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Es ist wieder da!

Der Dieb ist längst verurteilt – jetzt taucht die Beute auf: Ein Bild, das 2015 im Amtsgericht verschwand, sollte versteigert werden.

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© Alexander Schneider

Von Alexander Schneider

Kommissar Zufall hat wieder zugeschlagen. Am Mittwoch hat ein Kunstsammler die lange vermisste Federzeichnung des Leipziger Künstlers Robert Schmiedel zufällig entdeckt – im Online-Katalog eines Dresdner Kunstauktionshauses. Nur Stunden später stellte die Polizei das Kunstwerk sicher.

Das Bild wurde im April 2015 im Dresdner Amtsgericht gestohlen – ausgerechnet. Gerichtspräsident Hans Strobl, ein versierter Kunstliebhaber, organisiert regelmäßig Ausstellungen, Schmiedel-Werke waren ein Höhepunkt. Einen Diebstahl hätte Strobel nicht für möglich gehalten. Doch die Überwachungskamera zeigte einen älteren Täter im Blaumann, die grauen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, wie er das Bild samt Rahmen aus dem Amtsgericht trägt. Zwei Monate später war der Mann gefasst, Harry N. ein 58-jähriger Einbrecher vom alten Schlag, zigfach vorbestraft, unbelehrbar. Erst im Februar wurde er für diese Tat und eine Reihe weiterer zu mehr als drei Jahren Haft verurteilt.

„Chummehorn, auch gut“ hatte Schmiedel seine Zeichnung genannt. Sie zeigt einen Blick ins Schweizer Alpenmassiv. Dieser Titel wurde mit der Künstlerbezeichnung „? Schmiedel“ auch in dem Online-Katalog des Kunstauktionshauses genannt. Svchmiedels Vorname war wohl nicht bekannt. Weiter hieß es: „Federzeichnung in Tusche auf Bütten. Signiert u. re. ,Schmiedel‘ und datiert, verso in Blei betitelt und mit Maßen bezeichnet. Ränder leicht gebräunt und montierungsbedingten Bereibungen.“ Das Bild war dem Kunstsammler am Mittwochmorgen gleich aufgefallen – aber nicht, weil es gestohlen worden war, sondern weil es für 60 Euro angeboten wurde. Für einen echten Schmiedel muss man mehr hinlegen.

Der Sammler rief den Leipziger Maler an, und nachdem auch Schmiedel sein vermisstes Werk entdeckt hatte, alarmierte er den Amtsgerichtspräsidenten. „Ich habe sofort die Staatsanwaltschaft eingeschaltet“, sagte Hans Strobl. Am Nachmittag hat Polizeioberkommissarin Alexandra Tiede-Schwerin vom Revier Mitte das Schmiedel-Bild in dem Auktionshaus abgeholt.

Im Prozess gegen N. wurde der Wert der Zeichnung auf mehr als 1 200 Euro taxiert. Doch Schmiedel hatte nie vor, diese Arbeit zu verkaufen. Präsident Strobl freut sich nun, dass er sie Schmiedel zurückgeben kann. „Ich bin so glücklich!“, sagte er. Schon kommende Woche wird Strobl wieder eine Kunstausstellung eröffnen. Der Diebstahl in dem öffentlichen Haus hatte ihn bis jetzt gewurmt. Die Kunst sei eine Möglichkeit, Menschen für die Justiz zu interessieren und mit ihnen ins Gespräch zu kommen, sagte er. Neben Gemälden hatte Strobl auch schon mehrfach Foto-Ausstellungen und Kunstprojekte von Schülern der Öffentlichkeit präsentiert.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun, wie das Bild zu dem Auktionshaus gelangt war. „Das Verfahren läuft gegen unbekannt“, sagte Behördensprecher Lorenz Haase. Der Fund könnte belegen, dass der Dieb Harry N. nach seiner Festnahme im Juni 2015 nicht gelogen hatte. Er will das Bild kurz nach der Tat für 30 Euro auf einem Flohmarkt verkauft haben. Jetzt fehlt nur noch der antike Rahmen.