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Familie Bürgermeister

Elke Röthig und ihr Sohn Daniel führen beide eine Gemeinde. Geplant war das nicht.

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© Kristin Richter

Von Nicole Preuß

Schweppnitz. Der Bus ist vorgefahren. Die Gemeindeverwaltung von Callenberg ist zu Besuch in Schwepnitz. Die Mitarbeiter aus der Nähe von Chemnitz wollen mit den Schwepnitzern Erfahrungen austauschen und einiges in der Gemeinde sehen. So weit, so normal. Der Bürgermeister der Gemeinde Callenberg ist aber für die Schwepnitzer kein Unbekannter. Im Gegenteil. Daniel Röthig ist der Sohn der Schwepnitzer Bürgermeisterin.

Die Idee zu diesem Austausch ist schon etwas älter. „Unsere Gemeinden gleichen sich“, sagt Bürgermeisterin Elke Röthig. „Da ist es schön, wenn man mal fragen kann, wie machst du das.“ Elke Röthig und ihr Sohn haben das schon institutionalisiert. Dienstags steht ein fester Termin im Kalender, an dem beide telefonieren. Seit zweieinhalb Jahren ist Daniel Röthig Bürgermeister in Callenberg.

Der Termin in Schwepnitz ist für ihn ein Heimspiel. Irgendwie. Er hat Glück, dass in der Grundschule seine ehemalige Lehrerin gerade nicht da ist. Sonst hätte seine Mutter die Frau seinen Mitarbeitern gleich mal vorgestellt. Daniel Röthig ist in Grüngräbchen aufgewachsen, er lernte Klempner, holte sein Abitur nach und studierte schließlich Politikwissenschaft. Er war im Kreistag aktiv, arbeitete beim Landeskuratorium Ländlicher Raum und dann als Hauptamtsleiter in Wachau. Zum Bürgermeisteramt kam er durch eine Vertretung. Daniel Röthig war als Hauptamtsleiter in Callenberg eingesprungen. Kurz darauf war die Bürgermeisterwahl, er versuchte sein Glück – und hatte Erfolg mit 56 Prozent der Stimmen.

Politik hat in der Familie immer eine große Rolle gespielt

Seine Mutter Elke Röthig war da schon Bürgermeisterin in Schwepnitz. Sie leitet die Gemeindeverwaltung seit sieben Jahren. Vorher kümmerte sie sich um die kommunalen Wohnungen. Berufsbegleitend studierte sie und wurde nach dem Weggang von Heiko Driesnack schließlich zum Gemeindeoberhaupt gewählt. Daniel Röthig hätte also wissen können, was auf ihn zukommt – wenig freie Zeit und viele Termine an Wochenenden. Doch er wählte den Weg bewusst. „Ich wusste, auf was ich mich einlasse. Doch ich wollte das trotzdem. Ich wollte mitgestalten“, sagt der 36-Jährige. Kommunalpolitik hat in der Familie schon immer eine große Rolle gespielt. Der Vater saß im Gemeinderat, war Ortsvorsteher in Grüngräbchen und arbeitet nun im Kreistag mit. Und doch gibt es Unterschiede zwischen Mutter und Sohn. So ist Elke Röthig parteilos und Daniel Röthig inzwischen in der CDU. Elke Röthig wohnt in der Gemeinde und Daniel Röthig hat sich ganz bewusst dagegen entschieden und ist mit seiner Familie nach Chemnitz gezogen. „Wenn man mit im Ort lebt, ist man 24 Stunden am Tag Bürgermeister“, sagt er. Er sei zwar auch immer auf dem Handy erreichbar. Aber dabei bleibe es auch. „Wenn man im Ort wohnt, ist man keine Privatperson mehr“, sagt er. Seine Mutter Elke Röthig stört das nicht. „Ich will immer in der Gemeinschaft sein“, sagt sie. „Ich will grüßen, wenn ich über die Straße gehe. Selbst wenn das Einkaufen so auch schon mal zwei Stunden dauern kann.“

Am Tisch gibt es kaum politische Gespräche

Sonst versuchen beide, echte Dorfbürgermeister zu sein. „Das bedeutet, dass man sich auf die Leute im Dorf einstellt“, sagt Daniel Röthig. „Ich denke, das ist ganz wichtig in der Gemeinde.“ Callenberg hat rund 5 200 Einwohner. Schwepnitz ungefähr die Hälfte. Flächenmäßig unterscheiden sich die Gemeinden nicht. Die Mitarbeiter der Schwepnitzer Gemeindeverwaltung konnten sich davon überzeugen, als sie im vergangenen Jahr einen Tag lang im Landkreis Zwickau waren. In Schwepnitz schauen sie sich mit den Callenbergern die neu gestaltete Grundschule an, besuchen die Rhododendron-Gärtnerei in Grüngräbchen, die Kapelle in Zeisholz und den Radwandertreff in Bulleritz. Viele kennen sich schon und fragen nach. Am Beispiel erklärt es sich dann noch einmal besser.

Doch außerhalb der Arbeit, in der Familie bei Geburtstagen oder bei anderen Festen bleibt die Politik in der Familie Röthig weitgehend außen vor. Gespräche über Fördermöglichkeiten gibt es am Tisch nur ganz selten. Dafür sorgen schon die Enkel. Drei gibt es inzwischen in der Familie. Daniel Röthig hat einen achtjährigen Sohn, seine Schwester Daniela hat zwei Kinder, das Zweite ist erst wenige Wochen alt. „Die beiden Großen sind absolut keine Stubenhocker “, sagt Elke Röthig. Oft geht die ganze Familie einfach raus. Geburtstage, Weihnachten und Kirmes werden gemeinsam begangen. „Die Kirmes wird bei uns noch so richtig gefeiert“, sagt Elke Röthig. Und einmal im Jahr fahren die Röthigs gemeinsam in den Urlaub. Geplant war die ganze Bürgermeistersache nicht von Anfang an. Aber tauschen würden sie nicht mehr. „Eine bessere Entscheidung gab es für mich damals gar nicht“, sagt Elke Röthig. Und ihr Sohn pflichtet ihr bei. „So ein Amt ist zwar anstrengend, aber auch schön.“