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Fahrradkontrolle am Nadelöhr

Der Fußweg am Dresdner Schillerplatz ist stellenweise nur 1,80 Meter breit. Eine gefährliche Situation für alle Nutzer.

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© Sven Ellger

Von Kay Haufe

Der Buschfunk scheint gut zu funktionieren. Viele Radfahrer schieben am Mittwochvormittag ihr Rad auf dem östlichen Fußweg, um zum Schillerplatz zu gelangen. Aus gutem Grund, denn um die Ecke, vor der Sparda-Bank, warten Polizisten der Fahrradstaffel sowie vom Polizeirevier Dresden-Mitte. Sie halten Radfahrer an, die auf dem Fußweg fahren. Es ist die zweite Kontrollaktion nach einer am vergangenen Mittwoch, ausgelöst von Fußgängerbeschwerden. Über diese wurde heftig in den sozialen Netzwerken diskutiert. Viele warfen der Polizei Abzocke vor.

Doch genau darum gehe es nicht, sagt Polizeihauptkommissar Uwe Jänichen. „Das meiste Geld bekommt ohnehin die Stadt, wenn die Leute nicht gleich bar bezahlen“, sagt er. „Hier geht es um die enorm hohe Unfallgefahr. Und die wollen wir durch die Kontrolle entschärfen.“ Mit einem Lasermessgerät hat sein Kollege am Beginn der Kontrolle die Breite des Fußweges an verschiedenen Stellen gemessen. Während er direkt am Brückenbeginn, kurz hinter dem Café Toskana, noch 2,80 Meter beträgt, verengt sich der Fußweg auf der Brückenrampe bis zum Schillerplatz. Wo Lampen stehen, misst der Fahrradpolizist nur zwei Meter, direkt vor an der Ampel stehen lediglich 1,80 Meter zu Verfügung. Jänichen zeigt auf den Fußweg, wo sich gerade ein älterer Herr mit Krücken und eine junge Frau mit Kinderwagen begegnen. „Hier kann niemand radfahren, ohne andere zu gefährden. Das müsste jeder selbst erkennen“, sagt der Polizist. Doch genau in dem Moment kommt ein Radler um die Ecke. Ein Polizeibeamter bittet ihn abzusteigen, erklärt ihm die Situation und den Hintergrund der Kontrolle. Zehn Euro werden fällig. Dirk Hahn bezahlt sie, ohne zu murren. Er ist täglich auf dem Blauen Wunder unterwegs. „Die Situation hier ist keine gute für Radfahrer“, sagt er. Auf der Straße müsse er sich von Autofahrern anpöbeln lassen, dass er auf den Fußweg gehöre. Dort beschweren sich die Fußgänger. „Vielleicht muss die neue Fahrradstaffel auch mal zeigen, dass es sie gibt“, sagt Hahn. Doch er will nicht diskutieren, das bringe nichts. Andere Radfahrer, die von der Polizei angehalten werden, sehen das ganz anders. Lautstark monieren sie den Einsatz, wollen nichts zahlen. „In solchen Situationen hilft nur, ruhig zu bleiben und erneut zu erklären, warum hier nicht auf dem Fußweg gefahren werden kann“, sagt Uwe Jähnichen.

Würde er am Brückenbeginn stehen, würde Jänichen nicht abstrafen, sagt er. Dort sei der Weg breit genug, dass sich Fußgänger und Radfahrer gefahrlos begegnen können. „Es muss auch eine gewisse Logik hinter unseren Einsätzen stecken, die der Radfahrer erkennt.“ Für den Polizisten wäre ein Fußweg, auf dem Radfahrer erlaubt sind, eine gute Möglichkeit, um zumindest den direkten Brückenabschnitt zu regeln. „Dort könnten Radfahrer dann in Schrittgeschwindigkeit unterwegs sein“, sagt er. Direkt dahinter müssten sie aber wieder auf die Fahrspuren wechseln, weil die Fußwege nicht breit genug für beide Nutzer sind. Das kommt für das Straßen- und Tiefbauamt (STA) aber nicht infrage. Denn am Blauen Wunder sind die Geländer nicht hoch genug, um Radfahrer vor einem Sturz in die Elbe zu schützen, falls sie ins Straucheln geraten. Und auch die Breite des Fußweges sei zu gering, sagt Amtschef Reinhard Koettnitz.

Von vielen Fußgängern bekommen die Polizisten bei ihrer Kontrolle positive Kommentare. „Das ist viel öfter nötig, ich bin schon mehrfach von Radlern angefahren worden“, sagt Hilde Biener, die mit Rollator vorbeikommt. „Sie müssten außerdem die Geschwindigkeit der Radler messen. Einige rasen hier lang, als sei es eine Rennstrecke“, sagt Gerhard Müller. Er laufe deshalb stets am rechten Rand, aus Angst, umgefahren zu werden.

Von dieser kann auch Anja Pürschel aus dem Fachgeschäft für Diabetes-Artikel ein Lied singen. Viele Kunden schauten mehrfach nach rechts und links, bevor sie aus dem Laden auf dem Fußweg treten. „Vergangene Woche wurde ich Zeugin, als ein Radfahrer einen Fußgänger angefahren hat. Diese streckte instinktiv den Arm heraus, um sich zu schützen. Da hat der Radfahrer zugeschlagen“, sagt Pürschel. „So weit sind wir schon.“ Doch sie habe auch Verständnis, dass sich die Radfahrer nicht auf die Straße trauen, zu eng seien die Spuren und zu aggressiv die Autofahrer. „Das Blaue Wunder ist eine schwierige Strecke für alle Verkehrsteilnehmer.“

Gestern mussten weniger Radfahrer verwarnt werden als bei der letzten Kontrolle. „Wenn unser Einsatz dazu führt, dass es besser funktioniert, haben wir alles richtig gemacht“, sagt Hauptkommissar Jänichen. Er weiß jedoch , dass es langfristig eine Lösung für die Radfahrer geben muss, damit sie sicher über die Brücke kommen.