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Erzieherin verlässt Gemeinderat

Eine Röderauerin muss ihr Mandat niederlegen, weil sie für die Kommune arbeitet. Für die Kollegen aus dem Bauhof gilt diese Regel hingegen nicht.

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© Sebastian Schultz

Von Antje Steglich

Zeithain. Ein Wechsel im Zeithainer Gemeinderat sorgt derzeit für Diskussionen, denn er wirft die Frage auf, wer in dem Gremium mitwirken darf und wer nicht. Im aktuellen Fall ist die Antwort darauf: Ein Bauhof-Mitarbeiter kann sich als Gemeinderat ehrenamtlich engagieren, eine Kita-Erzieherin darf das nicht. Aber von vorn.

Die Röderauerin Waltraud Ahner sitzt seit 2009 für die Christdemokraten im Gemeinderat und gehört durchaus zu den aktiven Volksvertretern. Die Erzieherin bringt oft Anfragen von Bürgern ein oder diskutiert bei verschiedensten Themen lebhaft mit. Bis jetzt. Denn weil sie seit Anfang des Jahres als Horterzieherin bei der Gemeinde Zeithain angestellt ist, wurde die 59-Jährige aufgefordert, ihr Mandat niederzulegen.

Ihre Tätigkeit als Arbeitnehmerin sei gemäß sächsischer Gemeindeordnung ein Hinderungsgrund, heißt es als Erklärung aus dem Rathaus. Nach einer Vorberatung im Verwaltungsausschuss soll – und wird wohl auch – der Austritt von Waltraud Ahner nun am kommenden Montag vom Gemeinderat beschlossen werden. Für sie rückt der gleichaltrige Jörg Runow nach. Der Kaufmann aus Zeithain ist gleichzeitig Vorsitzender des CDU-Gemeindeverbandes Gohrischheide.

Allerdings sitzt noch ein weiterer Arbeitnehmer der Kommune im Gemeinderat: Der Bauhof-Mitarbeiter Heiko Wirkus wurde 2009 für die Bürgerinteressengemeinschaft Gemeindegebiet Zeithain (BIG) in das Gremium gewählt. Laut Gemeindeverwaltung darf er auch bleiben, denn er gehöre zu jener Gruppe Arbeitnehmer, deren Wahlrecht gemäß Grundgesetz nicht eingeschränkt werden darf. Denn er gelte rechtlich wie tariflich als Arbeiter und nicht als Angestellter.

Zeithains Bürgermeister Ralf Hänsel (parteilos) findet diese Differenzierung aber „nicht richtig“. Er ist der Meinung, dass es auch in diesem Fall zu Interessenkonflikten kommen kann und Bauhofmitarbeiter genauso wie Erzieherinnen nicht in den Gemeinderat gewählt werden sollten. „Es hat ja auch ein Geschmäckle: Tagsüber bin ich der Chef, und abends stellen sie mir dann kritische Fragen“, so Ralf Hänsel.

Heiko Wirkus sieht dennoch keinen Anlass dazu, sein Mandat niederzulegen. Er habe das Recht auf seiner Seite und sei den Wählern gegenüber zudem eine Verpflichtung eingegangen, die er bis zum Ende der Wahlperiode erfüllen möchte. „Ich möchte auch weiterhin als unabhängiger und parteiloser Gemeinderat die Interessen der Bürger von Zeithain und seinen Ortsteilen vertreten“, erklärte Heiko Wirkus deshalb gegenüber der SZ. Und „bei Entscheidungen und Beschlüssen, die mein Arbeitsumfeld betreffen, habe ich immer Befangenheit angemeldet.“

Dass der Zeithainer Fall kein Einzelfall ist, zeigt ein Blick ins Umland. In Riesa zum Beispiel sitzen gleich drei Männer im Stadtrat, die gleichzeitig Mitarbeiter städtischer Gesellschaften sind – zum Beispiel vom Stadtmuseum oder von den Stadtwerken. Laut Stadtsprecher Uwe Päsler dürfen sie trotzdem mitbestimmen, weil sie keine „leitenden Angestellten“ sind. Deshab könnten sie zum Beispiel auch beim Thema Haushaltsplanung abstimmen, obwohl es dort unter anderem auch um Zuschüsse oder Ähnliches für ihre Einrichtungen oder Unternehmen geht. Ob eine Befangenheit vorliegt, muss jeder Stadtrat im Einzelfall selbst entscheiden, sagt Uwe Päsler und beruft sich dabei auf die sächsische Gemeindeordnung. „Das funktioniert im Riesaer Stadtrat inzwischen sehr gut, die Räte verlassen für diesen Tagesordnungspunkt dann ihren Platz.“

Diese Auffassung vertritt im Übrigen auch das Rechts- und Kommunalamt des Landkreises Meißen. Bei Mitarbeitern kommunaler Gesellschaften besteht nur ein Hinderungsgrund, wenn sie Beamte oder leitende Angestellte sind, erklärte Amtsleiterin Susanne Engelke. Zudem dürfen Bürgermeister, Beigeordnete, Beamte und Arbeitnehmer der Gemeinde keine Gemeinderäte sein, wobei Arbeiter von dieser Regelung ausgeschlossen sind. Dabei gelte der Grundsatz: Arbeiter ist, wer überwiegend körperliche, und Angestellter ist, wer überwiegend geistige Arbeit zu leisten hat. „Diese Bewertung kann dann zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Frage nach einem Hinderungsgrund führen“, schränkt Susanne Engelke allerdings ein.