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Falsche Früchte auf echtem Meissener

Das Museum der Manufaktur zeigt eine Sonderschau zu seinem bekanntesten Dekor – Zwiebeln sind aber nicht dabei.

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© Claudia Hübschmann

Von Udo Lemke

Meißen. Das Meissener mit Zwiebelmuster kennt jeder, schon bei den Großeltern stand es im Schrank – wozu dann noch eine Sonderausstellung dazu? Eine rhetorische Frage, die Sandra Jäschke, die Geschäftsführerin der Porzellan-Stiftung, am Montagabend im Museum der Manufaktur den etwa 60 Gästen stellte. Erschienen waren sie zur Eröffnung der aktuellen Sonderausstellung mit dem schönen Titel „Falsche Früchte auf echtem Meissener“.

Leuchtendes Blau auf weißem Grund – die Faszination des Zwiebelmusters rührt sowohl vom Farbkontrast als auch vom floralen Dekor her.
Leuchtendes Blau auf weißem Grund – die Faszination des Zwiebelmusters rührt sowohl vom Farbkontrast als auch vom floralen Dekor her. © Claudia Hübschmann

Dieser Titel bezieht sich darauf, dass das Zwiebelmuster keine Zwiebeln darstellt, sondern Granatäpfel und Pfirsiche, die im Chinesischen als Symbole der Fruchtbarkeit und Langlebigkeit gelten. Beim Meissener Zwiebelmuster kommen noch die Zitrone bzw. eine gestreifte Melone als Variante hinzu. Und weil es mit den botanischen Kenntnissen der Porzellanmaler nicht allzu weit her war bzw., weil sie die Früchte stark stilisierten, wurden sie zu Zwiebeln umgedeutet. Davon war selbst die Melone nicht gefeit, wie auf oben stehendem Foto der große Teller am unteren Rand zeigt – da ist eine solche mit Zwiebelwurzeln zu sehen.

Darauf machte bei der Ausstellungseröffnung Lutz Miedtank aufmerksam. Er sammelt, forscht und publiziert nach eigenen Angaben seit 50 Jahren zur Geschichte des Zwiebelmusters und zum frühen Meissener Porzellan. „Er hat uns viele Stücke chinesischer und Meissener Zwiebelmusterporzellane des 18. Jahrhunderts als Leihgaben zur Verfügung gestellt“, so Sandra Jäschke. Insgesamt zeigt die Sonderausstellung 150 Stücke von acht Leihgebern aus Deutschland.

Darunter sind die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden mit ihrer Porzellansammlung und dem Kunstgewerbemuseum Pillnitz, die Stiftung Stadtmuseum Berlin und das Stadtmuseum Meißen. Damit bietet die kleine, aber feine Sonderschau hochkarätige, zum Teil erstmals überhaupt öffentlich zu sehende Stücke und seltene Porzellane aus dem eigenen Bestand der Stiftung. Festgehalten werden sie in der Broschüre „Zwiebelmuster. Von den Anfängen bis heute“. Der etwa 100 Seiten umfassende Band, der im Sandstein Verlag erscheint und 14 Euro kosten wird, soll im März vorliegen, erklärte die Kuratorin des Museums Anja Hell.

Sonderausstellungen wie die zum Zwiebelmuster sollen die ständige Ausstellung attraktiv für „Wiederkehrer“ machen, die so etwas Neues geboten bekommen. Damit sollen die Besucherzahlen des Museums stabilisiert werden. Zuletzt sind sie rückläufig gewesen. Kamen 2011 noch 233 00 Gäste, so waren es 2015 rund 200 000 und 2016 noch 185 000. Verglichen mit anderen Museen sind das immer noch gigantische Zahlen, die allerdings dem Laufpublikum in der Manufaktur bzw. der Schauhalle geschuldet sind. Sandra Jäschke: „Wir planen jedes Jahr eine Sonderausstellung. Nächstes Jahr wird Johann Friedrich Böttger Thema sein, anlässlich seines 300. Todestages.“

Was die Zwiebelmusterausstellung leistet, erklärt Kuratorin Anja Hell. „Wir können die Anfänge der Blaumalerei zeigen.“ Diese sei ein Wunsch August des Starken gewesen, der ein Pendant aus eigner Produktion zu chinesischen Porzellanen haben wollte. So entstanden zwischen 1730 und 1735 erste Varianten des Meissener Zwiebelmusters. Es wird bis heute in der Manufaktur hergestellt: „Es wird immer wieder neu interpretiert, so dass seine Geschichte noch lange nicht zu Ende geschrieben ist.“

„Falsche Früchte auf echtem Meissener“, bis 31. Dezember

www.porzellan-stiftung.de