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„Es ist alles gut so“

Volkmar Köster war jahrelang Geschäftsführer bei Dynamo. Als Hallenbetreiber lädt er sich die Aufsteiger von 2004 ein.

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© Steffen Rasche

Von Daniel Klein

Bei den Namen muss er nicht überlegen, sie sind so präsent, als würde Volkmar Köster den Spielern immer noch täglich über den Weg laufen. Dabei liegt Dynamos erster Zweitliga-Aufstieg mehr als elf Jahre zurück. Damals waren Maik Wagefeld, Steffen Heidrich, René Beuchel, Nico Däbritz, Daniel Ziebig, Christian Fröhlich und Thomas Neubert ein Teil der Mannschaft, Christoph Franke und Sven Köhler die Trainer, Sigi Menz der Manager und Köster der Geschäftsführer.

Am Sonntag sehen sie sich alle wieder, Köster hat sie eingeladen zu einem Traditionsturnier in Großkoschen am Ufer des Senftenberger Sees. Dort lebte er schon, als er mithalf, die krisengeschüttelten Dynamos von der vierten in die zweite Liga zu hieven, seit zweieinhalb Jahren betreibt er die größte Sporthalle im Ort. „Es macht mir viel Spaß. Es ist alles gut so“, sagt er.

Der 54-Jährige ist Inhaber der eigens gegründeten Sportmarketing Volkmar Köster Seesporthalle UG & Co. KG, kurz SMVK. Vier Angestellte hat er, die sich um die Halle kümmern, er selbst kümmert sich um das große Ganze: Vermietung, Vermarktung, Veranstaltungen. Der Vertrag mit der Kommune, Besitzer der 350 Zuschauer fassenden Halle, läuft zehn Jahre plus fünfjähriger Option.

Köster nennt das „einen Glücksfall“. Dabei betreut er jetzt unterklassige Mannschaften, die dort ihr Trainingslager bestreiten und in den Bungalows nebenan wohnen. Acht Jahre und einen Tag, von 1999 bis 2007, war er beim schwarz-gelben Traditionsklub, die längste Zeit der wichtigste Mann und omnipräsent in den Medien. „Diese Öffentlichkeit“, sagt er, „vermisse ich überhaupt nicht. Ich brauche sie nicht mehr. Es ist mir fast unangenehm, wenn mich jetzt Leute auf der Straße erkennen und mich fragen, was ich mache.“

Früher war die Frage überflüssig, da stand nahezu täglich in der Zeitung, was er macht. 2000 stieg Dynamo in die Viertklassigkeit ab, es ist bis heute der Tiefpunkt in der Vereinsgeschichte. 2002 gelang die Rückkehr in die Regionalliga und zwei Jahre später in die 2. Bundesliga.

Es waren bewegte Zeiten, nicht nur sportlich. Die Altschulden machten die jährliche Erteilung der Lizenz zum Zitterspiel. „Den Insolvenzantrag musste ich nicht mehr ausfüllen, den hatte ich immer in der Tasche dabei“, erklärt Köster. Und er erinnert sich an Momente, die „nicht schön waren – für mich nicht und nicht für die Familie“. Etwa, wenn er morgens zur Geschäftsstelle kam und ein großer Galgen mit seinem Namen drunter an die Wand geschmiert war. Oder wenn die Polizei ihn bis zur Autobahn eskortierte und dann um sein Haus in Großkoschen patrouillierte. „Ich habe meiner Frau nicht gesagt, dass die Polizei wegen mir da ist, sondern einen anderen Grund erfunden.“ Es war eine Zeit, über die er rückblickend sagt: „Ich war kein freier Mensch. Aber es gab auch andere, die guten Zeiten.“

Als er 2007 beurlaubt wird, klafft ein Minus in der Kasse. „Ich mache mir rückblickend keine Vorwürfe. Derjenige, der geht, ist in der Herde der weißen Schafe immer das schwarze.“ Dynamo verklagt ihn, weil er dem Caterer zwei Euro pro Vip-Gast und Spiel mehr gezahlt hatte, ohne dafür die Zustimmung des Aufsichtsrates einzuholen. Es geht um 46 000 Euro, am Ende des Vergleichs bleibt eine vierstellige Summe übrig, die die Haftpflichtversicherung übernimmt. „Damit ist alles erledigt, seitdem habe ich nichts mehr gehört von Dynamo“, sagt er.

Köster ist nicht verbittert. Wenn er über diese Zeit erzählt, die Anekdoten hervorkramt, schwingt immer auch Stolz mit, das erlebt und überlebt zu haben. Acht Jahre hat sich seitdem keiner mehr in der Geschäftsführung des Vereins gehalten.

Nach seinem Abschied von Dynamo lehnt er ein Angebot des Chemnitzer FC ab, geht stattdessen zum Dresdner Handball-Verein HC Elbflorenz. Nach anderthalb Jahren ist dort wegen „unüberbrückbarer Differenzen“ Schluss, seine Nachfolger behaupten, er habe Schulden hinterlassen. 2012 soll er den damaligen Fußball-Landesligisten SC Borea managen. Daraus wird nichts. Der Verein habe eine andere Strategie verfolgt, so Köster.

Stattdessen wird er Hallenbetreiber in Großkoschen. Zwar existiert seine vor acht Jahren gegründete Firma Sportmarketing Köster noch, auch auf seiner Internetseite bietet er Vereinen weiter an, sie zu managen und zu beraten, doch machen will er das eigentlich nicht mehr. „Das lehne ich regelrecht ab“, sagt er. Die Vereine verstünden zum großen Teil seine Philosophie nicht mehr. „Ich muss meinem Gegenüber etwas anbieten, um etwas von ihm zu bekommen“, findet er.

Das klingt logisch, Sportsponsoring ist aber auch ein knallhartes Geschäft. Geld gegen Werbebanden und Vip-Tickets, lautet die Formel. Köster vergibt an eine Handwerksfirma als Gegenleistung gerne auch mal einen Auftrag und lässt es menscheln. Ein bisschen scheint er damit aus der Zeit gefallen zu sein.

Er aber sagt, dass er damit Erfolg hat. Ein Netzwerk aus 160 Firmen habe er sich aufgebaut für seine Halle in Großkoschen. Die Kontakte aus seiner Dynamo-Zeit seien ja alle noch da. „Die konnte man mir nicht nehmen.“ Das gilt auch für Christoph Franke, den Erfolgstrainer, den er entlassen hat. „Trotzdem hat er mich zu seinem 70. Geburtstag eingeladen. Dort ist auch die Idee mit dem Traditionsturnier entstanden“, erzählt Köster. Dass alle kommen wollen zu diesem Klassentreffen der Aufstiegsmacher, wertet er als Zeichen, „nicht alles falsch gemacht zu haben“.

Seenlandpokal, So., ab 14 Uhr, mit Dynamo, 1. FC Magdeburg, Slovan Liberec. Seesporthalle Großkoschen (Senftenberger Str. 2a). Eintritt 8 Euro. Sporttalk, Sa., 19.30 Uhr, mit Christoph Franke, Sigi Menz, Sven Köhler und Klaus-Dieter Stenzel. turnier.seen.land