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Extratour auf der Ortsumfahrung

Keine Raser. Keine Drängler. Kein Gegenverkehr. Und nagelneuer Asphalt unter den Reifen. Während eines Baustellenreports durfte die SZ schon vergangene Woche auf dem neuen Teil der Bischofswerdaer Umgehungsstraße fahren.

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Von Ingolf Reinsch

Keine Raser. Keine Drängler. Kein Gegenverkehr. Und nagelneuer Asphalt unter den Reifen. Während eines Baustellenreports durfte die SZ schon vergangene Woche auf dem neuen Teil der Bischofswerdaer Umgehungsstraße fahren. 3,3 Kilometer von der B6 bis kurz vor Rammenau, was bei erlaubtem Tempo 100 in gut zwei Minuten zu schaffen ist. Doch wer schaut während einer solchen Fahrt schon auf die Uhr.

Gleich hinter der Einmündung von der Bundesstraße 6 gibt es einen Anstieg. Sechs Prozent beträgt hier die Steigung zum Napoleonstein. Also, Gas geben. Hier ist die Straße dreispurig ausgebaut – eine Spur ist für Lkw und andere Langsamfahrer gedacht.

Unterhalb des einstigen Steinbruchs „Napoleonstein“ denkt man kurzzeitig, im Gebirge zu sein, was nicht nur an der Steigung, sondern auch an den Granitfelsen auf beiden Seiten der Straße liegt. Noch ein paar Meter schlängelt sich die Straße nach oben, ehe sich der Blick über die Felder ins „Geißmannsdorfer Tal“ öffnet. Weiter geht’s bergab auf dem für die Straße errichteten Damm – immer nach Norden. Im langen Bogen zieht sich eine Kurve nach links. Dadurch sieht man vom Damm aus den Brückendurchlass am künftigen Regenrückhaltebecken. Gedacht ist diese Unterführung vor allem dafür, dass die Landwirte weiterhin zu ihren Feldern kommen.

Auch ihnen sagte man – neben den Bauleuten und Planern – Dankeschön, als die Straße gestern Vormittag offiziell übergeben wurde. Denn sie hätte wohl nicht so unkompliziert gebaut werden können, hätten Landbesitzer und Landwirte nicht auf einen Teil ihrer Felder verzichtet. Anderswo kämpfen Bürger gegen neue Straßen. In Bischofswerda hatte sich eine Bürgerinitiative für den Bau der Ortsumfahrung stark gemacht, der auch Vertreter anderer Kommunen, bis in die Sächsische Schweiz, angehörten. „Neustadt in Sachsen sagt Danke“, stand auf einem Transparent, das Vertreter der Stadt gestern mitgebracht haben.

Sechs Millionen Euro teurer

Sachsens Wirtschaftsminister Sven Morlock (FDP) sprach von einer zweifachen Bedeutung der Umgehungsstraße: Sie entlaste die Stadt Bischofswerda und umliegende Orte vom Lkw-Verkehr. Und sie schaffe eine schnelle Verbindung für die Region zur Autobahn A 4, was vor allem der Wirtschaft zugute komme. Auch Jan Mücke (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, hob die überregionale Bedeutung der neuen Straße hervor: „Mit der Gesamtverkehrsfreigabe der Ortsumgehung Bischofswerda wird die Leistungsfähigkeit der B 98 gesteigert. Wir sorgen für eine zügige Verkehrsführung und hohe Kapazität des Straßennetzes von Neustadt bis zur Anschlussstelle Burkau der A 4.“ Jan Mücke bezifferte die Baukosten für die gesamte, rund sieben Kilometer lange Ortsumfahrung mit fast 25 Millionen Euro. Geplant waren ursprünglich 19 Millionen.

Glück sei entlang der Straßen zu suchen, nicht am Ende des Weges, sagte Landrat Michael Harig (CDU) in einem Grußwort. Was den Straßenbau angehe, sei man noch nicht am Ziel. Bischofswerdas Oberbürgermeister Andreas Erler (CDU) verglich die Bedeutung der Straße für die Stadt mit dem Tag, als Bischofswerda 1845 einen Bahnanschluss bekam. Und er nannte ein nächstes Ziel: die Anbindung der Stadt an das Dresdener S-Bahnnetz.

Nicht nur Polit-Prominenz war zur Eröffnungsfeier geladen. Auch Einwohner aus Geißmannsdorf waren unter den Gästen. Er denke, dass das Dorf jetzt vom Schwerlastverkehr entlastet werde, sagte einer der Geißmannsdorfer.

Wer in Richtung Rammenau fährt, lässt das Dorf jetzt rechts liegen. Im zweiten Abschnitt der frei gegebenen Trasse rollt es fast von allein. Unter der Brücke hindurch, über die jetzt der Kirchsteig zwischen Bischofswerda und Rammenau führt. An den Wällen links und rechts vorbei, ehe sich die Landschaft kurz vor Rammenau wieder öffnet. Noch zwei kleinere Brücken über einen Weg und das Kreuzwasser – und schon sieht man das Rammenauer Ortsschild. Und nun schaue ich doch auf die Uhr: knapp vier Minuten bei Tempo 60. Die vielleicht einmalige Gelegenheit, Bischofswerdas neue Straße zu genießen, ohne als Verkehrsbremse wahrgenommen zu werden.