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Erzgebirgs-Granaten für Zeithain

In der Dippser Heide werden wieder Geschosse gesprengt – und nahe der Gohrischheide für immer unschädlich gemacht.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Hauke Heuer

Zeithain. Mit einem lauten Knall fliegen Ende November in der Dippoldiswalder Heide Granaten und Sprengstoff aus dem Zweiten Weltkrieg in die Luft. Sprengstoffexperten haben 62 Panzersprenggranaten, Kaliber 8,8, zehn Gewehrgranaten und ein Kilo schwere Pioniersprengladung in einer Grube deponiert und aus der Ferne gezündet. Die Überreste werden im Anschluss abtransportiert und im Spezialwerk in Zeithain für immer unschädlich gemacht.

Sieht aus wie eine Granate, ist aber nur Metallschrott aus dem Wald.
Sieht aus wie eine Granate, ist aber nur Metallschrott aus dem Wald. © Karl-Ludwig Oberthür

„Wir mussten die Munition an Ort und Stelle zur Explosion bringen. Der Transport wäre zu gefährlich gewesen. Ein Teil der Nadelzünder in den Granaten war bereits vorgespannt und hätte auslösen können“, sagt Joachim Kniesche vom Kampfmittelbeseitigungsdienst Sachsen. Polizei und Feuerwehr hatten das Waldgebiet zwischen Oelsa und Rabenau abgesichert, damit keine Spaziergänger oder Pilzsammler gefährdet waren. Anders als bei vergangenen Sprengungen in der Dippoldiswalder Heide mussten diesmal keine Straßen dichtgemacht werden. Wie Polizeihauptkommissar Andreas Mußbach aus Dippoldiswalde mitteilte, waren insgesamt 15 Polizisten im Einsatz. Obwohl angefordert, konnten die Beamten bei dieser Sprengung nicht auf einen Helikopter zurückgreifen, der auch aus der Luft hätte kontrollieren können, ob sich Menschen im Sperrgebiet aufhalten.

Die gefundene Munition stammte aus der Umgebung. Hier sammelten die Russen nach dem Krieg Munition aller Art, versuchten, sie zu sprengen und verteilten so alles im Wald. Das Gebiet wird seit dem Jahr 2014 systematisch nach Bomben, Granaten und Munition abgesucht. Regelmäßig finden Sprengungen statt. „Das Projekt läuft im kommenden Jahr aus. Doch bisher wurde nur etwa die Hälfte des Waldes abgesucht“, erzählt Joachim Kniesche. Damit die Arbeiten weitergehen können, müsste mittelfristig neues Geld bereitgestellt werden, so der Sprengmeister. Munition liege in jedem Fall noch im Wald. Dass die Suche nach den Hinterlassenschaften des Krieges alles andere als einfach ist, zeigt eine große runde Stahlkugel, die von den Suchtrupps für eine Granate gehalten wurde und ebenfalls gesprengt werden sollte. Doch die Sprengmeister sortierten den Metallschrott aus – es habe sich wohl um ein Gewicht gehandelt.

Obwohl die Arbeiten in dem Waldgebiet noch nicht abgeschlossen sind, war die Sprengung für Kniesche ein ganz besonderer Moment. Nach 39 Dienstjahren verabschiedet sich der Sprengstoffexperte in den Ruhestand – natürlich mit einem lauten Knall. „Ich arbeite noch bis zum Februar, aber das war meine letzte Sprengung, da schwingt ein wenig Wehmut mit“, sagt der 63-Jährige. Nach Thomas Lange, der im vergangenen Jahr den nervenaufreibenden Beruf an den Nagel hängte, war Kniesche der letzte Sprengmeister vom alten Schlag beim Kampfmittelbeseitigungsdienst. Jetzt ist eine jüngere Generation am Zug. Ihre jahrzehntelange Erfahrung haben die altgedienten Sprengmeister Kniesche und Lange den Nachfolgern weitergegeben.