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Explosionen wecken sogar die Radebeuler

Augenzeugen sind auch Stunden später noch beeindruckt von Feuer, Lärm und Rauch. Viele kommen zur Brandstelle.

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Von Ines Scholze-Luft

Coswig/Radebeul. Gerhard Kämmerzähl sieht nicht so aus, als ob ihn schnell was aus der Ruhe bringen könnte. Sommerlich leicht bekleidet, steht der Coswiger neben den Bahngleisen. Gegenüber das Betriebsgelände des Lackherstellers Herlac. Der Rentner wohnt auf der nahen Jaspisstraße, kann das nächtliche Brandgeschehen genau verfolgen. Auch er meint anfangs, ein Feuerwerk zu hören. Wegen der explodierenden Fässer. Doch die Riesenflammen „beinahe wie ein Atompilz“ belehren ihn schnell eines Besseren. Bloß gut, dass kaum Wind geht, da sind die Rauchwolken eher hoch gestiegen, haben sich dort verteilt, sagt er. Doch in einen der Gärten der Sparte an den Gleisen soll es Aschereste geweht haben. Was den Coswiger ebenfalls beeindruckt: dass der Brand so viele Leute angelockt hat. Sie sind über den Weg an der Lockwitz gekommen. Wie auf einer Flaniermeile.

Der Großbrand in Coswig

Die Dame ganz in Schwarz und die beiden Uniformierten, die gerade über die Gleise gehen, sind dienstlich da. Die Brandursachenermittlerin untersucht eine Spur im Gras am Bahnhang. Zwei junge Männer, Wachpolizisten aus Dresden, gehen ihr dabei zur Hand. Nicht nur der Brandort selbst, auch die Umgebung wird abgesucht, von außen nach innen. Ob es tatsächlich Brandstiftung ist, wie in Coswig vermutet wird, kann die Polizistin noch nicht sagen. Nur so viel: Auch sie ist gespannt auf das Ergebnis der Ermittlungen.

Andreas Bieback, er radelt gerade den schmalen Weg an der Schiene entlang, hat das Feuer ebenfalls mitgekriegt. Schließlich wohnt er ganz in der Nähe auf der Auerstraße. Hat gesehen, dass viele Richtung Lackfabrik laufen. Wobei ihn eines verstört. Eine Gruppe junger Leute habe ganz fröhlich gerufen: Es brennt, es brennt. Die machen ein Volksfest draus, so seine Gedanken. Und das habe er auch laut gesagt. Sie sollten doch überlegen, dass da Menschen zu Schaden gekommen sein könnten. Über so viel Respektlosigkeit kann er nur den Kopf schütteln. Schließlich habe er sogar befürchtet, das Feuer könne sich ausbreiten, vielleicht sogar über die Bahngleise. Das habe ihm schon Angst gemacht.

Ein nicht namentlich genannt sein wollender älterer Herr – er hat in seinem privaten Garten unweit der Lackfabrik übernachtet – erzählt, er ist durch ein ungewöhnliches Geräusch wie Knallerbsenknallen munter geworden. Dann aber hört er Explosionen, sieht Stichflammen. Und tüchtige Rauchschwaden, die wie ein großer Schlauch Richtung Zentrum ziehen. Da habe er die Leute rundum aus dem Bett geklingelt. Was ihn bei dem Ganzen wundert: dass er keine Sirene hört. Und dass die Feuerwehr trotz der großen Feuersbrunst so schnell fertig ist mit ihrer Arbeit.

Nicht nur den Coswigern bringt der Brand schlaflose Stunden. Flammen und Rauch sind bis Radebeul zu sehen. Das zeigen die Fotos eines Naundorfers, der ebenfalls durch die Explosionen geweckt wird und gegen 1.40 Uhr den Auslöser drückt.