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Es macht schon wieder Spaß

Die Saison der Bischofswerdaer Spielgemeinschaft „Gojko Mitic“ beginnt im Juni. Die Proben laufen, der Ticketverkauf ebenso.

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© Steffen Unger

Gabriele Naß

Bischofswerda. Es ist ein Tag zum Fürchten. Obwohl es Ende April ist, bringt es das Thermometer nur auf wenige Grad über null. Es regnet, manchmal will es schneien. Aber Bischofswerdas Spielgemeinschaft „Gojko Mitic“ probt trotzdem am Originalschauplatz auf ihrer Freilichtbühne im Stadtwald. Das muss jetzt sein. „Bis zur Premiere bleibt uns nicht mehr viel Zeit. Wegen des zeitigen Schulferienbeginns starten wir dieses Jahr ja früher“, sagt Spielleiter Uwe Hänchen. Und als würde er es verstehen und sich freuen über das, was er von oben sieht, schickt Petrus am Nachmittag des scheußlichen Tages doch noch Sonne zur Probe bei Deutschlands kleinster Karl-May-Bühne mit den jüngsten Darstellern.

Mit Uwe Hänchen begannen 1993 hier die Indianerspiele. Bis heute ist er Kopf und Herz der Truppe, dazu gehören seine Kinder und auch schon ein Enkel.
Mit Uwe Hänchen begannen 1993 hier die Indianerspiele. Bis heute ist er Kopf und Herz der Truppe, dazu gehören seine Kinder und auch schon ein Enkel. © Steffen Unger
Dieser Typ hat es faustdick hinter den Ohren: Janko Scheudeck als Bösewicht Santer (r.). Dahinter Luis Wetzlich als Rollins.
Dieser Typ hat es faustdick hinter den Ohren: Janko Scheudeck als Bösewicht Santer (r.). Dahinter Luis Wetzlich als Rollins. © Steffen Unger
Das ist Esel Sam aus Doberschütz. Auf ihm soll der Sam Hawkins der Kindervorstellung einreiten. Ob das klappt, werden die weiteren Proben zeigen.
Das ist Esel Sam aus Doberschütz. Auf ihm soll der Sam Hawkins der Kindervorstellung einreiten. Ob das klappt, werden die weiteren Proben zeigen. © Steffen Unger

Romy war klug. Sie hat sich warm angezogen. In Mütze, dicker Jacke und Stiefeln sitzt sie auf einer der Zuschauerbänke ganz allein und geht im Textbuch ihre Rolle durch. Das Mädchen aus Bischofswerda spielt in der Kinderbesetzung der hiesigen Karl-May-Spiele in diesem Jahr die Mary Corner, eine überdrehte Hausfrau, die ihren Mann herumkommandiert. Als Romy später vor den Augen des Spielleiters ihre Szene probt, darf sie, was Stimme, Gesten und Rhetorik angeht, voll in ihrem Element sein.

Aber so einfach ist das gar nicht. Immer wieder greift Uwe Hänchen helfend ein. Er sagt viel und er zeigt viel. Und beides macht er geschickt – mit der Erfahrung des Lehrers, der er ist, und mit der Erfahrung aus über 20 Jahren Leitung der Indianerspiele. Über 80 Mitwirkende sind am Start, die meisten Kinder bzw. Jugendliche und bis auf Ausnahmen alles Theater-Laien.

Mit störrischer Gelassenheit

Am Rande der Bühne stehen Mutti und Vati Heine aus Klix. Gerade wird die Szene mit Romy als Hausfrau geprobt. Und da ist auch der jüngste Sohn von Heines dabei. Er darf in der Kinderbesetzung den Ehemann spielen und kann gar nicht trottelig genug auftreten. Der kleine Jonathan, der noch zur Vorschule geht, macht das gut. In störrischer Gelassenheit sagt er „Was ist denn, meine liebe Ehefrau“ und „Ja, meine liebe Ehefrau“. Nur schneller soll es gehen beim Zurückrennen ins Haus, um den nächsten Auftrag seiner Frau zu erledigen, wünscht sich Uwe Hänchen.

Zu Hause hat Jonathans Vati die Rolle der Ehefrau übernommen, damit der Junge einen Partner hat und seinen Text leichter lernt. „Er kann ja noch nicht lesen“, sagt die Mutti. Die Familie aus der Nähe von Bautzen ist vom Verein Spielgemeinschaft begeistert, gleich drei Kinder haben sie dabei, neben Jonathan noch zwei schon etwas ältere. Das vierte hütet die Mutti im Tragetuch, während sie die Proben beobachtet. – „Bitte nicht die Präpositionen verschlucken, die sind wichtig“, sagt Uwe Hänchen. „Nicht schubsen, friedlicher Austausch.“ „Nicht den Kopf in die Richtung!“ „Die Arme nicht bloß kurz nach oben nehmen. Schön Zeit nehmen, nichts verkürzen!“ Viele Szenen. Eine Menge Hinweise. Aktion. „Westmänner liegen so“, ruft der „Regisseur“, eilt heran und macht vor, wie der kleine Michel Beuther als Sam Hawkens noch besser rüberkommt.

Das „Gold der Apachen“ heißt das Stück der Spielgemeinschaft „Gojko Mitic“ in diesem Jahr. Mehr als 80 Darsteller wirken mit – die meisten sind Kinder bzw. Jugendliche und Theater-Laien –, aber auch eine Menge Tiere, darunter der Esel Sam von Familie Beuther aus Doberschütz und zwei Ochsen von Hans Traupe aus Radeberg. Serdar Reitner und Milan Mütze sind Winnetou und Old Shatterhand in der Kinderbesetzung. Bei den Jugendlichen/Erwachsenen spielen William Hartmann und Richard Otto diese Rolle. Sam Hawkens ist wie immer lustig und Santer einmal mehr Bösewicht.

Jeder hatte drei Wünsche frei

Die Jungs Michael Giesbrecht, Konstantin Kühn und Christian Buß stehen beisammen. Gerade müssen sie nicht zur Probe auf die Bühne und können erzählen, wie sie an ihre Rollen als Summer und Händler gekommen sind. Im September bekamen sie wie alle, die an der Inszenierung beteiligt sind, das Textbuch. „Dann durften wir uns bis November eine Rolle aussuchen. Jeder hatte drei Wünsche frei“, berichten sie. Und dass später Uwe Hänchen entschieden hat, aber jeder zufrieden sein konnte. Dann mussten Texte gelernt werden und Gesten und Mimik. Seit Januar laufen die Innen-Proben in Räumen des Netzwerkes für Kinder- und Jugendarbeit in Bischofswerda. Nach Ostern begannen die Proben auf der Waldbühne.

Die Karl-May-Spiele sind für Bischofswerda und die Region in jedem Jahr ein Höhepunkt mit immer neuen Besucherrekorden. 2015 kamen zu „Old Shatterhand“ 10 700 Besucher, im Jahr davor waren es bei „Old Firehand“ 10 800. Seit dem Beginn der Spiele 1993 erlebten mehr als 100 000 Menschen das Sommerspektakel. Namensgeber der Karl-May-Spiele Bischofswerda ist der Schauspieler Gojko Mitic, bekannt als Defa-Indianer und von vielen Karl-May-Produktionen im Lande.

„Das Gold der Apachen“: Vorstellungen vom 12. bis 26. Juni; Kartenvorverkauf im Online-Ticketshop, Bürgerbüro Rathaus Bischofswerda, Spielwarengeschäft „Holzwurm“ in Bautzen,

www.karl-may-spiele-bischofswerda.de