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Ex-Bausoldaten machen Musik

Das Blechbläser-Ensemble Musica 85 trat in Lenz und Skassa auf. Die Menschen verbindet eine ungewöhnliche Geschichte.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Lenz/Skassa. Sie heißen Pedron, Richard, Annegret oder Ilona. Aus Großenhain ist Hagen Zenker dabei. Die meisten kommen aus Sachsen, einige aus dem Stuttgarter Raum. Sie spielen einen prima Beat mit Trompeten, Hörnern, Posaune und Tuba. Die 13 Musikanten nennen sich Musica 85. In Lenz spielten sie am Sonnabend in der Kirche vor rund 30 Konzertbesuchern. Am Sonntagvormittag waren sie in der Skassaer Kirche zu erleben. Hier im Pfarrhaus hatten sich die Freizeitmusiker auch einquartiert – zu einem Proben- und Auftrittswochenende, wie sie es zwei Mal im Jahr organisieren.

Das Entstehen von Musica 85 ist ungewöhnlich und auf eine gemeinsame Vergangenheit zurückzuführen, an die sie sich eigentlich nicht so gern erinnern. „Wir waren Bausoldaten auf Rügen, von 1983 bis 1985“, erzählt Hagen Zenker. Als Christen verweigerten sie den Dienst mit der Waffe. Deshalb wurden die Bausoldaten damals meist erst mit 26 Jahren eingezogen, weil manche dann schon Familie hatten und der Spatendienst so besonders schwer fiel. „Wir wurden von der Armee an zivile Betriebe ausgeliehen und bauten den Fährhafen in Mukran bei Saßnitz mit“, so Hagen Zenker. Die Fährverbindung ins litauische Kleipeda hat bis 1998 bestanden. Die Bausoldaten mussten Schachtarbeiten verrichten, waren Anschläger im Verladebahnhof, bauten die Plateaus für die Molensteine. Die Männer von Musica 85 hatten schon damals Instrumente und spielten gemeinsam in ihrer Freizeit. Sie waren etwa 30 von rund 400 Bausoldaten.

Als sie aus der Armee entlassen wurden, trafen sich sieben Musiker in Bautzen wieder und gründeten das sächsische Bläserensemble. „Wir wollten weiter gemeinsam üben und spielen. Wegen der Motivation und zum Lob Gottes haben wir seitdem jährlich zwei Konzertwochenenden gegeben“, so Jürgen Schreiber.

Vor sechs und vor vier Jahren war Musica 85 schon einmal in der Großenhainer Region. Heute spielen auch Angehörige mit. So lassen die Bläser, die einen prima Beat spielen, neue und klassische Stücke erschallen. Pfarrer Zehme hofft in Lenz, „dass die Kirche der akustischen Beanspruchung standhält“. Denn hier wurden gerade die Deckenbalken erneuert – die Kirche wird saniert.

Die geistliche Bläsermusik ist eine erhebende und bewegende Erfahrung, spricht Zehme den Konzertbesuchern aus dem Herzen. „Das schwingt nach und tut der Seele gut“. Der Klang der Blasinstrumente halt nach, man geht bewegt nach Hause. Schon Martin Luther hatte diese Erlebnisse. „Musik“, notierte Luther, „ ist die beste Gottesgabe. Musik ist der beste Trost. Musik macht die Leute vernünftiger.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.