Zittau
Merken

Exotische Spinne zwischen Mangos

Sascha Barth hat das Krabbeltier bei Kaufland in Zittau entdeckt. Ein Experte vom Naturkundemuseum aber gibt Entwarnung.

 4 Min.
Teilen
Folgen
Diese Spinne entdeckte Sascha Barth in der Zittauer Kaufland-Filiale
Diese Spinne entdeckte Sascha Barth in der Zittauer Kaufland-Filiale © S. Barth

Im ersten Moment ist Sascha Barth erschrocken, als in der Mangokiste plötzlich eine exotische Spinne herumkrabbelte. „Sie sah etwas anders aus als herkömmliche Spinnen und sie war sehr schnell“, berichtet der Zittauer. Umgehend informierte er eine Verkäuferin, die ihrerseits einen jungen Kollegen heranholte. „Der hatte schon Handschuhe an“, erzählt Sascha Barth weiter. Er habe die Spinne nach draußen in die Freiheit entlassen. Die Mitarbeiter der Zittauer Kaufland-Filiale hätten sehr ruhig und gelassen auf den ungewöhnlichen Fund reagiert, so der Eindruck von Sascha Barth. Sie wussten scheinbar, mit welchem Krabbeltier sie es zu tun haben, sonst hätten sie es nicht sofort freigelassen, meint der 52-Jährige. Immerhin hätte es ja auch eine giftige Spinne sein können.

... hat Sascha Barth bei Kaufland an der Keimann-Straße in der Obstabteilung entdeckt. Derartige Funde kommen in deutschen Supermärkten sehr selten vor, wie zwei große Lebensmitteldiscounter bestätigen.
... hat Sascha Barth bei Kaufland an der Keimann-Straße in der Obstabteilung entdeckt. Derartige Funde kommen in deutschen Supermärkten sehr selten vor, wie zwei große Lebensmitteldiscounter bestätigen. © www.foto-sampedro.de

Das dem nicht so ist, bestätigt Diplombiologe Thomas Lübcke vom Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz: „Bei dem in der Obstabteilung entdeckten Krabbeltier handelt es sich um eine männliche Riesenkrabbenspinne, mit ziemlicher Sicherheit um die Art Heteropoda venatoria.“ Sascha Barth hat dies bereits vermutet. Diese Spinne gehört zu den häufigsten „blinden Passagieren“ in Obstlieferungen und ist, wie alle Arten der Riesenkrabbenspinnen, für Menschen ungefährlich, wie Lübcke weiter hinweist. Ihre ursprüngliche Heimat ist Südostasien. Mittlerweile kommt sie durch Verschleppung aber auch beispielsweise in Südamerika vor. „Selbst in Mitteleuropa existieren wilde Populationen, hier allerdings nur in Gewächshäusern und Zoos, da sie die kalten Monate im Freien nicht überstehen“, erklärt der Mitarbeiter des Senckenberg-Museums.

Es passiere laut Lübcke gelegentlich, dass Exoten, vor allem Spinnen, mit Obstlieferungen unbemerkt importiert werden. Im Verhältnis zu den sehr großen Mengen exotischer Früchte, die weltweit umgeschlagen werden, sind Lebendfunde von Tieren aus den Ursprungsländern im deutschen Lebensmitteleinzelhandel aber extrem selten, beruhigt Thomas Bonrath, Pressesprecher der Rewe Markt GmbH. Auch beim Mitbewerber Kaufland komme es äußerst selten vor, dass ein exotisches Insekt in einer Obstkiste mittransportiert wird, wie Janina Wickel von der Kaufland Stiftung & Co. KG auf SZ-Nachfrage erklärt.

Und Thomas Lübcke ergänzt, dass ihm in den 14 Jahren, die er nun im Senckenberg-Museum arbeite, nur zweimal eine exotische Spinne gebracht worden sei, die zuvor in einer Obstkiste gefunden wurde. „Dreimal wurden Geckos aus Italien beziehungsweise Frankreich, die sich auf Frachtpaletten versteckt hatten, bei mir abgegeben“, fügt er hinzu. „Und zweimal hatten Kroatienurlauber harmlose Skorpione als blinde Passagiere im Gepäck.“ Sogar ein Rotkehlanolis aus den USA hatte die unfreiwillige Reise nach Deutschland angetreten. Die Echse hatte sich in einem Pinienzapfen versteckt, den eine Urlauberin als Souvenir eingesammelt hatte.

Entweder bringen die Leute selbst ihre Fundtiere ins Museum oder das Umweltamt oder das Veterinäramt konsultiert den Museumsmitarbeiter deswegen. Einmal sei sogar die Bundespolizei auf ihn zugekommen. Zwar kommt es sehr selten vor, aber es sei nach Lübckes Worten nicht ausgeschlossen, dass es sich auch einmal um ein potenziell gefährliches Tier handelt. So wie vor sieben Jahren bei einem 20-jährigen Bahnreisenden, aus dessen Tasche eine afrikanische Tarantel gekrabbelt war. Der junge Mann war gerade von einem Auslandsaufenthalt in Mosambik und Mali zurückgekehrt. Auch in diesem Fall war die Bundespolizei zu Hilfe geeilt und hatte das exotische Tier eingefangen und einem Fachmann übergeben.

Den jüngsten Vorfall gab es im Naturkost-Arche-Bioladen von Ralph Marscholek in Görlitz. Hier war in einer Bananenkiste aus Ecuador ebenfalls eine Riesenkrabbenspinne eingeschleppt worden. Das exotische Tier ist nun im Vivarium des Senckenberg-Museums zu sehen. Bereits zwei Jahre zurück liegt ein Fall, bei dem in einem Radeberger Supermarkt zwei exotische Spinne, davon auch eine Riesenkrabbenspinne, entdeckt wurden. Taucht eine exotisch aussehende Spinne oder etwas anderes in der Gemüseabteilung auf, rät Thomas Lübcke davon ab, das Tier auf eigene Faust einzufangen. Vielmehr sollten Sachkundige herangezogen werden – so wie eben das Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz oder notfalls auch die Feuerwehr. Zu allererst sollten sich die Kunden bei einem Spinnenfund in einer Kaufland-Filiale in jedem Fall an das Marktpersonal wenden, weist die Kaufland-Pressesprecherin hin. „Unsere Mitarbeiter sind entsprechend geschult“, erklärt Janina Wickel. „Falls der Verdacht besteht, dass es sich hierbei um ein exotisches Insekt handeln könnte, kann die örtliche Feuerwehr zu Rate gezogen werden.“ Der Rewe-Pressesprecher bleibt bei seinen Hinweisen deutlich unkonkreter. In entsprechenden Fällen werde man situativ Maßnahmen ergreifen, die notwendig sind, um Kunden und Mitarbeiter zu schützen, heißt es von seiner Seite.

Sascha Barth hat aus dem Erlebnis etwas gelernt: Künftig sieht er genauer hin, wenn er Obst kauft.