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Fachkräfte made in Meißen

Die Fachhochschule der sächsischen Verwaltung spielt bei der Neubesetzung von Behördenstellen eine wichtige Rolle.

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© Claudia Hübschmann

Von Dominique Bielmeier

Meißen. Die Kurve bei den Mitarbeitern im öffentlichen Dienst geht in dem Diagramm, das Christine Skokan, Pressesprecherin der Fachhochschule der sächsischen Verwaltung in Meißen, gerade verteilt hat, steil nach oben. Allerdings werden die Beschäftigten in Behörden, Verbänden oder Verwaltungen laut der Berechnung des Statistischen Landesamtes nicht immer mehr, sondern immer weniger: Die Kurve zeigt die Zahl der Altersabgänge im öffentlichen Dienst in den kommenden Jahren. Bis 2030 wird sie bei über 90 000 liegen.

Auch das Wohnheim in Bohnitzsch, bis vor Kurzem Asylheim, wird bald wieder genutzt.
Auch das Wohnheim in Bohnitzsch, bis vor Kurzem Asylheim, wird bald wieder genutzt. © Claudia Hübschmann

Aus diesem Grund sitzen neben Christine Skokan heute Hochschulrektor Frank Nolden sowie Frank Roleder, Referatsleiter Allgemeine Verwaltung, an einem Tisch, um über die Zukunft der Verwaltungsfachhochschule zu sprechen. Diese wird in den nächsten Jahren eine entscheidende Rolle beim Nachwuchs für den öffentlichen Dienst spielen und steht vor großen Herausforderungen. Die Flüchtlinge sind dabei noch das kleinste Problem.

Studentenzahlen: Rund 30 Prozent mehr Einschreibungen

1 714 Bewerbungen sind 2016 bei der Hochschule eingegangen – so viele wie seit fünf Jahren nicht. 224 Studenten werden für das Studium ab September immatrikuliert. Das ist fast ein Drittel mehr im Vergleich zum Vorjahr. Besonders für die Fachbereiche Sozialverwaltung und -versicherung sowie Allgemeine Verwaltung interessieren sich die jungen Leute, die aus ganz Sachsen nach Meißen kommen.

n insgesamt vier Fachbereichen werden Beschäftigte für die Laufbahngruppe 2, erste Einstiegsebene (gehobener Dienst) ausgebildet. Nach ihrem Studium – Rektor Nolden bezeichnet es scherzhaft als „Druckbetankung“ – haben die Absolventen ihre Anstellung in den meisten Fällen sicher. Und Nolden ist überzeugt: Seine Hochschule wird beim Thema Nachwuchs in Sachsen eine immer größere Rolle spielen.

Lehrkräfte: Auch die Belegschaft ist überaltert

Es gibt nur ein Problem, allem Studentensegen zum Trotz: Gleichzeitig schrumpft die Belegschaft. Ausscheidende Dozenten nehmen ihre Stelle meist gleich mit; der Altersschnitt liegt bei Mitte 50 bis 60, geeigneten Ersatz zu finden, ist oft schwierig. In einem Fachbereich wird in den nächsten Jahren die Hälfte der Dozenten ausscheiden. Und um Kommunalrecht überhaupt unterrichten zu können, musste gerade ein ehrenamtlicher Dozent, der in einer Kommune beschäftigt ist, überredet werden.

Der Freistaat ist sich dieser Probleme offenbar bewusst, schreibt in einer Pressemitteilung über den Bericht der Personalkommission, die sich ein Jahr lang mit solchen Fragen beschäftigt hat: „Der Freistaat Sachsen muss bis 2030 mehr als 38 000 neue Fachkräfte gewinnen. Neben Polizisten, Lehrern, Richtern und Staatsanwälten werden in allen Bereichen der Landesverwaltung junge engagierte Fachkräfte benötigt.“ Laut Rektor Nolden reagiert die Landesregierung schon: Der Hochschule seien unbefristete Stellen zugewiesen worden. Doch diese reichen längst noch nicht aus.

Wohnheim: „Wir hätten es uns schlimmer vorgestellt“

Die wohl größte Herausforderung, die die Hochschule in den vergangenen Monaten bewältigen musste, war die Unterbringung von Hunderten Asylsuchenden. Nachdem erst die Mehrzweckhalle auf dem zentralen Campus belegt wurde, machte der Freistaat das Studentenwohnheim in Bohnitzsch im September zur dauerhaften Erstaufnahmeeinrichtung. Im Mai dann die überraschende Information: Das Heim wird, wie viele andere, nicht mehr gebraucht.

Mit großer Sorge hat die Hochschulverwaltung das Gebäude, das zwischenzeitlich völlig in die Hand des DRK übergeben wurde, danach erstmals wieder betreten. Grundlos, wie Frank Roleder sagt: „Wir hätten es uns schlimmer vorgestellt.“ Die Beschädigungen an den Zimmern und Mobiliar seien gering und „mit einem guten Eimer Farbe und Handwerkern“ leicht in den Griff zu bekommen.

Schwieriger ist es bei den baulichen Veränderungen: In den Zimmern wurde aus Sicherheitsgründen die Stromversorgung gedrosselt und zum Beispiel Herdplatten ausgebaut. In den nächsten sechs Wochen werden diese Änderungen rückgängig gemacht, denn ab September sollen vorerst wieder 70 bis 80 Studenten dort wohnen können. Insgesamt sollen in dem Wohnheim später 300 bis 400 Studenten unterkommen.

Hochschulname: Nicht mehr so sperrig, bitte

Seit dem 9. Mai 2015 ist die Fachhochschule mit der Akademie für öffentliche Verwaltung des Freistaates Sachsen (AVS) fusioniert. Diese bietet Fortbildungen für alle Bereiche der Verwaltung an und lockt weitere Leute aus dem ganzen Land nach Meißen. Die dürften eine ganze Weile brauchen, um sich den sperrigen Hochschulenamen zu merken: Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege Meißen, Fortbildungszentrum des Freistaates Sachsen. Oder „kurz“: FHSV-FoBiZ. Rektor Nolden hätte gerne einen eingängigeren Namen: „Wir plädieren für Hochschule Meißen.“ Das entspräche den Namen für andere Hochschulen im Land – und würde auch wieder in die Absenderfahne passen.