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Falsche Loks für Afrika

Die Korruption in Ländern wie Simbabwe und Südafrika erreicht absurde Auswüchse.

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© John Middleton

Johannes Dieterich, Johannesburg

Simbabwe ist ein wunderschönes Land: Viktoriafälle, Elefanten am Kariba-See, mehr als 16 Sonnentage im Monat, Durchschnittstemperatur: 18,4 Grad Celsius. Wenn es hart kommt, geht das Thermometer auch mal auf unter zehn Grad plus – aber Schnee wurde in dem südafrikanischen Naturparadies noch nie gesehen. Umso überraschter müssen die Stadtverwalter der Provinzhauptstadt Marondera gewesen sein, als auf dem Hof ihres Straßenbauamtes plötzlich ein gutes Dutzend Schneepflüge eintraf: Teil einer Bestellung von insgesamt 40 „Straßenhobeln“, archaisch anmutende Planierraupen, mit denen die Schotterstraßen der Ost-Mashonaland-Provinz gewöhnlich glatt gehalten werden.

Die Straßenarbeiter suchten aus den Schneepflügen der chinesischen Maschinenfirma „Sany Heavy Industry Co.“ zunächst das Beste zu machen. Doch ihre Versuche, die seltsamen Monster zum Straßenhobeln einzusetzen, schlugen allesamt fehl. Wie sich alsbald herausstellte, waren die Bauarbeiter zum Opfer eines korrupten Deals geworden. Die Vereinbarung zum Erwerb der Schneepflüge hatte der Chef der simbabwischen Straßenbaubehörde Zinara, Frank Chitukutuku, mit Supa Mandiwanzira, dem Chef der privaten Importfirma Univern (pvt) Ltd. getroffen – ohne die üblichen Ausschreibungsformalitäten einzuhalten. Außer dass sie für ihren Einsatz im Sonnenland völlig ungeeignet waren, kamen die Schneepflüge auch noch zu stark überhöhten Preisen: Sie kosteten mehr als 200 000 US-Dollar (umgerechnet 160 000 Euro) pro Monster, ein Drittel über dem gängigen Preis.

Anfang dieser Woche forderte der frischgekürte Transportminister Joram Gumbo die Stadtverwaltung Maronderas auf, „die Vergangenheit ruhen“ zu lassen und sich „auf die Zukunft zu konzentrieren“. Gumbo räumte zwar ein, dass der Erwerb der Schneepflüge korrupten Machenschaften zuzuschreiben sei: „Doch wir haben die Schneepflüge jetzt. Wir sollten sie deshalb auch nutzen.“ Ob der Minister dabei eher auf den Einfallsreichtum der Simbabwer oder die chaotischen Auswirkungen der Klimaveränderung setzt, wurde indessen nicht bekannt.

Korrupte Deals mit katastrophalen Auswirkungen haben im südlichen Afrika schon Tradition. Vor gut zwei Jahren geriet auch Prasa, die staatliche Eisenbahngesellschaft Südafrikas, in die Schlagzeilen, nachdem sie 13 Diesel-Lokomotiven von dem spanischen Hersteller Vossloh España für umgerechnet 40 Millionen Euro erworben hatte. Die Zugmaschinen der Marke „Afro 4000“ stellten sich schnell als ungeeignet für ihren Einsatz im überregionalen Schienenverkehr am Kap der Guten Hoffnung heraus: Sie sind fast 30 Zentimeter zu hoch. Bei Prasa rollen derzeit zumindest die Köpfe: Den Managern des Staatsunternehmens wird vorgeworfen, auch an anderen Stellen Hunderte von Millionen an Euro veruntreut zu haben.

Staatspräsident Jacob Zuma hatte in der vergangenen Woche angeordnet, eine unabhängige Kommission zur Untersuchung von Korruptionsvorwürfen gegen seine Regierung einzusetzen. Die Anschuldigungen seien von solcher Tragweite, dass kein weiterer Aufschub geduldet werden könne, erklärte Zuma. Er fügte sich damit einer Anordnung des Verfassungsgerichts vom Dezember, das ihm bis Mitte Januar Zeit gegeben hatte. Ein Untersuchungsbericht der unabhängigen Anti-Korruptionsbehörde hatte bereits Ende 2016 schwere Vorwürfe gegen Zuma und seine Regierung erhoben. Der Staatschef soll zum Beispiel befreundeten Unternehmern unzulässig Einfluss auf die Ernennung von Ministern und Top-Managern in staatlichen Unternehmen ermöglicht haben. (mit dpa)