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Fahrzeugtacho manipuliert

Ein Ehepaar steht wegen Betrugs vor Gericht. Beide leugnen die Tat und schieben dem Opfer die Schuld in die Schuhe.

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© dpa

Von Helene Krause

Döbeln. Mit einer Dreistigkeit, die an einen Zauberer erinnert, der ein Kaninchen aus dem Hut zieht, will einer der Angeklagten vorm Amtsgericht Döbeln dem mutmaßlichen Opfer die Tat in die Schuhe schieben. Vorgeworfen wird einem Ehepaar Betrug. Am 5. Juni 2015 sollen beide ein Wohnmobil, das auf den Ehemann zugelassen war, für 21 600 Euro verkauft haben.

Das Fahrzeug soll am Kauftag einen Kilometerstand von 49 000 Kilometern aufgewiesen haben. In Wirklichkeit hatte das Wohnmobil aber bereits eine Laufleistung von 176 000 Kilometern. Dem Käufer entstand ein Schaden in Höhe von rund 5 600 Euro.

Als der Käufer des Wohnmobils mit dem Fahrzeug nach Haus nach Salzhemmendorf (Niedersachsen) fuhr, stellte er fest, dass die Scheibenwischer, die Lüftung und verschiedene Steckdosen nicht funktionierten. Er brachte das Fahrzeug in eine Werkstatt. Dort sagte man ihm, dass der Unterboden verrottet sei und verschiedene Kabel verschlissen.

Lange an der See gestanden

Vom Verkäufer erfuhr er auf Nachfrage, dass das Fahrzeug lange an der See gestanden hätte und dort der salzigen Luft ausgesetzt gewesen sei. Tage nach dem Kauf des Wohnmobils fand der Käufer durch Zufall einen Aufkleber einer holländischen Werkstatt an der Innenseite der Fahrertür. Der wies einen Kilometerstand von 176 000 Kilometern auf. Er beauftragte eine Werkstatt und einen Gutachter, herauszufinden, wie viele Kilometer das Fahrzeug tatsächlich gefahren war. Der Gutachter bestätigte die höhere Kilometerzahl. Der Käufer erstattete Anzeige.

„Wir haben niemanden betrogen“, erklären der 63-jährige Angeklagte und seine 35-jährige Ehefrau. Der Aufkleber mit dem Kilometerstand soll gar nicht an dem Wohnmobil gewesen sein. „Der Käufer hat sich eine Stunde das Fahrzeug angesehen und hat den Aufkleber nicht gesehen“, sagt der Beschuldigte. Als Beweis dafür, dass es keinen Aufkleber gegeben hat, nennt er die Firma, die das Fahrzeug lackiert hat. „Wenn der Aufkleber dran gewesen wäre, hätte die Firma ihn überlackiert.“

Gleichzeitig erklärt er, dass der mutmaßlich Geschädigte den Tacho selbst manipuliert hat. „Er wollte, dass ich das Fahrzeug für 24 000 Euro zurücknehme“, sagt er in der Verhandlung. „Er wollte dann auch ein gutes Wort bei der Staatsanwaltschaft für mich einlegen.“ Daraufhin wirft ihm der Geschädigte vor, Märchen zu erzählen. Auf Nachfrage von Richterin Magdalena Richter, woher der Angeklagte das Wohnmobil hat, nennt der eine holländische Firma, die in Essen ihren Sitz hat. Dem Käufer erzählte er angeblich, dass er das Fahrzeug von seinem Schwiegervater hätte. Der wäre krank und könnte nicht mehr damit fahren. Als die Richterin die holländische Firma im Internet ausfindig machen will, findet sie die nicht.

Das Gutachten, das den manipulierten Kilometerstand beweisen soll, nennt der Angeklagte, der sich selbst verteidigt, einen Witz. Wortreich versucht er zu erklären, wieso das Gutachten unglaubhaft sei. Als Beweis für die Existenz der Firma, von der er den Wohnwagen gekauft hat, legt er eine holländische Zulassung für ein anderes dort gekauftes Fahrzeug vor. Für die Richterin und die Staatsanwaltschaft zählen allerdings keine Aufkleber. Für sie ist das Gutachten maßgebend. Das Verfahren wird fortgesetzt.