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Exotische Lieblinge

Mehr als 350 verschiedene Orchideen hat Isolde Schwaten gesammelt. Ihre erste kam sie teuer zu stehen.

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© Sven Ellger

Von Nadja Laske

Schon der Transport ist eine Wissenschaft für sich. Ganz vorsichtig hat Isolde Schwaten die zarten Gebilde aus ihren Vitrinen gehoben. Dort wachsen ihre Orchideen auf moosigem Grund und wollen eigentlich in Ruhe gelassen werden. Ausnahmsweise aber kann ihnen die Sammlerin diesen Wunsch nicht erfüllen. Rund ums Jahr bekommen ihre Lieblinge alles, was sie wollen: Wärme, Licht und Feuchtigkeit, Kälte, Dunkelheit und wenig Nahrung, je nach Art, Gattung und Jahreszeit. Jede ihrer 358 Pflanzen ist anders anspruchsvoll, und Isolde Schwaten umsorgt sie mit dem Fingerspitzengefühl der hingebungsvollen Orchideenexpertin.

Sophrolaeliocattleya Sunrise: Die gelbe Blüte kommt durch Kreuzung zustande.
Sophrolaeliocattleya Sunrise: Die gelbe Blüte kommt durch Kreuzung zustande. © Sven Ellger
Paphiopedilum Rosy Dawn: Die Orchideenzüchtung ist als Frauenschuh bekannt.
Paphiopedilum Rosy Dawn: Die Orchideenzüchtung ist als Frauenschuh bekannt. © Sven Ellger
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Dendropium gracilicaule: Diese zarte Orchideenart ist so in der Natur zu finden.
Dendropium gracilicaule: Diese zarte Orchideenart ist so in der Natur zu finden. © Sven Ellger

Größere Exemplare sind Ende der Woche samt Topf in Gitterboxen und gut gepolstert auf Reisen gegangen. Was in Familie Schwatens Wohnung so herrlich blüht, soll unbeschadet am größten Schauplatz des Jahres ankommen. Seit Donnerstag präsentieren auch die regionalen Orchideensammler der Deutschen Orchideengesellschaft ihre schönsten Pflanzen auf der Internationalen Orchideenwelt in der Messe Dresden. „Bei uns zuhause sieht es gerade recht unspektakulär aus“, sagt Isolde Schwaten. Alles was blüht, sprießt jetzt am Messestand des Vereins. Der besteht aus einem kunstvollen Beet, einer dschungelartigen Landschaft aus Hügel, dampfender Quelle und überbordender Blütenpracht.

Kurz nach der Wende hat Isolde Schwaten begonnen, Orchideen zu sammeln. Ihre Exotik reizte sie schon früher, doch die Pflanzen waren in der DDR kaum zu haben. Auf eine seltene Ausnahme geht die Leidenschaft der Dresdnerin zurück: „In der Grünen Straße gab es früher einen Blumenladen“, erinnert sich die 68-Jährige. Zufällig kam sie dort vorbei und sah eine Orchidee im Schaufenster stehen. Ihre winzigen, zarten, orangefarbenen Blüten faszinierten sie so sehr, dass sie nicht anders konnte. „Ich musste sie kaufen und habe sagenhafte 50 Mark dafür bezahlt.“

Doch die Lepanthes telipogoniflora, wie sie lateinisch heißt, hatte kein langes Leben. „Die Verkäuferin sagte mir, ich solle einfach nur Wasser in den Pflanztopf füllen und es dann wieder abgießen.“ Dass die Blähtonkügelchen, in denen die Orchidee wurzelte, so rasch keine Feuchtigkeit aufnehmen können, wusste sie nicht. Heute ist Isolde Schwaten klar: „Ich hätte viel länger wässern müssen.“ Doch was tun, wenn es weder Internet noch Fachliteratur gibt. So verdurstete die Schöne vor den Augen ihrer Besitzerin, und es mussten etliche Jahre vergehen, bis es Möglichkeiten gab, sich schlauer zu machen. Im Jahr 1992 war es endlich so weit. Isolde Schwaten startete einen neuen Versuch, dieses Mal unter deutlich besseren Bedingungen. Sie kaufte eine sogenannte Coelogyne cristata und machte dieses Mal alles richtig. Der Beweis blüht jetzt auf der Messe im Moosbett: Die Engelsorchidee ist inzwischen 26 Jahre alt und zeigt sich pünktlich zur Orchideenschau von ihrer schönsten Seite.

Inzwischen bietet der Markt zahllose Ratgeber. Anfangs belas sich Isolde Schwaten in Bibliotheken. Nun findet sie auch Tipps im Internet und tauscht sich mit anderen Sammlern oder mit Züchtern aus. Gleichgesinnte trifft sie regelmäßig bei den Vereinabenden. „Da bringt jeder mal eine Pflanze mit und stellt sie den anderen vor.“ Auch Vorträge von Experten gehören zum Programm. Außerdem hält Isolde Schwaten Kontakt zu Facebookgruppen. Nicht nur virtuelle, sondern auch richtige Freundschaften sind aus dem Hobby entstanden. „Jeder weiß vom anderen, welche Orchideen er zuhause hat. Wenn ich also Informationen zu einer Art brauche, weiß ich immer, wen ich fragen kann.“

Vielleicht wird Isolde Schwaten diese Kontakte bald brauchen. Auf der Messe hat sie drei winzige neue Pflänzchen gekauft: Nummer 359, 360 und 361 ihrer Sammlung. Die sollen sich bald in einer der heimischen Vitrinen wohlfühlen, oder im selbst gebauten Wintergarten. Dort vertragen sich botanische Vertreter aller Herren Bundesländer. Denn wenn Isolde Schwaten und ihr Mann Urlaub machen, suchen sie meistens einen Züchter vor Ort auf – für eine blumige Erinnerung an die schöne Zeit.

Die Ortsgruppe Dresden der Deutschen Orchideengesellschaft trifft sich jeden 3. Freitag des Monats, 19 Uhr, im Restaurant Alexandros auf der Großenhainer Straße 35b. Interessierte Gäste sind herzlich willkommen.

www.orchidee-dresden.de