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„Ey, wo ist das Problem?“

Wirt Mike Hilge über das Aus für das „Excalibur“ in Ödernitz, Doppelmoral und seine Karriere im Porno-Geschäft.

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© Jens Trenkler

Von Thomas Staudt

Ödernitz. Anfang März hatte ein Aufruf im Internet unverblümt zu einem privaten Porno-Dreh „in der Nähe von Görlitz“ eingeladen und damit für erhöhte Aufmerksamkeit gesorgt, für schlüpfrige Witze, gespielte oder echte Empörung und Nachfragen im Nieskyer Rathaus. Denn kaum war der Aufruf lanciert, hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet, dass es sich nur um die Gaststätte Excalibur in Ödernitz handeln könne. Wirt Mike Hilge ging in die Offensive. Er nahm in einem Video ziemlich genervt Stellung dazu und erhielt darauf Tausende von Klicks.

Herr Hilge, wer bei Ihren Sex-Partys nicht erkannt werden will, muss seine Maske selber mitbringen. Ist das nicht ein bisschen viel verlangt?

(Hilge lacht) Jetzt mal im Ernst: Dieser Aufruf kam definitiv nicht von mir. Ich habe damit absolut nichts zu tun.

Aber wer stellt so etwas ins Netz? Und vor allem, warum?

Ich kann mir schon denken, wer dahintersteckt. Aber das behalte ich für mich. Die Gründe liegen auf der Hand: Man wollte mir einfach schaden. Anfangs habe ich mich geärgert. Inzwischen sehe ich das Ganze mit Humor.

Welche Reaktionen haben Sie auf diese Geschichte bekommen?

Einige haben gesagt: Pfui!, und im nächsten Moment gefragt, ob sie mitmachen können. Und das erfinde ich nicht bloß. Außerdem hatte ich Anrufe. Einige waren ganz schön heftig. Aber das kann ich ab. Als eine Frau gefragt hat, ob unsere Kinder zusehen, wenn wir … – da bin ich ausgeflippt.

Haben Sie Anzeige erstattet?

Nein. Ich habe daraufhin das Video ins Netz gestellt …

… auf dem Sie einräumen, im Porno-Geschäft tätig zu sein.

Das war nie ein Geheimnis. Unsere Stammgäste wussten längst Bescheid. Schon kurz nachdem wir hierher gezogen sind, kamen die ersten und fragten, ob das stimmt. Das tut es. Ich habe vor der Kamera gestanden und dahinter, Filme geschnitten und vermarktet. Meine Frau ist im Bereich Gothic-Erotik sogar ziemlich bekannt. Ey, wo ist das Problem? Aber diese Gruppengeschichten, wie sie in dem fingierten Aufruf vorkommen, das haben wir nie gemacht.

Mit Verlaub, Sie sind schwer als California Dream Man vorstellbar. Wie darf man sich Ihren Einstieg ins Porno-Geschäft denken?

Ich bin gelernter Schauspieler und seit zwanzig Jahren im Filmbusiness. Irgendwann habe ich durch Zufall Dino (eigentl. Josef Baumberger, Anm. d. Red.), den damaligen Mann von Dolly Buster, kennengelernt. Er hat mir vorgeschlagen, einen Film zu machen. Als ich gemerkt habe, dass man damit Geld verdienen kann, bin ich dabeigeblieben. Inzwischen habe ich vielleicht tausend Filme gemacht mit einer Länge von jeweils 15 bis 120 Minuten.

Wer ins Excalibur geht, täte hinterher gut daran, zu beteuern, er habe nur dort gegessen, heißt es augenzwinkernd. Haben Sie je Filme in Ödernitz gedreht oder Sex-Partys veranstaltet?

Vielleicht hätte ich das tun sollen. Nein, Hand aufs Herz: Das passt nicht zusammen. Was sollen denn die Leute denken, wenn ich Laken vor die Fenster hänge, damit niemand reingucken kann? Das Einzige, was tatsächlich hier entstanden ist – und darauf spielen Sie vermutlich an –, ist ein Profilfoto meiner Frau hinter der Bar.

Sie wollen das Excalibur schließen. Bleiben Ihnen jetzt die Gäste weg?

Nein, einen Rückgang der Gästezahlen konnte ich nicht feststellen. Aber: Sex sells. Mit einem bestimmten Internetportal habe ich bisher so gut wie kein Geld verdient. Jetzt schon. Eigentlich sollte ich denen dankbar sein, die den gefakten Aufruf ins Netz gestellt haben. Der hat einen ziemlichen Hype ausgelöst. Jetzt bin ich der Porno-Tuck. Deshalb machen wir nur noch am Wochenende auf und werden Anfang Mai ganz zumachen.

Sie sind Wirt, auf Mittelaltermärkten Bruder Tuck und produzieren Met. Alles nur Tarnung?

Blödsinn. Mittelalter macht uns Spaß. Das machen wir wirklich gern. Die Märkte sind eines unserer Standbeine. Auch die Produktion und der Verkauf von Met wird weitergehen.

Aber davon kann man wahrscheinlich kaum leben, oder?

Ich habe seit der Geschichte viele Anfragen aus der Pornobranche. Wir machen beispielsweise eine Serie mit dem Titel „Sachsen peept“, in der wir Pärchen zu Hause filmen. Dann habe ich einen eigenen Kanal als Porno-Tuck auf Youtube gestartet. Auf der Erotikmesse Venus werden wir im Oktober in Berlin eine neue Dildo-Kollektion vorstellen und Real-Love-Dolls, also lebensechte Gummipuppen im Luxussegment.