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„Es waren 27 Schlachtflugzeuge“

Die SZ ist mit ihren Lesern auf Spurensuche zum Kriegsende 1945. Heute: Der 82-jährige Werner Hirsch wundert sich über Spekulationen zum Bombenangriff am 7. Mai 1945 auf Radeberg.

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Von Jens Fritzsche

Er wundert sich, sagt Werner Hirsch aus Radeberg, dass dieser Bombenangriff fast aus dem Gedächtnis der Stadt Radeberg verschwunden ist. „Warum kann sich bei damals 15 000 Einwohnern niemand mehr genau daran erinnern?“, fragt der heute 82-Jährige. Damals war er zwölf Jahre alt, damals am 7. Mai 1945. 18.15 Uhr war es, als die Bomber kamen. Und – das scheint so gut wie sicher zu sein – es war der letzte Luftangriff des Zweiten Weltkriegs auf eine deutsche Stadt, der an jenem Abend über Radeberg niederging. Aber seit Jahren gibt es immer wieder unterschiedliche Sichten und Vermutungen rund um diesen Angriff. Immer wieder tauchen neue Zahlen auf, was Flugzeuge und die Anzahl der Bomben betrifft. Und das wundert Werner Hirsch ungemein, sagt er.

„Ich bin kurz vor 18.15 Uhr nach Hause gekommen, da hörte ich Motorengeräusche aus nordöstlicher Richtung“, erinnert sich Werner Hirsch noch ganz genau. „Mein Vater hat gerufen, ich solle schnell ins Haus kommen, das seien Bomber.“ Ein russischer Kampfverband kam da auf Radeberg zugeflogen, in drei Staffeln zu je neun Flugzeugen. „Schlachtflugzeuge waren das“, sagt der Radeberger. „Ich weiß das deshalb so genau, weil ich damals als Zwölfjähriger bei den sogenannten Pimpfen war, der Nachwuchsorganisation der Hitlerjugend und wir damals die feindlichen Flugzeuge auswendig hatten lernen müssen“, beschreibt er. Und so weiß er auch, dass jedes, dieser insgesamt 27 Schlachtflugzeuge je zwei Bomben tragen konnte. „Es gingen am 7. Mai 1945 also insgesamt 54 Bomben auf Radeberg nieder“, zählt Werner Hirsch zusammen.

Wo die Bomben Schäden hinterließen, ist hingegen weitgehend exakt in den Archiven überliefert. Vor allem an der Wasserstraße, Oststraße, Schillerstraße, am Bahnhof, der Güterbahnhof- und Dresdener Straße schlugen die Bomben ein. Acht Einwohner wurden getötet oder starben später an den Verletzungen. Auch zahlreiche Betriebe worden beschädigt, wie die Kokosmattenfabrik, das Eschebach Küchenwerk und auch die Radeberger Brauerei. Gegen 21 Uhr erreichten dann die ersten Sowjetsoldaten das benachbarte Wachau, und die sich noch in Radeberg aufhaltenden SS-Gruppen – um die 300 Mann sollen das gewesen sein – flohen. Der SS-Kommandant, so heißt es, habe sich Richtung Stolpen absetzen wollen und sei auf der Wasserstraße erschossen worden …