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Es gibt noch mehr Bunker in Döbeln

Einer soll sich am Dresdner Platz befinden, ein anderer am Bärental. Bei der Stadt gibt es darüber keine Unterlagen.

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© André Braun

Von Jens Hoyer

Döbeln. In der vergangenen Woche war bei Bauarbeiten für einem Kabelgraben auf dem Körnerplatz der Eingang zu einer alten Luftschutzanlage entdeckt worden (DA berichtete). „Ich hatte schon damit gerechnet und jeden Tag nachgeschaut“, sagte der ehrenamtliche Denkmalpfleger Andreas Riethig. Im sei bekannt gewesen, dass sich unter dem Körnerplatz eine solche Anlage befunden hat. Und nicht nur dort.

Der Zugang zum Bunker an der Ecke Waldheimer Straße ist freigelegt worden. Hier soll ein Mittelspannungskabel verlegt werden.
Der Zugang zum Bunker an der Ecke Waldheimer Straße ist freigelegt worden. Hier soll ein Mittelspannungskabel verlegt werden. © André Braun
Die Luftschutzanlage unter dem Niedermarkt, die vor elf Jahren entdeckt wurde, war sehr gut erhalten. Im Laufe der Umbauarbeiten wurde sie abgebrochen.
Die Luftschutzanlage unter dem Niedermarkt, die vor elf Jahren entdeckt wurde, war sehr gut erhalten. Im Laufe der Umbauarbeiten wurde sie abgebrochen. © Archiv

Nach unserer Berichterstattung hat sich Horst Schumann an den DA gewandt. Er hatte in der Kriegszeit miterlebt, wie auch unter der Grünanlage am Dresdner Platz eine solche Anlage gebaut wurde. „1942/43 wohnte ich auf dem Dresdner Platz bei meiner Oma. Dort haben wir Kinder mit großen Interesse die Schacht- und Betonierarbeiten verfolgt. Der Bunker hatte zwei Eingänge.“ Horst Schumann erinnert sich auch noch an die Anlage im Körnerplatz neben der Schule. „Dort mussten wir bei Fliegeralarm reingehen. Ich weiß heute nicht mehr wie, aber ich habe es jedes Mal geschafft, über die Waldheimer Straße die Bahngleise entlang nach Hause bis zur Friedrichstraße zu schleichen. Bei Mama fühlte ich mich sicherer.“

Auch Manfred Demel ist während der Kriegszeit in die Körnerplatzschule gegangen. Bei Alarm seien sich durch die Gänge zum Ausgang an der Waldheimer Straße und dann nach Hause gelaufen. Demel erinnert sich, dass die Anlage von ukrainischen Zwangsarbeitern errichtet wurde. Die Wände seien nicht komplett betoniert, sondern mit Baumstämmen abgestützt gewesen. Nach dem Krieg hätten die Döbelner das Holz zum Heizen benutzt. Neben dieser Anlage soll es die am Dresdner Platz, eine weitere an der Bärentalturnhalle gegeben haben.

Und nicht nur dort. Vor elf Jahren waren Mitarbeiter des Bauhofs bei der Umgestaltung des Niedermarktes ganz knapp unter der Straßenoberfläche auf eine Betondecke gestoßen. Unter dem gesamten Rondell verlief ein gedeckter Splittergraben, der ganz ähnlich gebaut war wie der im Körnerplatz. Er verlief in mehreren Knicken unter dem Platz und hatte zwei Eingänge. Ältere Döbelner sagten, dass für den zusätzlichen Schutz ein mannshoher Erdhügel über der Anlage aufgeschüttet war. Als die Bauarbeiter den Tunnel öffneten, befanden sich noch die Toilettenkübel von damals darin. Sie wurden fürs Museum geborgen. Dass sich die Anlage unter dem Niedermarkt befand, war in Vergessenheit geraten. Unterlagen gibt es bei der Stadtverwaltung dazu nicht. Die Anlage ist damals abgebrochen worden, soweit das für die Neugestaltung des Platzes erforderlich war.

Andreas Riethig hat die neu entdeckte Luftschutzanlage inspiziert. „Ich musste über einen Erdhaufen kriechen“, sagte er. Weit ist er nicht gekommen. Nach einigen Metern türmen sich Erdmassen. Hinter einem Türsturz vermutet Riethig einen zugeschütteten Raum. Auch der Tunnel ist verschüttet – wahrscheinlich wurde er irgendwann von oben verfüllt. Die Anlage sei auch von den Arbeitern der benachbarten Zigarrenfabrik Ernst Stockmann, später Döbelner Werkzeugbau, genutzt worden.

Die Stadtverwaltung hat keine Pläne mit der entdeckten Anlage. Was gefunden wurde, soll dokumentiert werden, sagte Baudezernent Thomas Hanns. Die Stadtwerke wollen einen Teil des Eingangs abtragen lassen. Ein Stück der Decke und Teile der Seitenwände werden abgebrochen, um ein Mittelspannungskabel zur neuen Trafostation zu ziehen, die am Rande des Körnerplatzes gebaut wurde.