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Ex-Gefängniswärter wegen Schmuggels verurteilt

Ein Justizbeamter hat Gefangene mit Handys und Alkohol versorgt. Dafür ließ er sich bezahlen. Jetzt wurde er verurteilt.

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© Christian Juppe

Alexander Schneider

Wenn er ein bisschen überrascht gewesen sein sollte, hat er es sich nicht anmerken lassen. Ricardo F., ehemals Justizbeamter im Dresdner Gefängnis, wurde am Donnerstag zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der 53-jährige Deutsche aus Neustadt in Sachsen hatte gestanden, über Jahre vor allem Alkohol und Handys in die Dresdner Justizvollzugsanstalt (JVA) geschmuggelt zu haben. Die Strafkammer sprach ihn wegen Bestechlichkeit in 44 Fällen schuldig. Der Schließer wird nun zum Häftling. Sein Verteidiger Andreas Gumprich hofft, dass sein Mandant seine Strafe in einer JVA außerhalb Sachsens verbüßen darf. Als Ex-Justizbedienstetem drohten ihm im Freistaat Repressionen von Mitgefangenen.

Das Urteil ist Ergebnis einer Verfahrensabsprache. Ricardo F., der schon nach seiner Festnahme vor einem Jahr umfassend Angaben zu seinen Taten gemacht hatte, räumte in dem Prozess alle Vorwürfe ein. „Mir ist klargeworden, was ich verbockt habe“, er habe geglaubt, es werde mit den Handys „nur telefoniert“, aber habe nun sehen müssen, dass damit auch Straftaten begangen wurden, sagte F. Er habe der JVA und seiner Familie einen Bärendienst erwiesen, entschuldigte er sich.

Das Gericht – und das war die Überraschung – blieb am unteren Rand des angekündigten Strafrahmens. „Schon aus generalpräventiven Erwägungen kommt keine Bewährungsstrafe infrage“, hatte der Vorsitzende Richter Joachim Kubista angekündigt. 44 oft gewerbsmäßig begangene Taten mit einer Mindeststrafe von einem Jahr pro Tat und der lange Zeitraum – das sei einfach zu viel. Die Folgen sind auch so für den Angeklagten erheblich. F. wurde vor einem Jahr suspendiert. Nun verliert er Beamtenstatus und Pensionsansprüche. Schon das allein steht in keinem Verhältnis zu dem, was F. als Lohn bekommen haben soll – 30 Euro pro Handy. Viel mehr wurde als Motiv nicht bekannt.

Es hatte mit Mario G. (49) begonnen, einem langjährigen Gefangenen, mit dem F. Freundschaft geschlossen hatte. Die Männer tranken gemeinsam Tee in G.s Zelle, der Beamte begleitete G. stets bei seinen regelmäßigen Ausgängen und besorgte ihm ab 2012 Alkohol, 2013 dann das erste Handy. Mario G., er ist unter anderem wegen Missbrauchs von Kindern massiv vorbestraft, hatte dem „Kumpel“ vorgemacht, seine Tochter arbeite beim diplomatischen Dienst, sei oft auf Reisen und schwer erreichbar. F. hat das angeblich geglaubt.

Dem ersten Handy folgten weitere. G. kaufte die Geräte im Internet, bezahlte sie online – und ließ sie an F.s Privatadresse liefern. Dafür kassierte er 50 Euro, von denen er 30 an F. weiterreichte. Der brachte die Geräte in die JVA, er wurde nicht kontrolliert. F. und andere Bedienstete waren offenbar bereits 2014 angeschwärzt worden. Ende 2015 fing die Polizei seine Post ab: In zwei Monaten sieben Handys, wie Staatsanwältin Karin Schreitter-Skvortsov sagte. Sie ist überzeugt, dass die F. vorgeworfenen Taten „nur die Spitze des Eisbergs“ seien.

Die Geräte wurden abgehört, um ihre Spur zu verfolgen. So schnitt die Polizei mit, wie Inhaftierte Drogen bestellten, sich Kinderpornografie beschafften und einmal sogar einen Mord in Auftrag gaben. Gegen diese Insassen laufen die Ermittlungen zum Teil noch. Eine von F.s Handylieferungen ging auch an einen Infinus-Manager.

Rebecca Stange, stellvertretende JVA-Chefin, sagte als Zeugin, 2015 wurden in Hafträumen 145 Handys gefunden, im Jahr darauf noch 68. Immer öfter würden Geräte über die Gefängnismauer geworfen. 350 Bedienstete betreuten in Dresden bis zu 860 Insassen. Die Belastung für die Bediensteten ist hoch. Es fehlten laut Stange 30 Mitarbeiter.

Mario M. wurde wegen Bestechung zu einer neuen Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt – drei Jahre brachte er jedoch schon mit. Gabriel P., ein 34-jähriger Rumäne, der ebenfalls Handys von F. weitervertrieb, erhielt eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten.