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Erster Syrer in Sachsen tritt in die CDU ein

Imad Kharma ist vor zwei Jahren vor dem Krieg geflüchtet – aber er ist kein Asylbewerber.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Birgit Ulbricht

Großenhain. Er verehrt Angela Merkel mit ganzem Herzen. Mal spricht er andächtig, mal leidenschaftlich über ihre große Tat der Hilfe für seine Landsleute. „Die Regierung hier hat sich um uns gekümmert, für uns gesorgt wie Mutter und Vater, und die Regierung ist Frau Merkel.“ Imad Kharma will nun etwas zurückgeben, sich einbringen und ist in die CDU eingetreten.

Und weil er mit seiner Frau und den beiden Kindern in Großenhain wohnt, ist er jetzt Mitglied im Großenhainer Ortsverband der CDU, in dem just auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière einfaches Partei-Mitglied ist. Vielleicht läuft Kharma ihm mal über den Weg. Vor allem aber träumt der Syrer davon, Angela Merkel einmal persönlich zu treffen. „Ich möchte mich gern bei ihr bedanken.“

Der Fall sorgt bundesweit für Aufsehen. Denn Kharma ist der erste syrische Christdemokrat in Sachsen. Ausgerechnet in Sachsen, einem Bundesland, aus dem die bundesweite Presse in der Flüchtlingsfrage wenig Gutes berichtet. Imad Karma kann sich seitdem vor Medienanfragen kaum retten. Denn eine so lupenreine Integration klingt angesichts der vielen Schreckensmeldungen nahezu unwirklich.

Von der UN ausgeflogen

Bisher sei so etwas noch nicht vorgekommen, bestätigt auch Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer – und spricht von einem „besonderen Fall.“ Warum Familie Kharma ein besonderer Fall ist, wird im Gespräch schnell klar – der Syrer ist kein Asylbewerber, hat nie in einer Flüchtlingsunterkunft gewohnt.

Die Familie Kharma stammt aus einem Dorf in der Nähe von Homs, wo islamistische Extremisten einfielen und auf einen Schlag 54 christlich-aramäische Bewohner ermordeten. „Das war furchtbar, die meisten Männer waren Studierte, die nie eine Waffe in der Hand hatten“, erzählt Imad Kharma. Er ist Bauingenieur, arbeitete in Friedenszeiten für eine kanadische Ölfirma in Saudi-Arabien beim Pipelinebau. In Syrien gründete er später ein eigenes Ingenieurbüro. Doch der Krieg machte alles zunichte, Alt-Homs, ein traditioneller Ort der aramäischen Christen, liegt in Schutt und Asche, die Kirche, die Wohnhäuser.

Er flüchtete 2014 mit seiner Frau in den Libanon. Auch dort arbeitete er zunächst für die Ölindustrie weiter. Schließlich stellte die UN nach internationalen Verträgen Flüchtlingskontingente zusammen. Die Kharmas wurden mit 10 000 anderen Geflüchteten ausgeflogen – nach nur zwei Wochen in Hannover wurden die Syrer auf die Bundesländer verteilt – sozusagen als Einwanderer. Die Regelungen für Asylbewerber gelten nicht für die Familie. In ihren Pässen ist unter Vermerk nicht die Ziffer „25 Abs.2“ eingedruckt wie für Asylbewerber, sondern die „23 Abs.2“, das hat Konsequenzen. Den Eheleuten wurde sofort eine Wohnung zugewiesen, sie wurden sofort vom Jobcenter betreut und bezahlt und bekamen schon nach 15 Tagen einen Sprachkurs, den Imad Kharma mit 600 Stunden – und nicht wie Asylbewerber mit 1200  Stunden genehmigt bekam. Auch der Sprachkurs B 2 für Fortgeschrittene wird ihm nicht genehmigt und das in einem hoch qualifizierten Job. Den haben er und seine Frau sofort gefunden. Er arbeitet bei der Firma UKA Umweltgerechte Kraftanlagen GmbH & Co. KG Meißen als Bauingenieur, sie als technische Zeichnerin.

Beide sind noch in der Vorbereitung auf die Festanstellung, hochmotiviert und den Kollegen für ihre Hilfe dankbar. Ihr eigenwilliger Status hat aber auch Schattenseiten, sagt Imad Kharma. Das Ehepaar darf nicht in Nachbarländer reisen, es besteht Wohnortpflicht. Freunde aus der Heimat in Frankreich oder den Niederlanden zu besuchen, geht nicht. Vieles ist noch bürokratischer oder schlicht eine Grauzone, weil im Alltag nicht klar ist, wie manches mit „Einwandern“ geregelt ist. Erst nach acht Jahren gibt es überhaupt eine befristete Aufenthaltsgenehmigung, die verlängert werden kann. Da haben Asylbewerber bei positivem Bescheid längst Bleiberecht.

Imad Kharma möchte auch gern bleiben, arbeiten gehen, sich in Großenhain einbringen und seine Töchter einmal studieren sehen. Das wäre sein Paradies.