. Schuldt hat sich auf Porträts konzentriert.

Der Trend zur Körperbemalung nehme immer mehr Fahrt auf. „Schon unsere Vorfahren hatten das Bedürfnis, sich zu schmücken.

Das hört nie auf. Wir stechen auch Träume unter die Haut“, sagt Frank von True Blood.

Dass es auch Ausrutscher gibt, wie die Namen von Verflossenen oder inzwischen unmoderne Tattoos wie die sagenhaften „Arschgeweihe“, weiß Ute Teuber. Die lasermedizinische Therapeutin entfernt unzählige ungeliebte Motive in ihrer Praxis. Oft zahlen die Kunden dafür das Zehnfache von dem, was ihr Tattoo einst gekostet hat.