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Familienpate im Einsatz

Sie helfen im Alltag, geben Tipps bei kleinen und großen Problemen: Ehrenamtliche Familienpaten stehen in einem Modellprojekt in Dresden jungen Familien zur Seite. Helga Sporkhorst ist eine von ihnen.

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© dpa

Christiane Raatz

Dresden. Helga Sporkhorst sitzt auf der roten Couch im Wohnzimmer der Familie Marchesi - in der einen Hand eine bunte Rassel, auf dem anderen Arm die sechs Monate alte Rebecca. Die Kleine kuschelt sich zufrieden an die 65-Jährige, die ihre Oma sein könnte. Eine Art Ersatz-Oma ist die lebhafte Seniorin mit den halblangen weißen Haaren auch: Als sogenannte Familiengesundheitspatin steht sie der aus Italien stammenden Familie mit zwei kleinen Töchtern zur Seite. Sie gibt Tipps für den Alltag und für die gesunde Entwicklung der Kinder. „Das Schönste ist, wenn sich die Kleinen freuen, wenn ich komme. Und man bleibt selbst jung dabei“, sagt Helga Sporkhorst.

Das 2011 gestartete Modellprojekt setzt auf ehrenamtliche Helfer, die Familien von der Schwangerschaft bis zum dritten Lebensjahr des Kindes begleiten. Bisher wurden dafür 38 Paten ausgebildet, 18 sind derzeit in Dresden im Einsatz, berichtet Projektkoordinatorin Susanne Eggert vom zuständigen Träger Carus Consilium Dresden.

Bisher wurde das Projekt insgesamt mit rund 282 000 Euro vom Sozialministerium gefördert. Für dieses Jahr liegen laut Ministerium zwei Anträge vor, die gerade geprüft werden. „Unsere Familienpaten geben ihre Zeit und ihre Aufmerksamkeit, um Familien und ihren Kindern den Start in das gemeinsame Leben zu erleichtern“, so Familienministerin Barbara Klepsch (CDU). Oft hätten sich aus den Patenschaften Freundschaften entwickelt, die über die Einsatzzeit hinausgehe. „So können Familien gemeinsam und in Ruhe wachsen und Kinder sich gut entwickeln.“ In den nächsten Monaten soll das Projekt in Zusammenarbeit mit dem städtischen Klinikum Görlitz auch auf den Landkreis Görlitz ausgeweitet werden.

Ähnliche Patenprojekte gibt es auch in anderen Bundesländern. „Bei uns ist es einzigartig, dass die Paten so lange in den Familien sind“, erläutert Eggert. Die jüngsten Familienhelfer sind selbst Mütter Anfang 20, die älteste Patin ist 72 Jahre alt. „Ein breites Spektrum“, so Eggert. Ebenso bei den Familien, die sich um eine Unterstützung bewerben. Alleinerziehende Mütter sind darunter, Familien mit Zwillingen und Drillingen oder Familien, deren Großeltern weit weg leben - wie bei den Marchesis.

Gloria Marchesi ist vor drei Jahren durch einen Flyer in der Arztpraxis auf das Projekt aufmerksam geworden, damals war sie schwanger mit der ersten Tochter Maya. „Wir dachten, dass es schön ist, jemanden mit Erfahrungen bei uns zu haben“, erzählt die 31-Jährige. Die Familie lebt weit weg in Italien, das Paar war das erste im Freundeskreis, das ein Kind erwartete. „Wir waren komplett unerfahren.“

Helga Sporkhorst war nicht nur Familienpatin für die erste Tochter, sie übernimmt das Amt nun auch für Rebecca. „Es ist hilfreich, wenn man auf jemanden zählen kann“, sagt Gloria Marchesi. Beim Grillen oder Spaziergehen tauschen sie sich aus, holen die große Tochter aus der Kita ab. „Maya findet das immer toll, weil ihre Oma ja so weit weg ist.“

Das Projekt sieht ein Treffen mindestens dreimal pro Jahr vor, oft wird daraus ein Rhythmus zwischen sechs und acht Wochen. „Meist ist es so, dass der Kontakt auch nach drei Jahren nicht abbricht“, weiß Eggert aus Erfahrung. Derzeit werden wieder Familiengesundheitspaten gesucht - für die nächste Runde ab Mai. „Wir haben viele Nachfragen von Menschen, die sich engagieren wollen.“ Die Ehrenamtlichen lernen zunächst in einer zehnstündigen Mini-Ausbildung einiges über Kindergesundheit, soziale Entwicklung und rechtliche Fragen - vom Impfen bis hin zum Elterngeld. Zudem gibt es während des gesamten Programms Weiterbildungen etwa bei Logopäden, Orthopäden oder Kurse zum gesunden Kochen.

Seit vier Jahren schon arbeitet Helga Sporkhorst ehrenamtlich als Familienpatin. Sich als Rentnerin um Haus und Garten zu kümmern, reichte ihr nicht. „Ich wollte noch etwas anderes machen“, sagt die 65-Jährige, die früher beim Fernsehen arbeitete. Sie mag den Austausch mit den Familien, das Treffen mit anderen Paten, die Weiterbildungen. „Man lernt nie aus.“

Die Marchesis, die seit 2008 in Dresden leben und nach dem Studium beide einen Job in der Elbestadt gefunden haben, fühlen sich wohl. Beim Ankommen hat ihr das Patenprojekt geholfen - als eine Art Familienersatz, sagt Gloria Marchesi. „Eine Weile noch“ will die vierköpfige Familie hier bleiben. Und Patin Helga Sporkhorst wird sie ein Stück begleiten - zumindest bis Rebecca drei Jahre alt ist. (dpa)